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Reynolds, Alastair - Träume von Unendlichkeit

Reynolds, Alastair - Träume von Unendlichkeit

Titel: Reynolds, Alastair - Träume von Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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nachdem wir die sperrigen Anzüge abgelegt hatten, nun aufhören, ständig kleiner zu werden.
    Aber sie dachten gar nicht daran.
    Wie immer fiel der Unterschied von einem Raum zum anderen kaum auf, war aber nach fünf oder sechs Räumen nicht mehr zu übersehen. Noch zehn bis fünfzehn Räume weiter, und wir müssten uns wieder mühsam durch die Öffnungen zwängen.
    Und wenn es danach noch weiterginge?
    »Dann müssen wir aufgeben«, sagte ich. »Irgendwann kommen wir nicht mehr durch – nicht einmal, wenn wir nackt wären.«
    »Sie sehen einfach zu schwarz«, bemerkte Trintignant.
    »Was würden Sie vorschlagen, Doktor?«, fragte Childe streng sachlich.
    »Ich würde den menschlichen Körperbau in ein paar kleineren Punkten modifizieren. Nur so viel, dass wir uns durch Öffnungen zwängen könnten, die mit unseren derzeitigen … Anhängseln unpassierbar wären.«
    Trintignant betrachtete mit gierigem Blick meine Arme und Beine.
    »Sparen Sie sich die Mühe«, sagte ich. »Ich werde Ihre Hilfe in Anspruch nehmen, falls ich verletzt werden sollte, aber wenn Sie glauben, ich würde mich auf drastischere Maßnahmen einlassen … dann wäre das leider eine krasse Fehleinschätzung, Doktor.«
    »Dazu sage ich Amen, Swift«, meinte Hirz. »Vorhin hatte ich tatsächlich den Eindruck, Sie gingen diesem verdammten Turm auf den Leim.«
    »O nein«, sagte ich. »Nichts läge mir ferner. Und außerdem denken wir viele Räume voraus und schaffen womöglich nicht einmal den nächsten.«
    »Du hast Recht«, sagte Childe. »Einen Schritt nach dem anderen. Doktor Trintignant, ich muss Sie bitten, Ihren abwegigen Phantasien vorerst noch nicht nachzugeben.«
    »Sie wurden bereits zu Tagträumen degradiert«, antwortete Trintignant.
    Und so gingen wir weiter.
    Inzwischen hatten wir so viele Türen passiert, dass wir erkennen konnten, wie die Aufgaben des Turms in Wellen kamen; zunächst stellte er uns etwa vor eine Reihe von Problemen, die auf der Primzahlentheorie beruhten, die nächste Serie befasste sich mit den Eigenschaften von Festkörpern in höheren Dimensionen. Mehrere Räume in Folge konfrontierten uns mit Aufgaben zum Thema Fliesenmuster – oder Tesselationen –, während eine weitere Serie abprüfte, wie viel wir von zellulären Automaten verstanden: seltsam schachbrettartig angeordneten Formenheeren, die einfachen Regeln gehorchten und doch auf erstaunlich komplexe Weise interagierten. Die letzte Aufgabe jeder Gruppe war immer die schwerste; hier war die Wahrscheinlichkeit, einen Fehler zu machen, am höchsten. Wir waren bereit, wenn nötig für jede Tür drei oder vier Stunden anzusetzen, damit wir – oder zumindest Celestine – sicher sein konnten, die richtige Lösung gefunden zu haben.
    Und obwohl die Shunts unser Blut von allen Ermüdungsstoffen reinigten und wir dank der Modifikatoren so klar denken konnten wie nie zuvor, machte sich nach jeder der schwierigeren Aufgaben eine gewisse Erschöpfung breit. Normalerweise legte sie sich in zwanzig bis dreißig Minuten, und im Allgemeinen warteten wir so lange und sammelten neue Kräfte, bevor wir uns durch die nächste offene Tür wagten.
    Während dieser Ruhepausen besprachen wir, was bisher geschehen war, und worauf wir uns einstellen mussten.
    »Es ist wieder so weit«, sagte ich zu Celestine auf der Privatfrequenz.
    Ihre Antwort fiel so knapp aus, wie ich erwartet hatte.
    »Was?«
    »Eine Weile konnten wir mit dir mithalten. Sogar Hirz. Zumindest hatten wir dich nicht völlig aus den Augen verloren. Aber jetzt ziehst du abermals davon, nicht wahr? Die Schieber-Routinen treten wieder in Aktion.«
    Sie ließ sich mit der Antwort Zeit.
    »Ihr habt dafür Childes Nanomaschinen.«
    »Ja. Aber sie wirken nur auf die neuralen Grundstrukturen, sie unterdrücken oder verstärken gewisse Aktivitäten, ohne die Verbindungen selbst wesentlich zu verändern. Und die Nanos arbeiten unspezifisch; sie wurden nicht eigens auf jeden von uns abgestimmt.«
    Celestine betrachtete Hirz, die Einzige von uns, die noch ihren ursprünglichen Anzug trug. »Bei ihr wirken sie aber.«
    »Ein glücklicher Zufall, nehme ich an. Aber du hast Recht. Trotzdem, selbst mit den Modifikatoren kann sie nicht so weit sehen wie du.«
    Celestine tippte auf den Shunt in ihrem Handgelenk, der sich auch unter dem eng anliegenden Anzug noch schwach abzeichnete. »Auch ich habe einen Schwung Modifikatoren abbekommen.«
    »Aber ich glaube nicht, dass sie deine schon vorhandenen Fähigkeiten noch deutlich

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