Revanche - Exposure
kurz und zuckte dann mit den Achseln. »Schätze, der Cajun-Sound ist nicht bis hierher vorgedrungen?«
»Leider nein«, erwiderte er trocken.
»Und Akkordeon-Musik?«, bohrte sie weiter. Gelegentlich sehnte sie sich regelrecht nach den Klängen ihrer Heimat.
»Nöö. Nur Country und Western.«
»Hmm, was soll’s. Die Tänze sind ja ziemlich identisch.«
Und sie ließ keinen Tanz aus. Tanzte Walzer mit wettergegerbten Farmern, Foxtrott mit Versicherungsvertretern, Bankern und Bauern. Ein sympathischer junger Zahnarzt führte sie zu einem Westküstenswing aufs Parkett, mit Ruby und Clare legte sie eine gekonnte Country-Western-Formation hin. Irgendwann sank sie erschöpft auf ihren Stuhl, prostete den anderen zu und schüttete ihr Bier in einem Zug hinunter. Drückte das kühle, beschlagene Glas an die heißen, mit einem dünnen Schweißfilm bedeckten Schläfen.
Plötzlich zog irgendein baumlanger Kerl den Stuhl neben ihr schnarrend nach hinten und pflanzte sich darauf. Emma atmete tief durch, drehte den Kopf, um den Typen höflich lächelnd abzuschmettern.
Aber diesmal lag sie voll daneben. Es war niemand, der sie zum Tanzen auffordern wollte. Es war Elvis Donnelly. Der Sheriff nickte der Kellnerin zu, die ein frisches Glas vor ihn stellte, und griff über den Tisch nach dem Krug. Er goss sich ein Bier ein, nahm einen Schluck, wischte sich mit der Prothese den Schaum von der Oberlippe und lehnte sich lässig zurück. Musterte Emma von oben bis unten. »Hab gehört, dass Sie heute Abend die ungekrönte Diskoqueen sind, Em«, meinte er lapidar. »Dachte, ich komm mal selber vorbei, um das abzuchecken.«
13
Er hatte fest vor, sie anzumachen. Zumal Sam bereits am Telefon angedeutet hatte, dass Emma sämtlichen Jungs in der Kneipe den Kopf verdrehen würde. Ob er nicht Lust hätte, nach seinem Dienst zu ihnen zu stoßen? Ab da hatte Elvis ständig auf die Uhr gesehen und dem Ende seiner Schicht entgegengefiebert. Zwanzig Minuten vor Dienstschluss hatte er seinen Stellvertreter gebeten, zu übernehmen, und war nach Hause gebrettert. Hatte sich umgezogen, frisch gemacht und sich geärgert, dass die verdammte Narbe bei der Rasur zusätzlich Zeit beanspruchte. Hoffentlich war sie nicht schon mit einem dieser Wochenendcowboys abgedüst.
Sie gehörte zu ihm !
Du lieber Himmel, dieses Gefühl war so stark, dass er sich schon fast vorkam wie ein Hund, der sein Territorium markierte, um damit alle anderen Köter abzuschrecken. Und er konnte sich lebhaft vorstellen, wie diese Horde von Machos um Emma herumstreunte. Klar war sie eine selbstbewusste, eigenständige Persönlichkeit, die sich kein X für ein U vormachen ließ. Trotzdem - bevor ihr einer von diesen Dünnbrettbohrern ein Ohr abquasselte, ging er lieber dazwischen. Verflucht noch mal, die Kleine gefiel ihm eben, Ende der Durchsage.
Wenn er in Seattle Lust auf Sex gehabt hatte, hatte er irgendeine Frau angebaggert, aber hier auf der Insel wäre ihm die Idee gar nicht erst gekommen. Folglich hatte es eine ganze Weile gedauert, bis ihm dämmerte, dass Emma ihm an jenem Abend in ihrem Zimmer Avancen gemacht hatte und vermutlich zum Äußersten bereit gewesen war. Und er hatte sich alles verbaut, indem er sie auf blöde Art brüskiert hatte.
Irgendwie hatte es unterschwellig zwischen ihnen gefunkt. Da war beispielsweise jener Kuss, über den sich ihre Kleine mokiert hatte. Das hatten sie beide nicht gewollt - es war einfach passiert. Und wenn sie heute Abend jemanden zum Tanzen und Flirten suchte …
»Hören Sie mal«, setzte er an, »wer passt heute Abend eigentlich auf Gracie auf?«
Um nicht brüllen zu müssen, neigte sie sich dicht an sein Ohr. Höchst unwahrscheinlich, dass sie jemand belauschte, aber was die Sicherheit ihrer Tochter betraf, mochte Emma kein Risiko eingehen. »Sie ist bei Mary Kelly«, sagte sie, untermalt von dröhnender Musik, dem Klacken der Billardkugeln und der wogenden Geräuschkulisse.
Sie erzählte ihm, dass Ruby den Abend bis ins letzte Detail geplant hatte. Während er ihr zuhörte, legte er seinen Arm besitzergreifend über ihre Stuhllehne.
Als sie sich zurücklehnte, waren ihre Gesichter kaum Zentimeter voneinander entfernt. Sie starrten sich sekundenlang an, bevor Elvis seinen Mund an ihr Ohr brachte. »Dann bleibt Gracie also über Nacht bei ihr?« Sein warmer Atemhauch roch frisch nach Zahnpasta, was ihr ein leises Prickeln über den Rücken schob. Sie nickte.
»Schön, dass Sie mal einen Abend freihaben«, räumte er
Weitere Kostenlose Bücher