Rheinsteigmord - Kriminalroman
zu machen«, sagte er und las den Bericht auszugsweise ab. »Heute Vormittag gegen halb elf war ein Radfahrer auf der Landstraße 87 in Richtung Rheinbrohler Fähre unterwegs. Kurz bevor er sie erreichte, verspürte er ein menschliches Bedürfnis. Er suchte eine Gelegenheit und fand sie hinter dem Limesturm 1, den Sie ja sicher kennen.« Er blickte auf. »Er ist eines der Rheinbrohler Wahrzeichen. Dahinter gibt es ein Gebüsch. Der Radfahrer fand darin einen Toten. Dieser Tote war Professor Werner Friesdorf.«
»Im Gebüsch? Wie kam er denn da hinein?
Der Kommissar schüttelte nachdenklich den Kopf. »Konzentrieren wir uns lieber darauf, welche Rolle Sie in dem Spiel um sein Verschwinden und, wie man nun hinzufügen muss, sein Ableben spielen.«
»Ich habe Sie bereits gestern Vormittag wegen dieser Angelegenheit aufgesucht. Ich bin zu Ihnen gekommen.«
»Wenn ich das richtig im Kopf habe, meinten Sie, Friesdorfs Verschwinden hätte etwas mit dem Unfall an der Rheinbrohler Ley zu tun. Von dem Sie annahmen, dass es gar kein Unfall war.«
»Das nehme ich auch immer noch an.«
»Ich verstehe. Sie waren der Meinung, Frau Hecht habe sich dort oben mit jemandem getroffen. Und dieser Jemand sei eventuell Herr Friesdorf gewesen. Das scheint aber ja wohl ein Irrtum gewesen zu sein.«
»Warum? Sie kann sich doch mit dem Professor getroffen haben, bevor der Täter Herrn Friesdorf umgebracht hat und dann sie. Oder umgekehrt. Wie lange ist Friesdorf eigentlich schon tot?«
»Das wird noch untersucht. Und wenn ich es bereits wüsste, würde ich es Ihnen nicht auf die Nase binden.«
»Warum fragen Sie das alles mich? Was habe ich damit zu tun?«
»Wie gesagt – das wüsste ich auch gern. Tatsache ist jedenfalls, dass Sie die letzte Nacht mit Ihrem nicht gerade unauffälligen Wagen am Limesturm verbracht haben. Wir haben so viele Zeugen dafür, das können Sie sich gar nicht vorstellen. Soll das ein Zufall sein?«
»Es ist nichts anderes als ein Zufall«, rief Fred, der gerade ein Déjà-vu erlebte. Hatte er nicht über genau solche Zufälle mit Sarah diskutiert? Und nun stand er auf der anderen Seite. Nun unterstellte er einen Zufall, wo nach Ansicht des Hauptkommissars ein Zusammenhang bestand.
Quatsch, dachte er. Natürlich stehe ich auf derselben Seite wie der Kommissar.
Ich weiß genau, dass es kein Zufall war.
Aber sollte er der Kripo die ganze Geschichte erzählen? Er hatte nicht den geringsten Beweis. Die K.-o.-Tropfen waren längst nicht mehr nachweisbar, die Flasche verschwunden.
Was konnte er tun? Zunächst mal glaubte er nicht, dass Steingräber ihn wirklich so ernsthaft verdächtigte, wie er tat. Fred hatte kein Motiv, Friesdorf zu töten. Er hatte ihn ja noch nicht mal gekannt, nie persönlich getroffen. Der Kommissar erlaubte sich einen Schuss ins Blaue, das war alles.
»Ich habe an meinem normalen Standplatz übernachtet«, sagte Fred. »Ein Stück weiter rheinaufwärts. Einen knappen Kilometer oder so entfernt.«
»Aber Ihr Wagen stand am Limesturm.«
»Dort bin ich aufgewacht. Ich habe keine Ahnung, wie er dort hinkam. Ich habe sehr unruhig geschlafen. Ich vermute, dass mich jemand betäubt hat.«
»Haben Sie am Abend vorher was getrunken?«
Fred schwieg.
»Haben Sie?«, wiederholte Steingräber. »Natürlich haben Sie.« Er seufzte. »Bleikamp, Sie sollten nicht als Detektiv arbeiten, sondern Krimis schreiben, wissen Sie das?«
Er rieb die Hände aneinander und legte sie auf den Tisch wie zwei Werkzeuge, die er gleich für eine besondere Reparatur brauchen würde.
»Ich bin ja auf Ihrer Seite«, sagte er dann. »Momentan gehe ich noch davon aus, dass Sie ein Zeuge sind. Daher möchte ich Sie bitten, als Zeuge mit uns zusammenzuarbeiten.«
»Aber ich habe Ihnen schon alles gesagt, was ich weiß.«
»Das bezweifle ich. Sie müssen irgendwas gesehen haben. Sie standen am Limesturm. Genau gegenüber. An der Stelle, wo die Straße von der L87 parallel zur Bahn abzweigt. Sind Sie denn so früh schlafen gegangen, dass Sie nichts mitgekriegt haben? Einen Schuss zum Beispiel? Oder wenn Friesdorf nicht am Fundort ermordet wurde, einen Wagen, der anhielt. Die Leiche muss dann transportiert worden sein.«
»Der Professor wurde erschossen, sagen Sie?«
»Ja, das habe ich gesagt. Ziemlich deutlich sogar. Also, Bleikamp. Legen Sie los. Spannen Sie mich nicht so auf die Folter. Was haben Sie gesehen?«
»Auf mich wurde auch geschossen.«
»Was? Auch gestern Abend?«
»Nein, tagsüber.«
Steingräber
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