Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Return Man: Roman (German Edition)

Return Man: Roman (German Edition)

Titel: Return Man: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.M. Zito
Vom Netzwerk:
konzentrierte sich wieder auf das Labor. Da war Roger. Er atmete schwer– die Wangen waren gerötet, und ihm stand vor lauter Anstrengung der Schweiß auf der Stirn. Er strahlte eine unheimliche Energie aus, eine Hochstimmung, die man schon nicht mehr als normal bezeichnen konnte und die an Perversion grenzte. Als ob er den Wahnsinn des Gefängnisses in sich aufgesogen hätte und die Aura von Vergewaltigern und Mördern auf ihn abgefärbt hätte.
    Er ist verrückt geworden, sagte Marco sich zu seinem Leidwesen. Er ist total durchgeknallt.
    » Roger«, fragte er unsicher. » Weiß Osbourne über diese ganze Sache Bescheid?«
    Ballard schniefte. » Überhaupt nicht. Ich habe dich doch vor dem Mann gewarnt, Henry. Es ging ihm nur um sich selbst, nicht darum, anderen zu helfen.« Er sah mit einem trotzigen Blick zum Eingang, als könnte Osbourne jeden Moment durch die Tür spazieren. » Deshalb habe ich meine Forschungen geheim gehalten. Ich musste vorsichtig sein, bis ich mir sicher war. Osbourne verlangte Berichte; ich habe sie frisiert und die wirklich wichtigen Dinge vorsichtshalber nicht erwähnt. Doch dann ist das Rettungsteam ohne mich verschwunden. Ohne meine Forschungsergebnisse.«
    » Sie dachten, du wärst tot.«
    » Ja«, räumte Ballard ein. » Verständlich. Also habe ich ohne sie weitergemacht.«
    In der Mitte des Raums stand Wu und musterte gründlich den Operationstisch. Roger fragte sich, ob auch er sich die Grausamkeiten vorstellte, die Roger hier verübt haben musste. Der Sergeant zog fest an einem der Haltegurte und ließ ihn fallen. Die Handschelle schwang wie ein Uhrpendel im Sekundentakt, und Wu drehte sich um und sah Ballard fest in die Augen.
    » Zeigen Sie mir den Impfstoff«, sagte Wu. Seine grünen Augen funkelten wie Smaragde.
    Das Pendel schwang vor und zurück.
    Zählte auf null herunter.
    12 . 3
    Wu atmete ruhig durch die Nase ein und wartete auf eine Antwort von diesem verrückten amerikanischen Arzt, der einstigen Koryphäe Roger Ballard. Den Blick hatte er auf eine bestimmte Stelle an Ballards Hals gerichtet– einen Zentimeter vom Kehlkopf entfernt, wo die Schlagader verlief– und wo er sein lujiaodao -Messer versenken würde, falls Ballard sich weigerte, den Impfstoff herauszurücken.
    Die bemerkenswerte Entdeckung, dass Ballard noch am Leben war, wirkte sich nicht auf den ursprünglichen Plan aus; Wu hatte es auf das Blut des Mannes abgesehen, und er würde es auf jeden Fall beschaffen. Er hatte mit dem Gedanken gespielt, den Doktor zu entführen, damit man ihn in Peking vernehmen oder vielleicht sogar zur Arbeit in einem Forschungslabor des MSS zwingen konnte. Doch Ballard war offensichtlich ein Radikaler– er war unberechenbar und akzeptierte keine Autoritäten. Er würde sich bestimmt weigern, China zu helfen, sofern sein zerfallender Geist überhaupt noch brauchbare Informationen enthielt. Wu war sich auch im Klaren darüber, dass der über dreihundert Kilometer lange Marsch zur mexikanischen Grenze mit einer Geisel als Ballast viel zu gefährlich wäre, zumal er auch kein Handy mehr hatte. Er wusste noch immer nicht, wie er sich mit dem MSS in Verbindung setzen sollte, damit sie ihn rausholten.
    Ich müsste froh sein, sagte er sich, wenn ich überhaupt lebendig dort unten ankäme, bei den ganzen Leichen und mit einem Verrückten im Schlepptau.
    Zumal er Roger Ballard auch gar nicht brauchte. Er hatte nämlich schon etwas Besseres. Nicht nur die DNA , sondern den Impfstoff selbst. Die Antwort auf die Auferstehung, eine Formel, die chinesische Chemiker studieren und reproduzieren konnten. Also würde er den Arzt exekutieren und dann mit den DNA -Proben und dem Impfstoff verschwinden, als hätte er Schätze aus einem versunkenen Tempel geraubt. Man würde ihm in Peking einen triumphalen Empfang bereiten.
    Es sei denn… was, wenn der Doktor ihm den Stoff nicht zeigte? Wu ließ den Blick über die kleinen Ampullen auf dem Wandregal schweifen, in denen sich sämige Flüssigkeiten in diversen Braun- und Gelbtönen befanden. Vier Reihen mit jeweils sechs Ampullen. Ob eine den Impfstoff enthielt?
    Ballard zu töten, ohne eine Antwort auf diese Frage zu erhalten, wäre nicht zielführend.
    » Könntest du ihn uns zeigen, Roger?«, zerriss Marcos Stimme Wus Gedanken.
    Wu zuckte zusammen. Er hatte fast die andere noch unerledigte Aufgabe vergessen.
    Henry Marco zu töten.
    Bei dieser Erkenntnis verspürte er plötzlich und zu seiner Verwunderung ein Unbehagen. Er musterte Marco kurz

Weitere Kostenlose Bücher