Reynolds, Alastair - Träume von Unendlichkeit
steigern konnten.«
»Mag sein.« Sie hielt inne. »Verfolgst du mit diesem Gespräch einen bestimmten Zweck, Richard?«
»Eigentlich nicht«, sagte ich gekränkt. »Ich wollte nur …«
»Reden, richtig.«
»Und du nicht?«
»Kannst du mir das verübeln? Für höfliche Konversation ist hier wohl nicht der richtige Ort, schon gar nicht mit jemandem, der es vorzog, mich aus seinem Gedächtnis löschen zu lassen.«
»Würde es etwas ändern, wenn ich sagte, dass es mir Leid tut?«
Ich hörte an ihrem Tonfall, dass meine Antwort nicht ganz ihren Erwartungen entsprochen hatte.
»Es tut dir Leid, das sagt sich so leicht … wenn es einem gerade in den Kram passt. Damals dachtest du anders, nicht wahr.«
Ich suchte nach einer Antwort, die von der Wahrheit nicht allzu weit entfernt wäre.
»Würdest du mir glauben, dass ich dich nur aus einem einzigen Grund unterdrücken ließ: weil ich dich nämlich immer noch liebte?«
»Das käme doch ein bisschen zu gelegen, findest du nicht?«
»Aber es wäre nicht unbedingt eine Lüge. Kannst du mir deshalb böse sein? Wir waren verliebt, Celestine. Das kannst du nicht bestreiten. Nur weil gewisse Dinge passierten …« Eine Frage, die ich ihr schon lange stellen wollte, drängte sich in mein Bewusstsein. »Warum hast du dich eigentlich nicht bei mir gemeldet, nachdem du erfahren hattest, dass du nicht mit nach Resurgam konntest?«
»Unsere Beziehung war zu Ende, Richard.«
»Aber wir hatten uns doch mehr oder weniger in Freundschaft getrennt. Und wenn die Resurgam-Expedition nicht dazwischengekommen wäre, hätte die Trennung vielleicht gar nicht stattgefunden.«
Celestine stieß einen frustrierten Seufzer aus. »Na schön, wenn du es unbedingt wissen willst, ich wollte mich bei dir melden.«
»Tatsächlich?«
»Aber als ich mich dazu durchgerungen hatte, erfuhr ich, dass du mich hattest unterdrücken lassen. Was glaubst du, wie mir zumute war, Richard? Ich war demnach nur ein unwichtiger kleiner Teil deiner Vergangenheit – etwas, das man zusammenknüllen und wegwerfen konnte, wenn es einen störte.«
»Aber so war es ganz und gar nicht. Ich dachte doch nicht, dass ich dich jemals wiedersehen würde.«
Sie schnaubte. »Und ohne den guten alten Roland Childe wäre es vielleicht auch nie dazu gekommen.«
Ich beherrschte mich und sagte ruhig: »Er hat mich mitgenommen, weil wir beide uns früher mit solchen Aufgaben gegenseitig zu quälen pflegten. Und vermutlich brauchte er jemand mit einem Schieber-Transform wie dem deinen. Unsere Vergangenheit hat ihn sicher nicht interessiert.«
Hinter dem Helmvisier blitzten ihre Augen auf. »Und du kümmerst dich auch nicht weiter darum?«
»Um Childes Motive? Nein. Sie interessieren mich nicht, und sie gehen mich auch nichts an. Mich beschäftigt im Moment nur eines.«
Ich klopfte auf den vibrierenden Boden des Blutturms.
»Hinter alledem steckt mehr, als man auf den ersten Blick erkennt, Richard.«
»Was willst du damit sagen?«
»Ist dir nicht aufgefallen, wie …« Sie sah mich sekundenlang an, als wollte sie mir ein Geheimnis verraten, dann schüttelte sie den Kopf. »Schon gut.«
»Nun rede schon, um Himmels willen!«
»Kommt es dir nicht merkwürdig vor, dass Childe so überaus gut vorbereitet ist?«
»Ich finde, für etwas wie diesen Blutturm kann man gar nicht gut genug vorbereitet sein, Celestine.«
»Das meine ich nicht.« Sie strich mit den Fingern über ihren Overall. »Diese Anzüge zum Beispiel. Woher wusste er, dass wir die größeren nicht bis zum Schluss anbehalten konnten?«
Ich zuckte die Achseln, eine Bewegung, die jetzt gut sichtbar war. »Keine Ahnung. Vielleicht hat ihm dieser Argyle das eine oder andere verraten, bevor er starb.«
»Und was ist mit Doktor Trintignant? Ein Perverser, dem überhaupt nichts daran liegt, das Rätsel um den Blutturm zu lösen. Bisher hat er noch zu keiner einzigen Aufgabe etwas beigetragen. Und doch hat er seinen Nutzen bereits mehrfach unter Beweis gestellt.«
»Ich kann dir nicht folgen.«
Celestine rieb sich ihren Shunt. »Mit diesen Dingern. Und mit den Neuralmodifikatoren – Trintignant hat die Einleitung überwacht. Von Forquerays Arm und der medizinischen Ausrüstung des Shuttles ganz zu schweigen.«
»Ich weiß immer noch nicht, worauf du hinaus willst.«
»Ich kann dir nicht sagen, womit ihn Childe so unter Druck setzte, dass er mitmachte – Bestechlichkeit oder Habgier allein kann es nicht gewesen sein –, aber ich habe einen sehr, sehr
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