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Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition)

Titel: Revolverherz: Ein Hamburg-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone Buchholz
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riesigen Hotels sehen, das sie hier hochziehen. Rechts von uns steht eine Armada von aufgebrezelten Prostituierten. Sie verhandeln mit betrunkenen und vermutlich verzweifelten Touristen tapfer über den besten Preis, und was dafür zu tun ist. Ich schaue aus dem Fenster in Richtung Himmel, die Lichter der Stadt geben dem Blauschwarz eine gute Portion Orange mit. Wir ruckeln übers Kopfsteinpflaster, haben beide unsere Ellenbogen auf der Armlehne liegen, und Klatsches Arm tickt in einer Tour gegen meinen. Da. Schon wieder.
    »Beschissene Schlaglöcher«, sagt Klatsche.
    Da war gar nichts. Die Straße ist für so eine alte Dame wunderbar in Schuss, Kiezvorzeigemeile. Ich ziehe meinen Arm ein bisschen von seinem weg. Er rutscht weiter zu mir rüber. Sein Unterarm ist klar und deutlich an meinem zu spüren, ein permanenter kleiner Stromschlag. Macht er das extra? Ich weiß, dass ich ihm hundertprozentig vertrauen kann, was Freundschaft und Kameradschaft angeht, aber dieses hormonelle Ding zwischen uns ist mir unheimlich, da kann ich ihn nicht einschätzen. Er ist in einem Alter, in dem man alles flachlegen muss, was nicht bei drei auf dem Baum ist. Und er hat immer so ein verdammtes Glitzern in den Augen, wenn er mich ansieht. Merkwürdigerweise bringt dieses Glitzern etwas in mir zum Leuchten. Hoffen wir einfach mal, dass das nirgendwo hinführt. Ich ignoriere ihn und konzentriere mich auf die Fahrbahn, was für einen Beifahrer absolut keinen Sinn ergibt.
    Am Ende der Davidstraße biegen wir links ab. Rechts unten liegt schon der Hafen, und jedes Mal, wenn er so plötzlich im Dunkeln auftaucht, stockt mir für eine Sekunde der Atem. Der Hafen bei Nacht ist wie ein riesengroßer Schatz, mein Schatz. Eine gigantische Kiste voller funkelnder Juwelen, die ich gefunden habe, als ich vor zehn Jahren nach Hamburg kam. Der Schatz hat mich überrascht, ich hatte nicht damit gerechnet, hier viel mehr als einen Job zu finden. Ich wollte nur mal für eine Weile weg aus Frankfurt, und die Hamburger Staatsanwaltschaft war die erste gewesen, die mir eine Stelle angeboten hatte. Ich hatte vor, zwei, vielleicht drei Jahre zu bleiben, und danach wollte ich nach Berlin. Hat sich dann aber anders ergeben. Nach drei Monaten wollte ich nicht mehr weg, und ich weiß heute nicht genau, warum eigentlich. Ich kannte hier keinen Menschen, ich hatte nur mich und meine schlechte Laune. Und den Hafen.
    Ich glaube, mit einer Stadt ist es wie mit dem Fußball: Nicht du suchst dir deinen Verein aus. Dein Verein sucht dich aus. Bei mir war es dann wohl Sankt Pauli, Verein und Dorf. Daran erinnert mich der Hafen immer dann, wenn ich gerade dabei bin zu vergessen, dafür dankbar zu sein.

    Klatsche hält in einer dunklen Ecke vor der Fischauktionshalle. Rechts ragen finstere Backsteinbauten in die Höhe, und mindestens jedes zweite Haus hat im Erdgeschoss eine Art Schleusenvorrichtung, das soll die Elbe abhalten. Die Häuser sehen immer aus, als wären sie Burgen des Industriezeitalters, mit Ziehbrücken und allem. Das Kopfsteinpflaster ist nass und riecht nach Fischhaut.
    »Ihr trefft euch unten am Anleger«, sagt Klatsche. »Und ich bin immer in deiner Nähe.«
    »Ich hab keine Angst, Klatsche.«
    »Ich weiß«, sagt er. »Aber ich finde, der Satz hört sich toll an.«
    Ich gebe ihm einen Klaps auf den Hinterkopf, er sagt »danke«, und dann mache ich mich über den Steg auf den Weg ans Wasser.
    Es ist fünf vor halb elf. Sackdunkel hier, und es zieht wie Hechtsuppe. Gegenüber blinkt und schnauft die Industrieromantik, verstohlen und zurückhaltend, auf Nachtmodus gestellt. Ich schlage den Kragen von meinem Trenchcoat hoch, stecke die Hände in die Manteltaschen, gehe langsam immer weiter Richtung Wasser und versuche, mich auf das Schwanken und die glitschigen Holzbohlen unter meinen Füßen einzustellen. Mir ist wie immer um diese Uhrzeit ein bisschen schwindelig, und ich will einigermaßen sicher stehen, wenn der Basso auftaucht.
    Aber der Basso taucht nicht auf. Nicht um halb elf, nicht um Viertel vor elf. Außer dem satten Schmatzen des Wassers, das gegen den Anleger schlägt, ist hier gar nichts. Obwohl. Ich bin mir nicht sicher. Mir ist, als wäre da was links hinter dem grauen Elektrokasten für die Wartungsschiffe, als wäre da was gehuscht, als hätte sich da was geduckt. Etwas großes Schwarzes, etwas Hässliches, Fieses. Es ist mehr ein Geruch, als dass ich wirklich etwas sehen würde, mehr eine Ahnung. Ich überlege, ob ich da hinschleichen

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