Rettungskreuzer Ikarus Band 040 - Flammende Begeisterung
geht?«, fragte er. »Ihr könnt doch das kleine Kerlchen nicht sich selbst überlassen!«
In Sonjas Wange zuckte ein Muskel. »Es wird sich gewiss jemand um ihn kümmern«, sagte sie dann zuversichtlich.
»Ja. Wohin wir gehen, kann er nicht mitkommen«, stellte Roderick nüchtern fest.
»Aber wohin wollt ihr? Und warum darf Freddie nicht mitkommen?«, bohrte der Arzt nach.
Sonja und Roderick tauschten einen Blick aus, in dem sich Mitleid und Verachtung für ihre Mitmenschen mischten.
»Das würdest du ja doch nicht verstehen, Jo«, sagte der Captain dann herablassend.
Anande wollte etwas erwidern, als er über das Sirenengeheul hinweg das Stampfen vieler Kampfstiefel hinter sich hörte. Er blickte über seine Schulter und sah zwölf Soldaten des Sicherheitsdienstes in voller Anti-Terror-Montur um eine Ecke des Korridors biegen. An der Spitze des Trupps rannte Heinrich Färber mit hochrotem Kopf. Als die Soldaten Sentenza und DiMersi in der Sackgasse erspähten, blieben sie mit ihren Sturmgewehren im Anschlag stehen.
»Nein!«, schrie Anande. Er wirbelte herum und stellte sich mit weit ausgebreiteten Armen schützend vor seine Freunde. »Stopp!«
Doch Färber gab den Feuerbefehl, und zwölf Projektile pfiffen Anande um die Ohren.
Anandes Hände zitterten immer noch, als er eine halbe Stunde später in sein Arbeitszimmer zurückkehrte. Zielsicher steuerte er den Aktenschrank hinter seinem Schreibtisch an und zog den Ordner heraus, hinter dem er eine Flasche aufbewahrt hielt.
Er goss einen großzügigen Schluck der bernsteinfarbenen Flüssigkeit in einen kleinen skalierten Messbecher und leerte ihn in einem Zug. Dann schüttelte er sich. »Puh!«
Heinrich Färber stand in der offenen Tür und hob fragend die Augenbrauen. »Warum trinken Sie eigentlich Whiskey, wenn Sie ihn nicht mögen?«
Anande stellte die Flasche wieder weg, ohne dem Kommandanten einen Drink anzubieten. »Nur zu therapeutischen Zwecken«, entgegnete er knapp und hielt die Hand hoch. »Sehen Sie? Das Zittern ist weg.«
»Ich hoffe, Sie zittern nicht so, wenn Sie mich mal operieren müssen.«
Anande starrte ihn finster an. »Das passiert mir grundsätzlich nur, wenn ein Erschießungskommando das Feuer auf mich eröffnet, Sir.«
Färber lachte trocken, als er sich auf den Besucherstuhl setzte. »Sie hatten ernsthaft geglaubt, ich würde Rod und Sonja kaltblütig über den Haufen schießen lassen?«
»Es ist Ihnen gelungen, diesen Eindruck glaubhaft zu vermitteln, ja.« Anande erinnerte sich mit Schrecken an den Moment, in dem er in die Läufe der zwölf Sturmgewehre gesehen hatte. Ein Dutzend Mündungsblitze hatten ihm das Herz in die Hose rutschen lassen, und als die Geschosse auf ihn zurasten, hatte er schon gedacht, sein letztes Stündlein hätte geschlagen. Die Soldaten hatten aber nicht auf ihn gezielt, sondern auf den Chief und den Captain – und die Projektile waren beim Aufprall in Bruchteilen von Sekunden zu einem zähen Schaum aufgequollen, der an der Luft schnell härtete und die Getroffenen bewegungsunfähig machte.
»Tut mir leid«, sagte Färber. »Ich wollte lediglich sicher stellen, dass die beiden Vortex Outpost nicht verlassen.«
»So.«
»Und damit die beiden nicht noch einmal aus der Krankenstation entkommen, wenn der Schaum sich in sechs Stunden aufgelöst hat, werde ich ein paar Wachen vor ihrer Tür postieren. Sobald Sentenza oder DiMersi den Kopf nach draußen stecken, werden sie wieder frisch eingeseift.«
»Rod und Sonja sind Patienten, keine Gefangenen«, protestierte Anande.
Färber verschränkte die Arme vor der Brust. »So lange die beiden eine potentielle Gefahr für Vortex Outpost und die Gesundheit der Besatzung darstellen, ist mir dieser semantische Unterschied ziemlich egal, Doc.«
Anande schäumte vor Wut, schluckte seine Antwort aber hinunter. Er nahm an seinem Schreibtisch Platz und schaute demonstrativ auf den Monitor seines Rechners, den Stationskommandanten bewusst ignorierend.
Nach einigen Minuten war es Färber, der das Schweigen unterbrach. »Haben Sie denn in der Zwischenzeit schon etwas herausgefunden, Doc?«
Anande schüttelte den Kopf. »Ich habe den Krankheitsverlauf inzwischen recht genau studiert. Die Beobachtungen der behandelnden Ärzte auf den betroffenen Welten stimmen weitestgehend überein. Es beginnt mit Grippesymptomen, und ich habe den Verdacht, dass dies die Phase ist, in der sich der Erreger weiter verbreitet. Nachdem die Auswirkungen des pseudogrippalen Infekts abgeklungen sind, beginnt
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