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Reynolds, Alastair - Träume von Unendlichkeit

Reynolds, Alastair - Träume von Unendlichkeit

Titel: Reynolds, Alastair - Träume von Unendlichkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alastair Reynolds
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paar Finger ab. Der Berg erreicht das Gleiche mit Erfrierungen. Wo liegt der Unterschied?«
    »Zum einen genießt es der Berg nicht, einem Schmerzen zuzufügen. Der Turm dagegen schon. Der Blutturm lebt, Childe, er ist ein lebendes, atmendes Wesen.«
    »Er ist nur eine Maschine.«
    »Aber vielleicht die klügste Maschine, die wir jemals kennen gelernt haben. Und obendrein eine Maschine, die gerne Blut trinkt. Keine sehr angenehme Kombination, Childe.«
    Er seufzte. »Dann wollen Sie also auch kapitulieren?«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Gut.«
    Er trat durch die Tür, durch die Hirz soeben verschwunden war.
    »Was hast du vor?«, fragte ich.
    »Ich will nur versuchen, sie zur Vernunft zu bringen.«

Sieben
     
     
    Zehn Stunden später – wir waren so unnatürlich wach, dass wir uns kaum noch erinnern konnten, wie es war, sich schläfrig zu fühlen – kehrten wir in den Blutturm zurück.
    »Wie hat er es angestellt, Sie zur Umkehr zu bewegen?«, fragte ich Hirz zwischen zwei Aufgaben.
    »Was glauben Sie?«
    »Nur ein Schuss ins Blaue. Er hat nicht zufällig Ihren Anteil erhöht?«
    »Sagen wir, die Konditionen wurden neu ausgehandelt. Ich spreche lieber von einer Leistungsprämie.«
    Ich lächelte. »Dann ist der Ausdruck ›Söldner‹ gar nicht so falsch?«
    »Nur Stöcke und Steine brechen mir die Beine … Ich bitte um Verzeihung. Der Spruch ist unter den gegebenen Umständen nicht sehr geschmackvoll.«
    »Schon gut.«
    Wir kämpften uns gerade aus unseren Anzügen. Schon vor etlichen Räumen hatten wir vor der Tür gestanden, durch die wir nicht mehr kamen, ohne die Rucksäcke abzunehmen und die Luftzufuhr zu unterbrechen. Natürlich hätten wir auch auf die Rucksäcke verzichten können, aber keiner von uns wollte früher die Luft des Blutturms atmen, als es unumgänglich notwendig war. Außerdem brauchten wir den Luftvorrat für den Rückweg durch die noch unbelüfteten Räume. So behielten wir sie in den Händen und schoben sie vor uns durch die Türen. Wir hatten mit angesehen, wie der Turm zuerst Forquerays Kameradrohne und dann Trintignants Bein eingesackt hatte, und mussten damit rechnen, dass er mit unserer Ausrüstung genauso verfahren würde, wenn wir sie einfach irgendwo deponierten.
    »Warum machen Sie denn noch weiter mit?«, fragte Hirz.
    »Bestimmt nicht wegen des Geldes«, sagte ich.
    »Nein. Das hatte ich mir schon gedacht. Aber warum denn?«
    »Weil das Ding da ist. Weil Childe und ich uns schon sehr lange kennen und ich nicht aufgeben kann, wenn ich einmal eine Herausforderung angenommen habe.«
    »Mit anderen Worten, aus guter alter Sturheit«, bemerkte Celestine.
    Hirz setzte zum ersten Mal einen Helm auf und hängte sich einen Rucksack um. Sie hatte eben ihren ursprünglichen Anzug ablegen und einen der engen Overalls überziehen müssen; selbst sie war jetzt zu groß für die engen Türen. Childe hatte an ihrem Overall zusätzlich ein paar Panzerelemente – Schorfkrusten aus biegsamem Diamantgewebe – angebracht, aber sie fühlte sich sicherlich verwundbarer als zuvor.
    Ich wandte mich an Celestine. »Und was treibt dich, wenn es nicht das ist, was mich immer wieder hierher zurückzieht?«
    »Ich will die Aufgaben lösen, das ist alles. Für dich sind sie nur Mittel zum Zweck, aber für mich sind sie das Einzige, was mich interessiert.«
    Das klang verächtlich, aber sie hatte Recht. Die Aufgabenstellungen waren für mich nicht so wichtig, ich wollte wissen, was sich auf dem Gipfel befand; was für ein Geheimnis der Blutturm so eifersüchtig hütete.
    »Und du hoffst, über diese Aufgaben irgendwann das Wesen der Schöpfer des Blutturms zu verstehen?«
    »Nicht nur das. Ich meine, das ist natürlich sehr wichtig, aber ich will auch wissen, wo meine eigenen Grenzen liegen.«
    »Das heißt, du möchtest das Geschenk ausloten, das dir die Schieber damals machten?« Ich fuhr fort, bevor sie antworten konnte: »Das kann ich verstehen. Und dazu hattest du bisher noch keine Gelegenheit, nicht wahr? Du konntest dich immer nur an Aufgaben messen, die dir von anderen Menschen gestellt wurden. Deshalb konntest du nie ausprobieren, wie weit deine Fähigkeiten reichen; so wenig, wie ein Löwe seine Kräfte an einem Blatt Papier erproben kann.«
    Sie sah sich um. »Aber jetzt habe ich etwas gefunden, das mich wirklich fordert.«
    »Und?«
    Celestine lächelte mit schmalen Lippen. »Ich weiß nicht, ob ich darüber so glücklich bin.«
    Danach redeten wir erst wieder miteinander, nachdem wir

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