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Return Man: Roman (German Edition)

Return Man: Roman (German Edition)

Titel: Return Man: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.M. Zito
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Hautstreifen wie Trockenfleisch kaute.
    » Roger«, stieß er hervor. » Das waren doch Menschen…«
    Roger sah ihn mit einem seltsamen Blick an. » Natürlich, Henry.«
    Ganz der alte Roger, dachte Marco. Sein Zorn loderte wieder auf. Roger hatte die Leute eigentlich nie als Menschen betrachtet. Eher als Proben. Und nun als eine tägliche Nahrungsquelle.
    Du irres, egozentrisches Arschloch.
    Ballard schien seine Gedanken zu lesen. » Ich hatte keine Wahl, Henry. Aber es hatte einen Sinn. Und es war ein weiterer Beweis für die Wirksamkeit des Impfstoffes. Der Verzehr der Prionen hätte meinen Körper eigentlich überfordern müssen, aber es ist überhaupt kein negativer Effekt eingetreten.«
    » Ist es dir jemals in den Sinn gekommen«, fragte Marco schroff, » einfach zu verschwinden?«
    Ballard neigte verwirrt den Kopf. » Verschwinden?«
    » Aus dem Gefängnis. Deinen beschissenen Impfstoff zu nehmen und zu gehen. Von hier zu verschwinden.«
    Ballards missgebildete Oberlippe zuckte, wodurch das spöttische Grinsen sich noch verstärkte. Er sah Marco mit offensichtlicher Missbilligung an. » Natürlich nicht«, sagte er. » Ich hätte doch nicht einfach meine Arbeit im Stich lassen können. Ich habe dir doch gesagt, dass ich Fortschritte machte, Henry. Aber das größere Problem besteht nach wie vor.«
    » Das größere Problem? Sag mir jetzt nur nicht, dass du ein Heilmittel meinst.«
    Ballard bedachte Marco mit einem ernsten Blick. » Ja, das Heilmittel ist eine Herausforderung. Mit genügend Zeit werde ich jedoch eine Methode entwickeln, um die Prionen-Transformation umzukehren. Und trotzdem besteht noch immer ein größeres Problem. Es wundert mich, dass du es nicht erkennst, Henry.«
    » Ja? Was für eins denn– die Tatsache, dass du ein durchgeknallter Psychopath bist…«
    Marco zuckte erschrocken zusammen, als plötzlich ein lautes Geräusch an der anderen Seite des Raums ertönte: ein gläsernes Klirren aus dem medizinischen Kühlschrank. Er wirbelte mit der M9 im Anschlag herum. Irgendetwas war gegen die breite Doppeltür gestoßen. Von innen.
    Das Glas war beschlagen, sodass man nicht hindurchsehen konnte– doch beim Anblick der Form, die sich gegen die Frostschicht presste, lief es Marco eiskalt den Rücken hinunter.
    Ein Fußabdruck. Die Konturen einer Ferse, eines Ballens und fünf gespreizter Zehen.
    » Roger…«, sagte Marco und verstummte, als ihm plötzlich übel wurde.
    » Du müsstest das doch verstehen, Henry«, sagte Ballard zu ihm. » Wenn überhaupt jemand, dann du.«
    » Roger, was zum Teufel ist in dem Kühlschrank?«
    » Du weißt es doch schon.«
    » Nein«, sagte Marco. Doch nun beschlich ihn die Angst, dass er es doch wusste…
    Bitte nicht. Bitte sag mir, dass es nicht das ist, was ich glaube.
    Bitte zeig es mir nicht.
    Doch Ballard hatte bereits den Raum durchquert und kramte in seiner Tasche. Er zog einen Schlüssel heraus und steckte ihn ungeschickt in das Schloss der Glastür. Dann drehte er sich zu Marco um. Er wirkte nun bedrückt, und das manische Grinsen, das er eben noch im Gesicht gehabt hatte, war einem melancholischen Lächeln gewichen.
    » Es tut mir leid, Henry. Ich hoffe, du weißt, wie leid es mir getan hat.« Er leckte sich die Lippen, als hätte er nervöse Zuckungen, und ließ den Blick über den Boden schweifen. » Wegen meines Fehlers. Bei Hannah.«
    » Roger«, sagte Marco eindringlich. Sein Gesicht glühte. » Mach das nicht.«
    Ballard tippte auf ein rundes Thermometer, das ins Glas eingelassen war. » Zehn Grad Celsius. Alle zwölf Stunden gehe ich auf zwölf Grad und dann wieder herunter.«
    Mit beiden Händen riss er den Kühlschrank auf.
    » Unterkühlungsbehandlung.«
    Im Kühlschrankfach lag eine verkrümmte Leiche mit bläulicher Haut. Ein Mann mittleren Alters, dessen Nase von erweiterten Adern durchzogen wurde und dessen Augen wie Milchglas getrübt waren. Der Oberkörper steckte in einer Zwangsjacke, und die Knie waren an die Brust gezogen. Eine hellgelbe Zunge hing steif aus dem offenen Mund, als wäre sie beim Eislecken erstarrt. Die Leiche stöhnte und drehte in einer schläfrigen Bewegung den Kopf. Der Mund schloss sich langsam, öffnete sich und schloss sich wieder. Marco erkannte, dass sie nach Ballard schnappte. Aber ihre Bewegungsabläufe wurden durch die Kälte so verlangsamt, dass sie sich nur wie in Zeitlupe bewegte.
    Ballard trat zurück und atmete mit dramatischem Gestus tief ein. Dann fuchtelte er unter seiner Nase herum, als wollte

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