Rettungskreuzer Ikarus Band 044 - Zusammenbruch
Konsolen. Die Vizianerin betrat die Zentrale und setzte sich an die Kontrollen der für einen Frachter außergewöhnlich starken Geschütze. Ihre Miene war alles andere als fröhlich.
»Drei Wochen, hattest du gesagt«, erinnerte sich Jason, »und wir sind noch keine drei Tage unterwegs. Wie schaut es aus?«
»Glaubst du, wir bekommen eine Anzeige und müssen ins Gefängnis wegen Weltraumverschmutzung, wenn wir die Ladung komplett absaugen?«
»Was ist passiert?«, erkundigte sich Taisho.
Nun sah Shilla wirklich unglücklich aus. »Der Antrieb benötigt sehr viel Energie. Tatsächlich hat er diese während der letzten Beschleunigungsmanöver von anderen Systemen abgezogen. Unter anderem vom Kühlraum. Ich hatte auch nicht damit gerechnet, dass der Reifeprozess der Früchte exponenziell verläuft. Es tut mir wirklich sehr leid. Mir sind zwei gravierende Fehler unterlaufen. Ich weiß, dass du für mich ein Konto eingerichtet hast, Jason. Wenn der Betrag darauf reicht, nimm ihn bitte, um den Verlust auszugleichen und neue Waren zu kaufen. Ich werde natürlich das Energiesystem sofort in mehrere separate Kreisläufe trennen und –«
»Schon gut«, beschwichtigte Jason, »so was passiert. Du kennst die Früchte nicht; ich hätte es auch nicht gewusst. Der Antrieb ist neu und noch nicht kompatibel zum Rest des Schiffs. Besser der Kühlraum als die Luftversorgung … Ich habe schon sehr viel wertvollere Güter verloren als eine Ladung Obst. Und wir hatten das Zeug einfach schon zu lange an Bord. Nein, dich trifft keine Schuld. Wenn, dann mich, weil ich einen höheren Gewinn hatte erzielen wollen, denn für einen Catzig und ein Prinzmeininchen hätten wir die Ladung längst loswerden können.«
»Bist du sicher …?« Mehrmals hatte Shilla aufbegehren wollen, doch Jason hatte sie nicht zu Wort kommen lassen. Sie wirkte nur halb überzeugt.
»Aber natürlich.«
Shilla seufzte und erhob sich. »Ich mache mich an die Arbeit. Übrigens, die Luft- und Wasserversorgung war schon immer ein separater Kreislauf.«
Als ihre leichten Schritte verhallt waren, seufzte auch Taisho. »Wie süß.«
»Ja, Shilla ist … wow, vor allem, wenn sie zerknirscht ist.«
»Äh … ich meinte eigentlich dich …«
Kapitel 15
Wenige Stunden später war Skyta erschöpfter als nach so manchem Zweikampf. Das Aufrechthalten der Händler-Fassade war anstrengender, als sie es von früheren Einsätzen in Erinnerung hatte. Aufträge dieser Art hatte sie schon seit Jahren nicht mehr ausführen müssen und folglich weder das Schöntun noch die Konversation um der Konversation willen praktiziert. Aber einmal gelernt …
Sie bediente die Nasszelle in der ihr zugewiesenen Wohneinheit und nahm, während sie die Seife aus ihrem Haar und von ihrem Körper spülte, einen Schluck des leicht chemisch schmeckenden Wassers. Die üblichen Probleme fast aller Monde: keine oder kaum Atmosphäre – in beiderlei Hinsicht – und fehlende eigene Ressourcen, von Wasser angefangen bis zu all den anderen Annehmlichkeiten, die das Leben erst lebenswert machen. Sie drehte die Dusche ab, nahm ein Handtuch und schlüpfte anschließend in einen weichen Bademantel. Dann begab sie sich in den kleinen Aufenthaltsraum, in dem sich eine Sitzgruppe, ein Arbeitsbereich und ein Media-Zentrum befanden. Skyta ließ sich auf das weiche Sofa fallen und aktivierte die Holo-News, die sie nur mit einem Auge verfolgte, während sie die Ereignisse von vorhin Revue passieren ließ.
Die Söldnerin hatte sich gegen Vertreter verschiedener Systeme durchgesetzt, um die Interessen der Schluttnicks zu wahren, dabei Besucher von weit höherem Rang ausgestochen und an dem einen oder anderen Diplomaten vorbei Verträge spruchreif werden lassen, um die sich mancher seit Jahren erfolglos bemühte. Doch ohne die entsprechenden Beziehungen und den aktuellen Notstand hätte auch Skyta nichts ausrichten können.
Und ob das Leben auf Inod mit den zu erwartenden Gütern besser würde? Auch die Schluttnicks verschenkten nichts, abgesehen von seltsamen Dingen aus der Zeit vor der großen Stille, mit denen kaum jemand etwas anzufangen wusste.
Es war verwirrend und bedrückend zu sehen und mitzuerleben, wie wenig hier auf die aktuelle Krise der Galaxis eingegangen wurde. Es schien auf Inod keine Rolle zu spielen, dass anderswo Gesellschaften und Strukturen zusammenbrachen und es noch völlig offen war, was sich daraus entwickelte – und welche Konsequenzen das für den Mond haben würde.
Skyta
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