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Revolution - Erzählungen

Revolution - Erzählungen

Titel: Revolution - Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jakob Ejersbo
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zur Arbeit fahren.« Ich schaue mir die junge wazungu -Frau im Auto an. »Ist das deine Freundin?« Mich soll er lieben – das ist wichtig. Das ist der Traum.
    »Nein«, antwortet er. »Das ist nur eine Bekannte.«
    Ich glaube ihm nicht. Denn sie zieht ein Gesicht wie eine saure Zitrone, als sie mich und Christian sieht. Ich bin sehr viel erotischer als sie – ich müsste ihn nur einmal lieben, dann hätte er sie völlig vergessen. Alwyn hupt noch einmal.
    »Ich hoffe, wir sehen uns bald wieder«, sagt Christian.
    »Sehr gern, aber jetzt muss ich gehen«, verabschiede ich mich und steige zu Alwyn in den Wagen.
    »Was treibst du mit diesem mzungu ?«, fragt er.
    »Er mag mich, vielleicht kann ich mit ihm zusammen sein.«
    »Nein. Du arbeitest für mich.«
    »Ich bestimme selbst, ob ich arbeiten will. Ich schulde dir nichts mehr.«
    »Ich habe dich vor der Katastrophe gerettet. Willst du wie Deborah enden?«
    »Wenn der mzungu mich will, werde ich bei ihm sein, das ist meine Chance«, erwidere ich. Alwyn packt meinen Arm, fest. Es tut weh.
    »Du machst, was ich dir sage. Sonst wirst du schlimmere Dinge erleben als Deborah.« Er lässt wieder los. Alwyn lebt von meiner schmutzigen Arbeit und versucht, mir Angst einzujagen.
    »Du kannst mich nicht so teuer an wabwana wakubwa verkaufen, wenn du mein Gesicht zerschnitten hast.«
    »Vielleicht sollte ich Tito bitten, sich um diesen mzungu zu kümmern«, erwidert Alwyn träumerisch. »Weißt du, was Tito mit einem Mann machen kann?«
    Ich antworte nicht. Tito ist ausgesprochen brutal. Alwyn fährt mich zu meinem Freier. Drei Stunden später holt er mich ab und fährt mich zurück nach Majengo. Er gibt mir ein bisschen Geld und verschwindet. Ich gehe zum Kiosk. Bestelle einen Konyagi, den ich mit Cola verdünne. Ich setze mich auf die Bank.
    Was soll ich tun? Zur Polizei gehen, um Alwyn und Tito aufzuhalten? Sagen, dass sie drohen, mich aufzuschlitzen? Der Polizist würde sagen: »Ich kann die Burschen nicht finden, über die du redest, sie sind verschwunden. Aber vielleicht kannst du mir ja helfen. Wenn wir uns heute Abend träfen, könntest du mir noch mehr Informationen über sie geben. Hier auf dem Revier habe ich momentan keine Zeit, es ist so viel zu erledigen.« Und dann muss ich die Hilfe des Polizisten mit meiner Frucht bezahlen. Tsk .
    Ein junges Mädchen geht mit seiner Mutter am Kiosk vorbei. Das Mädchen starrt mich an – meine schicken Sachen. Die Mutter schaut geradeaus und würdigt mich keines Blickes. Das Mädchen sieht unschuldig aus und quengelt nach einer Cola. Die Mutter sagt nein, sie verschwinden in der Dunkelheit. Ich wünschte, ich könnte in das Mädchen kriechen und meinem Leben entfliehen. Früher war ich wie sie. Es ist nicht einmal drei Jahre her. Das Mädchen schaut sich nach mir um. In ihren Augen kann ich den Traum sehen; sie möchte so sein wie ich. Sie kennt den Preis für schicke Klamotten und Geld für Cola nicht. Es gibt nicht viele Chancen im Leben. Ich muss meine ergreifen. Christian ist meine Chance.

Der Weg der Schlange

I.
    Sieben Jahre bin ich in der Dunkelheit gewesen. Nur kleine Steine, Kiesel. Gerade genug, um das am Rücken durchgescheuerte Hemd wechseln zu können und ein bisschen bhangi und gongo zu kaufen, damit ich in den Schlaf fliehen kann. Ich sitze im Schatten unter dem Halbdach und verzehre meinen Lohn: Maisbrei und Bohnen. Die Blechplatten knistern in der sengenden Sonne. Ich lege mich auf den Rücken und schließe die Augen. Wie konnten sieben Jahre vergehen? Sie stinken wie ein toter Köter am Straßenrand.
    »Moses«, sagt Shirazi, mein Kumpel, und reicht mir eine Zigarette, die er aus Zeitungspapier gedreht hat.
    Ich rauche langsam, bis die Glut meine Lippen verbrennt. Der grobe Tabak kratzt im Hals. Ich blicke über die Landschaft. Das Minengebiet liegt in einer Talsenke am Fuß der Blauen Berge, südwestlich vom Kilimandscharo. Es gibt so gut wie keine Vegetation – überall funkelt Quarz- und Grafitstaub im Sonnenlicht. Wir nennen es Zaire, genannt nach dem Land, in dem sie nach Gold und Diamanten graben und Reichtümer finden. Uns soll der Tansanitstein den Zutritt zum himmlischen Leben verschaffen.
    »Los jetzt!«, schreit Hamza, die rechte Hand des Bosses. Wir müssen wieder ins Loch. Shirazi scheucht die Arbeiter zum Einstieg in den Schacht. Ich stehe auf und befestige die Taschenlampe am Kopf, justiere die Richtung, damit der Lichtkegel richtig fällt. Ich trage keinen festen Helm mit einer Minenlampe

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