Revolution - Erzählungen
ab.
»Versuchst du mir zu erklären, dass du eine goldene Dusche von mir willst?«, fragt sie, als sie sich die Hose hochzieht.
»Jederzeit.«
Sie stellt sich neben mich und steckt eine Hand in meine hintere Hosentasche. Am Ufer des künstlichen Sees liegen Fischerdörfer, der hydroelektrische Staudamm befindet sich am südlichen Ende. Ich bin schon einmal hier gewesen und erzähle Sigve vom See: Die Deutschen haben 1961 begonnen, den Staudamm zu bauen, 1964 wurde er vom Präsidenten mwalimu Nyerere eingeweiht. Der Damm liefert einen Teil des Stroms der Stadt Moshi, allerdings nicht allzu viel, denn in der Trockenzeit fließt nicht genügend Wasser. Der See ist riesig – von unserem Standort aus können wir das nördliche Ende nicht sehen. Die Landschaft hat nur sanfte Anhöhen und Senken und ist an vielen Stellen so flach, dass sich fast ein Feuchtgebiet entwickelt hat.
Unter den Krankenschwestern im Operationssaal fingen Gerüchte über Sigves Mann an zu kursieren – und bald hörte auch Sigve davon. Ich sah es ihr an, wenn ich Ngana besuchte. Bei vielen europäischen Männern ist es lediglich eine Frage der Zeit. Ihr Gehirn passt sich der Situation an – zumindest, soweit es imstande ist, die Situation zu erfassen. Ihre ursprünglichen Werte und Ansichten halten dem Druck nicht mehr stand. Junge schwarze Schönheiten, die sich anbieten und im Bett Wunder vollbringen – sie tun alles, um ein Ticket für die Ausreise aus Afrika zu ergattern.
Wir fahren in ein Dorf mit Hütten aus Rohr, Lehm und Schilf. Kleine halbnackte Kinder laufen zwischen den Hütten herum, ein schäbiger Köter auf drei Beinen hinkt den Straßenrand entlang. Wir fahren bis ans Ende der Straße und wenden an dem eingezäunten Kraftwerk, das am Fuß der hohen dreieckigen Staumauer mit Betonkern liegt, die die Deutschen quer durch den Fluss gebaut haben. Hier gibt es nichts Besonderes zu sehen, nichts als den Ruvu River, der sich auf der anderen Seite des Kraftwerks weiterschlängelt. Wir nehmen die Abfahrt, die zur Dammkrone führt.
»Was steht dort?«, ruft Sigve, und ich bremse vor dem Schild.
WARNING. THE ROAD ALONG THE CREST OF THE DAM IS EXTREMELY DANGEROUS BEING ON A VERY HIGH EMBARKMENT ALL TRAFFIC VEHICULAR AND PEDESTRIAN CROSSING THE DAM DO SO ENTIRELY AT THEIR OWN RISK: SPEED LIMIT 5 M.P.H.
Der Weg ist breit und gut, begrenzt von zwei solide gemauerten Steineinfassungen. Auf der gegenüberliegenden Seite halten wir an einem Kontrollposten, grüßen den uniformierten Wachposten und seinen Helfer höflich und fragen, ob wir uns ein wenig umsehen dürfen? Es wird uns gestattet, wir dürfen nur nicht fotografieren, erklärt der Wachposten ernst. Ich muss mich in ein zerfleddertes Schreibheft eintragen, das zur Registrierung benutzt wird: Name, Beruf, Adresse, die Registrierungsnummer des Fahrzeugs. Verstohlen schauen sie Sigve an, sie ist sehr hübsch. Der Wasserstand des Sees ist niedrig: Die Kalkablagerungen auf den großen, unförmigen Felsbrocken an der Wand des Staudammes zeigen, wie hoch das Wasser in der langen Regenzeit steht. Die Logistik des Damms ist unsichtbar: Die Wasserkanäle befinden sich unter der Oberfläche, und die Turbinen stehen in dem eingezäunten Gelände von Tanesco am Fuß des Dammes. Auf der anderen Seite des Kraftwerks läuft das Wasser wieder in den Fluss und weiter nach Pangani. Der Helfer des Wachpostens hebt den Schlagbaum für uns, und direkt hinter dem Damm biegen wir links ab, um uns Evil Spring anzusehen – ein kleines Wasserloch von einem halben Meter Tiefe, aus dem morgens das Wasser kochend heiß blubbert. Um diese Tageszeit ist es nur noch warm. Frauen kommen hierher, um zu waschen, doch im Augenblick sind wir allein. Wir steigen ab und schauen uns die Blasen an, die aus dem modrigen Grund aufsteigen, halten die Hände ins Wasser. Ich fahre uns langsam zu dem mit Wasser gefüllten Steingraben und halte kurz vor dem Rand – bis zur Wasseroberfläche sind es fünfzehn Meter freier Fall. Hier haben die Deutschen ihr Baumaterial für den Damm geholt. Sie haben sich in die Felsen gesprengt, bis das Grundwasser aus der Tiefe aufstieg.
»Kann man darin schwimmen?«, erkundigt sich Sigve.
»Ja. Aber es gibt Krokodile.«
»Dort unten?« Sie schaut über die grüne Wasseroberfläche, die von steilen Felshängen begrenzt wird, abgesehen von einer seitlichen Öffnung, die den Graben mit dem Flusslauf unten am Damm verbindet. Die Reptilien lassen sich nicht sehen. Aber kurz darauf paddeln einige
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