Rheingrund
beobachtet habe. Arlo wollte Ruth und mir etwas mitteilen. Das habe ich nicht begriffen.«
»Und Ruth Diephoff?«
»Sie rief den Hund zu sich, mehr nicht.«
Wolfert reckte den Kopf wie ein Jagdhund, der Witterung aufnahm. »Wie war ihr Verhältnis zu Reber?«
»Dirk, er war ihr engster Vertrauter! Das weiß ich von beiden Seiten. Ruth hat nichts mit dem Mord zu tun. Ich kann mir kein Motiv vorstellen.«
Milano schnaufte ungläubig. »Ihr habt die Böschung selbst gesehen. Die Frau ist 70! Erzählt mir mal, wie eine alte Frau die Böschung herunterklettert, mitten auf dem Abhang einen Felsbrocken aufhebt und einen Mann erschlägt!«
Unvorstellbar für ein Schwergewicht wie ihn, diesen Steilhang überhaupt zu bewältigen, mit oder ohne Stein, dachte Norma und sagte: »Täuscht euch nicht! Ruth betreibt seit Jahrzehnten Yoga. Über die Terrassenböschung vor ihrem Haus klettert sie wie eine Bergziege.«
»Vergesst die Frau«, raunzte Milano. »Wir haben einen Verdächtigen.«
Norma horchte auf. »Lambert? Er hätte ein Motiv, und dann dieser Angriff im Foyer. Was sagt er dazu?«
»Was wir bisher haben, reicht nicht für ein Verhör«, erklärte Wolfert. »Zurzeit werten wir die Spuren vom Tatort aus.«
»Und die wären?«
»Norma, ich weiß nicht …«
»Spring über deinen Schatten, Dirk! Ich bin hier, um euch Informationen zu liefern. Dafür brauche ich ein paar Anhaltspunkte.«
Wolfert tauschte einen Blick mit Milano, der widerstrebend nickte, und erzählte, dass die Fußspuren im Versteck unbrauchbar seien. »Alle Abdrücke sind sorgfältig verwischt. Damit lässt sich nichts anfangen.«
»Und die Tatwaffe?«
Er lachte bitter. »An dem Hang gibt es mehr Steine als alles andere. Aber unsere Kriminaltechnik gibt so schnell nicht auf. Die Leute drehen jeden Brocken um.«
Milano erklärte mit zufriedener Miene: »Und sie waren erfolgreich! Im Gebüsch fand sich ein Parkticket. Es stammt aus der Parkgarage am Kurhaus. Abgestempelt am Donnerstag um 20.30 Uhr.«
»Gratuliere!«, rief Norma. »Der Halter des Wagens heißt Lambert?«
Milano gab einen grunzenden Laut von sich. »Jedenfalls wurde sein Wagen zu dieser Uhrzeit ins Parkhaus gefahren. Das beweist die Videoaufzeichnung. Du weißt selbst, für einen Haftbefehl reicht das nicht aus.«
»Habt ihr den Musikstick gefunden?«
Wolfert verneinte. Stattdessen hätten die Kollegen an der Baumrinde Faserspuren entdeckt; rötliche Fasern einer chemischen Substanz. »Dieselben Fasern finden sich am Fahrrad.«
»Also Fasern von dem Seil«, sagte Norma nachdenklich. »Lambert war am Freitagvormittag am ›Grauen Stein‹. Sein Wagen stand am Monstranzenbaum, und zwar schon eine Weile. Die Motorhaube fühlte sich kalt an. Im Kofferraum lag ein rotes Bergseil.«
Milano schnalzte zufrieden mit der Zunge. »Danke, Norma! Das bringt uns weiter.«
Wolfert richtete sich wieder auf und schaute über den Laptop hinweg. »Fürs Erste wird das sogar den Staatsanwalt überzeugen. Wir werden weitere Zeugen auftreiben, da bin ich sicher. Auch für den Sonntagmorgen. Irgendjemand muss ihn am Rheinsteig gesehen haben!«
»Da war noch etwas Merkwürdiges«, fiel Norma ein. »Lambert behauptete seinem Sohn gegenüber, das Seil sei gar nicht im Wagen. Und Lenny hatte den Autoschlüssel verloren und fand ihn unter dem Sitz wieder.«
Milano nickte entschlossen. »Lambert wird uns den gesamten Ablauf haarklein erklären. Dafür sorge ich.«
»Was ist mit Bernhard Inken?«, gab Norma zu bedenken. »Vielleicht wollte Reber tatsächlich die Partnerschaft erpressen. Damit hätte auch Inken ein Motiv. Wie hat er das Blut im Büro erklärt?«
Milano antwortete: »Nach Inkens Aussage hat dieser Streit alle Unstimmigkeiten bereinigt. Nach Rebers Angriff mit dem Buddha, den Inken angeblich herausgefordert hat, hätten sie sich versöhnt, und Inken bot Reber die Partnerschaft an. Eine Erpressung streitet er ab.«
»Behaupten kann er viel! Glaubt ihr ihm?«
»Wie auch immer, für den Freitag hat Inken ein Alibi«, sagte Wolfert. »Er verbrachte den Vormittag auf dem Golfplatz. Dafür gibt es mehrere Zeugen.«
So leicht wollte Norma nicht aufgeben. »Inken hat Dreck am Stecken! Da bin ich mir sicher.«
»Es geht dir um seine Frau?« Milano schüttelte den Kopf. »Eine andere Baustelle. Komm, Norma, lass uns das Protokoll schreiben. Und dann nehme ich mir diesen Lambert vor!«
Mit dem wiederholten Versprechen, alle Einzelheiten von Rebers Tod für sich zu behalten, verließ sie das
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