Return Man: Roman (German Edition)
soll ich auch noch für den Scheiß, den Sie bauen, geradestehen? Das war mein Jeep. Ich brauche diesen Jeep.«
» Ihr Onkel Osbourne wird ihn schon ersetzen. Ein Präsent der Regierung der Vereinigten Staaten.«
» Sie scheinen mich nicht zu verstehen. Sie werden keine Entscheidungen mehr ohne mich treffen.«
Im Westen war inzwischen ein Vorort mit beigefarbenen Ziegelhäusern aufgetaucht, und dahinter erstreckte sich ein alter Golfplatz, dessen Grün zu einem braunen Teppich verdorrt war. Im Osten war ein kleines Einkaufszentrum. Der Parkplatz war eine Müllhalde aus umgekippten Einkaufswagen, zwischen denen schaurige Hügel aus Lumpen und Knochen emporragten– menschliche Überreste, an denen die Geier sich gütlich taten.
Wu zog den Fahrschalter in die nächste Raststellung, und der Zug wurde wieder langsamer. » Wir werden mit niedriger Geschwindigkeit durch die Stadt fahren«, sagte er. » Es sind vielleicht Hindernisse auf den Gleisen.«
» Wu …«, sagte Marco.
» Doktor«, unterbrach Wu ihn. » Ich bitte Sie noch einmal, sich daran zu erinnern, dass dies eine militärische Operation ist. Und wer trifft in einem solchen Fall die Entscheidungen? Die Uniform mit den meisten Streifen– und in dieser Hinsicht steht es drei zu null für mich. Ich habe vorhin durch das Fenster beobachtet, wie fünfzig Leichen Ihren Jeep umgekippt haben. Ich hatte gar keine Zeit mehr, um Sie nach Ihrer Meinung zu fragen. Ich musste sofort eine Entscheidung treffen.«
» Eine hervorragende Entscheidung, Sergeant. Soll ich jetzt auch noch vor Ihnen salutieren?«
Wu erhob sich vom Hocker. » Wir beide sind doch intelligente Leute, Doktor. Das ist unsere Stärke. Doch manchmal… Manchmal müssen wir eben das tun, was die Situation erfordert, und dann die Konsequenzen tragen. Wie den Verlust des Jeeps. Oder beinahe von einer Leiche getötet zu werden, die Sie aus einem brennenden Lkw gezogen haben.«
In Marcos Kopf hatte sich ein Druck aufgebaut wie in einem überhitzten Dampfkessel. Und bei der Erwähnung der brennenden Leiche– dem Scheiß, den er in Maricopa gebaut hatte– öffnete sich vor seinem geistigen Auge ein Überdruckventil, der Dampf entwich und sein Ärger verflog.
Scheiße. Wieder ein Punkt für Wu.
» Also«, sagte er, bemüht, weiter wütend zu klingen. » Wir alle machen mal einen Fehler– wollten Sie das damit sagen?«
» Ich habe keinen Fehler gemacht.« Wu schob sich an ihm vorbei und ging durch den Korridor. Ohne innezuhalten, stieg er über die toten Mechaniker hinweg und zog die Hintertür zu, um die Lokomotive zu sichern. » Ich nehme an, dass Sie die Leichen zwischen hier und dem Speisewagen erschossen haben?«
Marco seufzte verdrießlich. » Ja.«
» Die meisten Passagiere sind beim Jeep ausgestiegen. Aber es sind vielleicht noch ein paar in den hinteren Waggons zurückgeblieben. Also bleibt die Lokomotive fürs Erste abgesperrt. Ich kann die Stromversorgung der anderen Waggons abschalten, aber für uns aufrechterhalten– damit wir die Klimaanlage laufen lassen können und nachts Licht haben. Und wenn dann endlich Ruhe im Zug herrscht, werden wir in die Küche gehen und die Rationen aufstocken.«
Marco rieb sich die Augen und hörte kaum zu. In die Küche gehen. Sicher. Einen kleinen Mitternachts-Snack. Er lachte freudlos.
Sie hatten nun das Stadtzentrum von Yuma erreicht. Marco sah verfallene Büros und Apartmentkomplexe. Tankstellen. Stumme Hotels und leere Restaurants, aus denen das Echo flüsternder Stimmen zu dringen schien. Der Zug unterquerte eine durch einen Geisterstau blockierte Straßenüberführung, in dem die Autos Stoßstange an Stoßstange vor sich hin rosteten. Dann fuhr er rumpelnd in eine Betonschlucht, die auf einer Länge von ungefähr achthundert Metern neben zwei parallelen Gleisen verlief. Vor ihnen stand eine düstere Parkgarage neben einem tristen sandfarbenen Gebäude.
Der Bahnhof.
» Scheiße«, nuschelte Marco.
Der Bahnsteig war überfüllt mit Leichen. Manche waren mit zerrissenen Poloshirts und Sommerhosen bekleidet, andere mit speckigen Baseballkappen und Shorts. Sie machten große Augen beim Anblick des einfahrenden Zuges– weiß Gott, wie lange sie dort schon gewartet hatten– und drängten sich gierig an der Bahnsteigkante. Die ganze erste Reihe toter Pendler fiel auf die Gleise. Die Hundert-Tonnen-Lokomotive fuhr über sie hinweg und zerquetschte sie zu Brei; Marco spürte es nicht einmal.
» Das ist sicherer für uns«, sagte Wu und kehrte zum
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