Revolution - Erzählungen
lassen. Buxton schlägt eine neue Nummer in den Rahmen. Lackiert drüber. Jetzt ist die Maschine für den ehemaligen Besitzer nicht mehr wiederzuerkennen.
Ich könnte Zwischenhändler werden, wie dieser Mann. Wenn ich einen guten Stein finde, könnte ich mir ein Motorrad kaufen. Das Loch droht, mich auszulöschen. Aber ein Zwischenhändler kommt nie weg aus Zaire. Ja, er lebt besser als ich, er steht auf der Leiter zum guten Leben eine Stufe über mir. Aber er steht still. Der Minenarbeiter indes hat die Chance, ganz nach oben zu klettern, wegzukommen, das himmlische Leben auf Erden zu erlangen.
»Zufrieden?«, will Buxton wissen. Der Mann nickt.
»Ja, aber dreck sie ein bisschen ein.« Buxton sieht den Jungen an.
»Na, los«, fordert er ihn auf. Der Junge steht auf. Er nimmt sich einen Plastikkanister mit Altöl und einen Stofffetzen, setzt sich in Hocke und beschmiert das Motorrad mit dem fetten Öl. Dann greift er mit beiden Händen in den Staub, wirft ihn auf die Maschine und verreibt den Staub mit dem Öl. Das Motorrad soll hässlich aussehen, damit es keine Diebe anzieht.
»Jetzt mag ich sie«, sagt der Mann und bezahlt, steigt auf und fährt. Buxton kommt auf mich zu, wir klatschen uns ab.
»Wie geht’s dir?«, erkundige ich mich. Buxton hält mir die Hände hin. Sie zittern nicht mehr.
»Arm, aber ruhig«, sagt er und lächelt traurig. Ich gebe ihm das Geld, das ich ihm schulde; ich steckte mal in Schwierigkeiten, und es ist wichtig, Freunde zu haben, wenn der Hunger droht. Buxton nickt und stopft die Scheine in die Tasche. Ich stecke dem Jungen etwas Geld zu.
»Hol uns mal drei Flaschen Limonade«, bitte ich ihn, und der Junge läuft. »Woher kommt er?«
»Seine Mutter verkauft hier Gemüse«, antwortet Buxton.
»Und der Vater?«
»Verschwunden.« Es ist normal. Die Frauen aus dem Ort ziehen mit den Privilegierten der Gegend zusammen, den Wachmännern, Zwischenhändlern, Fahrern und Lakaien. Der Mann verdient das Geld, die Frau sorgt für ihn und füttert seine Kinder. Die Ehe ist inoffiziell, es geht nicht um Liebe, sondern ums Überleben. Oft hat der Mann noch eine Familie im Land, und selten sagt er die Wahrheit, woher er wirklich stammt. Und an dem Tag, an dem er zu Geld kommt, ist er verschwunden. Der Name, den die Frau kennt, ist falsch. Die Behörden können nicht helfen. Sie wird ihn nie wiederfinden. Das Einzige, was er ihr hinterlassen hat, sind Kinder. Die Jungen können in Zaire frische Schlangen werden, die Mädchen sich verkaufen.
Wir alle benutzen falsche Namen. Nach Fillemons Tod gibt es in ganz Zaire nur mich, der mein Dorf und den Namen kennt, der im Kirchenbuch steht. Du rufst: Moses. Und ich reagiere. Wenn Moses Probleme bekommt, verschwindet er auf Nimmerwiedersehen.
Der Junge kommt mit unseren Limonaden. Vielleicht habe ich ja heute Nacht seine Mutter gepumpt.
IV
Zurück im Loch von mzee Akrabi. Wir sprengen. Nichts. Ich klettere nach oben.
»Seid ihr auf etwas gestoßen?«, rufen sie von oben. Wir antworten nicht. Klettern ans Licht. Die Arbeiter sind still. Ich schüttele den Kopf. Die Schlangen schauen mich mit leeren Augen an. Hamza ist wütend, die Mine bringt kein Geld, mzee hat wirtschaftliche Probleme. Am nächsten Morgen passiert die Katastrophe. Drei Land Rover der Field Force Unit tauchen vor der Mine auf. Die Geschichte des Einsturzes ist bis Arusha gedrungen. Mzee Akrabi redet mit ihnen, Hamza steht daneben. Aber mzee hat kein Geld, um sie zu bestechen, also nehmen sie ihn sofort mit. Wir Arbeiter stehen auf dem Platz und sehen Hamza an, der zu uns zurückkommt.
»Sie bringen mzee nach Arusha. Dort gibt es eine Untersuchung des Unglücks.« Wenn Akrabi das Geld nicht beschaffen kann, um das Militär und das Gericht zu bestechen, werden sie ihn einsperren und die Mine wird geschlossen.
»Aber wir können doch weitergraben und schauen, ob wir auf irgendwas stoßen«, schlage ich vor.
»Wir haben kein Geld mehr«, antwortet Hamza.
»Was ist mit Essen?«, fragt mein Freund Shirazi. Man braucht einen Freund, wenn der Irrsinn droht.
»Ich muss erst mit mzee sprechen«, sagt Hamza. Die Arbeiter rücken dichter an ihn heran. Er sperrt den Schuppen mit dem Generator und dem Kompressor, den Dieselkanistern, dem Sprengstoff, der Holzkohle und den Lebensmitteln ab. Er möchte gern zu seinem Motorrad – abhauen. Er hat eine Pistole. Aber wir sind sechzig Arbeiter und Schlangen. Er hat höchstens sieben Kugeln im Magazin und eine in der Kammer.
»Wir haben
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