Reynolds, Alastair - Träume von Unendlichkeit

Titel: Reynolds, Alastair - Träume von Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds

Vom Netzwerk:

kompatibel seien.
    »Und, wie war es?«, fragte Childe und legte mir kameradschaftlich den Arm um die Schultern.
    »Genau so … grauenhaft, wie ich nach den Erzählungen erwartet hatte.« Ich nuschelte, und der Teil meines Gehirns, der für die Sprache zuständig war, brauchte für jeden Satz eine Ewigkeit. »Ich bin noch nicht wieder ganz da.«
    »Das lässt sich schnell beheben. Trintignant kann jederzeit eine Infusion mit Nanomaschinen zusammenstellen, um deine Neuralfunktionen auf Vordermann zu bringen, nicht wahr, Doktor?«
    Trintignant wandte mir sein ebenmäßiges Maskengesicht zu. »Wäre überhaupt kein Problem, mein Bester …«
    »Danke.« Ich richtete mich auf; Bruchstücke von Erinnerungen an die verpfuschten Cybernetikversuche, denen Trintignant seinen schlechten Ruf verdankte, krochen durch mein Gehirn. Schon die Vorstellung, er könnte meinen Schädel mit seinen winzigen Maschinchen voll pumpen, verursachte mir eine Gänsehaut. »Ich denke, ich werde zunächst darauf verzichten. Nehmen Sie es mir nicht übel.«
    »Aber gewiss nicht.« Trintignant wies auf einen freien Stuhl. »Kommen Sie, setzen Sie sich zu uns. Wir erörtern gerade ein interessantes Thema, die Träume, von denen einige von uns unterwegs heimgesucht wurden. Ihr Beitrag ist willkommen.«
    »Träume …?«, sagte ich. »Ich dachte, das wäre nur mir so ergangen. Ich war also nicht der Einzige?«
    »Nein«, sagte Hirz. »Sie waren nicht der Einzige. Ich war auf einem Mond. Dem Mond der Erde, denke ich. Und ich wollte um jeden Preis in dieses Alien-Bauwerk gelangen. Das Scheißding hat mich immer wieder getötet, aber ich habe nie aufgegeben, so als würde ich nur deshalb zu neuem Leben erweckt.«
    »Ich hatte den gleichen Traum«, sagte ich nachdenklich. »Und noch einen zweiten, in dem ich mich in …« – ich stockte, bis sich die Worte in meinem Kopf zusammenfügten – »einem unterirdischen Grabmal befand. Ich lief durch einen Korridor, verfolgt von einer riesigen Steinkugel, die mich überrollen wollte.«
    Hirz nickte. »Der Traum mit dem Hut?«
    »Mein Gott, ja.« Ich grinste wie ein Idiot. »Ich hatte meinen Hut verloren und wollte ihn, so lächerlich das war, unbedingt retten!«
    Celestine sah mich an, ein Blick zwischen eisiger Gleichgültigkeit und offener Feindschaft. »Den Traum hatte ich auch.«
    »Ich auch«, erklärte Hirz lachend. »Aber ich sagte mir: Scheiß auf den Hut. Verzeihung, aber bei dem Heidengeld, das Childe uns bezahlt, sollte es auf einen neuen Hut nun wahrhaftig nicht ankommen.«
    Alle schwiegen peinlich berührt. Nur Hirz schien ganz unbefangen über das großzügige Honorar reden zu können, das Childe mit allen Expeditionsteilnehmern vereinbart hatte. Schon der Vorschuss war beachtlich gewesen, doch nach unserer Rückkehr nach Yellowstone sollte jeder von uns noch einmal das Neunfache davon erhalten; angepasst an alle inflationären Entwicklungen, die während der Zeit – Childe hatte für die Reise zwischen sechzig und achtzig Jahre veranschlagt – stattgefunden hätten.
    Wirklich großzügig.
    Aber Childe ahnte wohl, dass einige von uns auch ohne diesen natürlich verlockenden Bonus mitgemacht hätten.
    Celestine brach das Schweigen und wandte sich an Hirz. »Haben Sie auch von den Würfeln geträumt?«
    »Himmel, ja«, sagte die Infiltrationsspezialistin, als sei ihr das erst jetzt wieder eingefallen. »Die Würfel. Sie auch, Richard?«
    »O ja«, antwortete ich. Bei der Erinnerung zuckte ich zusammen. »Ich war mit einer Gruppe in einer endlosen Serie von würfelförmigen Räumen gefangen, von denen viele mit tödlichen Fallen präpariert waren. Einmal wurde ich sogar in Stücke geschnitten. Und auch die waren würfelförmig, wenn ich mich nicht irre.«
    »Genau. Das stand nicht unbedingt auf Platz eins der Liste meiner bevorzugten Todesarten.«
    Childe räusperte sich. »Ich sollte mich wohl für diese Träume entschuldigen. Es waren Szenen, die ich Ihnen allen – mit Ausnahme von Doktor Trintignant – während des Übergangs in und aus dem Kälteschlaf ins Bewusstsein einspielen ließ.«
    »Szenen?«, fragte ich.
    »Ich stellte sie aus verschiedenen Quellen zusammen, in der Hoffnung, uns allen die richtige Einstellung für das zu vermitteln, was uns erwartet.«
    »Ein grausamer Tod, meinen Sie?«, fragte Hirz.
    »Eigentlich eher eine Reihe von Problemen, die es zu lösen gilt.« Childe servierte uns starken schwarzen Kaffee, als stünde uns nicht mehr als ein einigermaßen flotter