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Reynolds, Alastair - Träume von Unendlichkeit

Reynolds, Alastair - Träume von Unendlichkeit

Titel: Reynolds, Alastair - Träume von Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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Ratte?«
    »Die Geräte lassen sich leicht wieder entfernen«, erklärte er in aller Unschuld. »Ich fand es nur besser, Sie einzusetzen, während Sie ohnehin alle schliefen. Man sollte nicht mehr Zeit vergeuden als unbedingt nötig.«
    »Es geht nicht nur um das Ding in meinem Handgelenk«, sagte ich, »was immer es sein mag.«
    »Es soll uns wach halten«, sagte Celestine mühsam beherrscht. Ich beobachtete, wie sich ihr Gesicht beim Sprechen veränderte, und spürte förmlich das Gefüge aus Muskeln und Knochen dicht unter der Haut. War das noch ich, der das sah?
    »Wach?«, brachte ich hervor.
    »Es ist … so etwas wie ein Shunt, ein künstlicher Gefäßzugang«, sagte sie. »Die Ultras verwenden die Dinger oft, so viel ich weiß. Sie saugen Ermüdungsstoffe aus dem Blut und leiten andere Chemikalien ein, die den normalen Schlafrhythmus des Gehirns unterbrechen. Man kann damit wochenlang bei Bewusstsein bleiben, ohne dass es zu nennenswerten psychischen Problemen kommt.«
    Ich ignorierte die fremdartigen Wahrnehmungen und rang mir ein Lächeln ab. »Was mich stört, ist das ›nennenswert‹.«
    »Mich auch.« Sie funkelte Childe aufgebracht an. »Doch so sehr ich es dieser kleinen Ratte übel nehme, dass er so etwas ohne meine Einwilligung tut, ich muss zugeben, dass ich es für eine sinnvolle Maßnahme halte.«
    Wieder betastete ich die kleine Erhöhung an meinem Handgelenk. »Trintignants Werk, nehme ich an?«
    »Du kannst von Glück reden, dass er dir nicht gleich noch Arme und Beine abgehackt hat.«
    Childe unterbrach. »Ich habe ihn gebeten, die Shunts einzusetzen. Wenn sich eine Gelegenheit bietet, können wir trotzdem noch ein Nickerchen machen. Aber wenn wir hellwach sein müssen, werden uns diese Geräte dazu verhelfen. Sie sind wirklich nicht weiter unheimlich.«
    »Da ist noch etwas …«, sagte ich vorsichtig und betrachtete Celestine, um zu sehen, ob sie sich ebenso seltsam fühlte wie ich. »Seit ich wach bin, hat sich … meine Wahrnehmung verändert. Ich sehe alle Formen klarer, wie in einem neuen Licht. Was hast du mit mir angestellt, Childe?«
    »Auch das ist nicht unwiderruflich. Nur eine kleine Nanomaschinen-Infusion …«
    Ich bemühte mich, die Fassung zu bewahren. »Was für Nanomaschinen?«
    »Neuralmodifikatoren.« Er hob abwehrend die Hand, und ich sah auch bei ihm das Rechteck unter der Haut. »Wozu die Aufregung, Richard? Dein Gehirn strotzt ohnehin von demarchistischen Implantaten und Zellmaschinen. Ich habe nur auf dem aufgebaut, was bereits vorhanden war.«
    »Was, zum Teufel, redet er da?« Hirz stand schon seit einigen Sekunden im Eingang zum Gemeinschaftszelt. »Geht es um das kranke Zeug, mit dem ich mich rumschlage, seit ich aufgewacht bin?«
    »Höchstwahrscheinlich«, sagte ich erleichtert. Wenigstens hatte ich nicht den Verstand verloren. »Lassen Sie mich raten – verbessertes mathematisches Verständnis und räumliches Vorstellungsvermögen?«
    »Wenn Sie es so nennen wollen. Man sieht überall Formen und überlegt sich, wie sie zusammenpassen …«
    Hirz wandte sich an Childe. Obwohl sie so klein war, wirkte sie keineswegs ungefährlich. »Raus mit der Sprache, Arschloch!«
    Childe blieb ganz ruhig. »Ich habe über den Zugang am Handgelenk Modifikatoren in Ihr Gehirn eingeführt. Ihre Neuralstrukturen werden dadurch nicht radikal verändert, aber die Nanos unterdrücken oder verstärken bestimmte Hirnfunktionen. Grob gesprochen führt das zu einer Steigerung Ihres räumlichen Vorstellungsvermögens auf Kosten anderer weniger wichtiger Funktionen. Sie können nun einen Blick in die kognitiven Räume werfen, die für Celestine längst alltäglich sind.« Celestine wollte etwas sagen, aber er wehrte mit erhobener Hand ab. »Nicht mehr als einen Blick, nein, aber Sie werden mir sicher Recht geben, dass wir mit den Modifikatoren den Herausforderungen, vor die uns der Blutturm stellt, besser gewachsen sein werden als bisher.«
    »Sie meinen, Sie haben uns alle über Nacht zu mathematischen Genies gemacht?«
    »Im weitesten Sinne, ja.«
    »Darüber werden Sie noch sehr froh sein«, erklärte Hirz.
    »Meinen Sie?«
    »O ja. Wenn Sie nämlich versuchen, Ihren Schwanz wieder zusammenzusetzen.«
    Sie wollte sich auf ihn stürzen.
    »Hirz, ich …«
    »Halt!« Ich trat dazwischen. »Childe hatte nicht das Recht, so etwas zu tun, ohne uns zu fragen, aber die Idee ist vernünftig – in der Situation, in der wir uns befinden.«
    »Auf welcher Seite stehen Sie eigentlich?«, fragte

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