Rheinsteigmord - Kriminalroman
Verschwinden ermordet worden war, dafür sorgen können, dass es bessere Indizien gab.
Du bist kein Detektiv, du bist Krimiautor, wandte seine innere Stimme begütigend ein.
Falsch, dachte Fred. Das bin ich auch nicht. Noch nicht mal das.
Frau Friesdorf meldete sich über die Gegensprechanlage.
»Guten Abend«, sagte Fred. »Bleikamp hier. Ich hoffe, ich störe nicht.«
»Ach Sie sind es.«
»Darf ich heraufkommen?«
»Sicher.«
Wie bei seinem ersten Besuch stand sie vor der Tür und hielt den oberen Ausschnitt ihrer Strickjacke zusammengerafft. Es war eine Geste, die sie schutzbedürftig wirken ließ.
»Kommen Sie nur herein«, sagte sie.
»Frau Friesdorf, ich war gerade bei der Polizei in Neuwied. Es tut mir so leid, was passiert ist. Man weiß noch nicht, wann … wann es genau geschah. Aber ich stehe mit dem zuständigen Kommissar in engem Kontakt.«
Idiot, schalt sich Fred innerlich. Du brauchst der alten Dame gegenüber nicht mehr den großen Detektiv zu markieren. Die Sache ist gelaufen. Jetzt geht’s nur noch darum, den Fall abzuschließen. Ihm wurde klar, dass er in den nächsten Minuten mit Frau Friesdorf abrechnen und die Spesen durchgehen musste, und der Gedanke behagte ihm nicht. Geh lieber wieder, dachte er. Verschieb das alles auf später. Pump Sarah oder sonst wen an, setz dich in den Bulli und mach Urlaub.
Blödsinn, das ging ja auch nicht. Er hörte noch Steingräbers Mahnung zum Abschied: »Halten Sie sich zur Verfügung.«
Frau Friesdorf hatte ihm gar nicht zugehört. Mit mechanischer Geste wies sie auf das Sofa im Wohnzimmer. Eine Stehlampe in der Ecke brannte und tauchte den Raum in indirektes, etwas dämmriges Licht.
»Eigentlich wusste ich schon, dass so was passiert sein muss, als ich Sie anrief«, sagte sie. »Ich frage mich nur, warum die Polizei so träge reagiert hat.«
»Das habe ich auch moniert, als ich mit dem Kommissar gesprochen habe«, sagte Fred. »Wissen Sie, eigentlich haben Sie mich ja engagiert, um Ihren Mann zu finden. Der Auftrag ist jetzt …« Fred suchte nach dem richtigen Wort.
Überflüssig? Sinnlos?
Nimm ein Fremdwort, dachte er. Das kommt immer gut.
»Der eigentliche Auftrag ist nun obsolet. Gleichzeitig gibt es aber auch neue Entwicklungen. Die Verbindung zu der Dame aus Koblenz zum Beispiel. Daniela Hecht stürzte von der Rheinbrohler Ley in den Tod. Von einer Stelle ganz in der Nähe des Ehrenmals, das Ihr Mann kurz zuvor besucht hatte. Wo ich den Schirm gefunden habe. Hier ist er übrigens.«
Er hob den Regenschirm, den er immer noch in der Hand hielt. Frau Friesdorf nahm ihn.
»Es ist seiner«, sagte sie und sah Fred an. »Wollen Sie Geld?«
»Wie bitte?«
»Ich habe den Eindruck, Sie erklären mir gerade, dass Sie an dem Fall weiterarbeiten wollen, obwohl es jetzt nicht mehr nötig ist, wie Sie ja selbst sagen. Und dafür wollen Sie doch Geld, oder?«
»Nein«, wehrte Fred ab. »Darum geht es mir nicht. Ich will nur alles vernünftig zum Abschluss bringen.«
»Das hilft meinem Mann auch nicht mehr.«
»Aber irgendjemand ist doch dafür verantwortlich. Die Polizei betrachtet mich als wichtigen Zeugen. Und weil ich nun mal …« Fred konnte gerade noch vermeiden zu sagen: »… in die Sache verwickelt bin.« Stattdessen sagte er: »Weil ich nun schon mit der Sache zu tun habe, würde ich gern noch ein paar Informationen sammeln. Unentgeltlich. Sie haben mit dem Vorschuss die Arbeit bezahlt, die ich geleistet habe. Damit hat es sich.«
»Aber wäre es denn nicht besser, Sie würden den Fall lösen?« Ihre Stimme hatte sich verändert. Sie enthielt plötzlich einen Schuss Enthusiasmus. »Sehen Sie, ich traue der Polizei nicht so ganz. Die haben den Fall verschleppt. Es mag nicht gegen die Vorschriften gewesen sein, aber sie haben mich nicht ernst genommen und zu langsam reagiert. Nun, da Sie sich in den Fall eingearbeitet haben, würde ich es begrüßen, wenn Sie weiter dranbleiben würden.«
»Aber …«
»Ich bezahle Sie für drei weitere Tage im Voraus. Bitte übernehmen Sie die Sache. Sie würden mir einen großen Gefallen tun.«
»Aber wie Sie schon gesagt haben – das nützt Ihrem Mann doch gar nichts mehr.«
»Es nützt mir. Ich will vor allem wissen, welche Verbindung zwischen meinem Mann und dieser Frau aus Koblenz bestand.« Sie stand auf und wirkte nun vor Fred, der tief in das Polster eingesunken war, deutlich größer. Die Stehlampe beleuchtete ihre Silhouette von hinten, sodass ihm die alte Dame wie die Statue eines
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