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Revolution - Erzählungen

Revolution - Erzählungen

Titel: Revolution - Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbo
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lässt sich mit einem Seufzen wieder in seinen Sessel fallen. Mutter dreht sich um und geht murmelnd in die Küche. »Indien? So etwas Verrücktes hab ich noch nie gehört.«
    Sie wurde in Indien geboren, und ihre beiden älteren Brüder verloren ihr Leben, als Pakistan sich 1947 von British Indien abspaltete. Mutters jüngere Schwester wohnt in Vancouver, Kanada, das Mutter für das beste Land der Welt hält.
    Vater geht in den Moshi Club, zumindest behauptet er das. Mein großer Bruder Badri geht abends auch aus – er darf es, weil er ein Junge ist. Padma sagt, dass er den schwarzen Jungs Geld leiht und an den hohen Zinsen verdient, außerdem hat er wohl einen ziemlich gefährlichen Burschen, der das Geld eintreibt, wenn es Probleme gibt.
    Mutter geht eigentlich nur aus dem Haus, wenn sie einkaufen muss. Das Küchenmädchen geht mit den Körben hinter ihr her über den Markt, und Mutter beschimpft die Händler, die angeblich immer darauf aus sind, sie übers Ohr zu hauen.
    Jetzt steht Mutter schluchzend in der Küche.
    »Was hast du?«, frage ich sie.
    »Ach, nichts.«
    »Sag schon, was ist los?« Mutter schluchzt, dass das Fett an ihrem Rücken bebt.
    »Ich habe zu viele Töchter geboren – das ist hart für deinen Vater.«
    Am nächsten Tag ist es so weit.
    »Das Album aus Kenia ist gekommen«, teilt Mutter mit, als wir nach der Schule nach Hause kommen. Sabita juchzt auf. Wir laufen ins Wohnzimmer, um es uns anzusehen, aber Mutter sperrt Padma und mich aus. »Lasst eure Schwester jetzt in Ruhe«, sagt sie. Kurz darauf sitzen wir alle am Esstisch. Sabita hat einen entrückten, geradezu wahnsinnigen Ausdruck in ihren Augen. Während der Mahlzeit sagt niemand ein Wort. Nur Vater redet.
    »Wie soll ich das jemals schaffen?«, fragt er und schüttelt den Kopf. »Sie stehlen mir alles.« Redet er über die Schwarzen? Oder über seine Töchter?
    Nach dem Mittagessen verschwindet Sabita mit Mutter im Wohnzimmer. Wir anderen sollen draußen bleiben. Padma und ich sitzen in unserem Zimmer und maulen. Eigentlich müssten wir gute Männer finden. Wir haben ausdrucksvolle, lockende, spöttische Augen, ein lebhaftes Lachen und glatte Glieder. Wir können tanzen wie die Stars in einem Bollywood-Film. Männer müssten in unserer Gesellschaft unruhig werden.
    »Du bekommst bestimmt einen guten Mann«, meint Padma.
    »Ich bin die Jüngste. Ich muss einen Trottel heiraten, vielleicht sogar einen Greis. Vater braucht sein ganzes Vermögen für eure Mitgift. Worauf sollte ich hoffen?«
    Ich wünsche mir ein Geschäft. Ich will nicht nur Mutter und Ehefrau sein. Ich bin gut in Mathematik, Physik und Englisch. Ich finde Brillen toll. Mein Traum ist ein Brillengeschäft, mit Linsen, die das Licht brechen, so dass die Welt klar zum Vorschein kommt. Aber wo? Unsere Verwandtschaft in Indien führt ein armes Leben. Und wieso hat Großvater uns nach Afrika gebracht, ohne uns wieder wegzubringen, als die Engländer abzogen? Wir sind im gefährlichsten Teil der Welt gestrandet, umgeben von Schwarzen, die uns verachten und scharf auf unseren Wohlstand sind.
    Wir nicken ein, wachen auf und erledigen unsere Hausaufgaben. Wir dürfen Sabita im Wohnzimmer nicht stören. Mutter ruft mich. Ich soll ihr beim Kochen helfen und lernen, einen Mann über seinen Magen zu erreichen. »Das ist der Weg zur Liebe des Mannes«, behauptet Mutter.
    »Ich mag am liebsten dünne Männer«, sage ich.
    »Pssst!«, zischt sie. »So etwas sagt man nicht. Ein dünner Mann ist viel zu unruhig. Du solltest auch ein bisschen runder werden, Baby.«
    Nein, sollte ich nicht.
    Vater und Badri kommen zum Abendessen nach Hause. Hinterher sitzen wir alle im Wohnzimmer und trinken Tee. Wir Mädchen sehen uns indische Illustrierte an, während Mutter und Sabita irritierend geheimnisvoll sind. Der Ehekatalog ist nirgendwo zu sehen.
    Vater steht auf und greift nach den Autoschlüsseln.
    »Du gehst auch heute Abend aus?«, frage ich mit süßlicher Stimme. Mutter hört den Unterton jedoch ganz genau.
    »Pssst!«, sagt sie, sobald er gegangen ist. »Dein Vater muss sich mit seinen Freunden im Klub entspannen.«
    Ich glaube jedoch nicht, dass er in den Klub geht. Er sucht eine andere Art der Entspannung. Denn Mutters Fettrollen rührt Vater schon lange nicht mehr an. Vielleicht streunt er wie ein alter Hund durch die Straßen und vergeudet unsere Mitgift für die Frauen der Barbaren.
    »Liebste Mutter, dürfen wir auch mal in den Ehekatalog sehen?«, fragt Padma.
    »Nein«, antwortet

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