Rheinsteigmord - Kriminalroman
grinste und schnaubte verächtlich durch die Nase. »Sie glauben, einer von denen ist ein Mörder?«
»So, wie ich das verstanden habe, geht es im Moment darum, wer als Nächster die Firma erbt. Gesine Ackermann und Simon Ackermann wären beide erbberechtigt. Friedhelm Ackermann scheint seinen Sohn bevorzugen zu wollen, aber ich glaube, dass er am Ende zu einem anderen Ergebnis kommen wird.«
»Tatsächlich? Das glauben Sie? Wieso? Können Sie in seinen Kopf sehen? Mal abgesehen davon, dass das eine Theorie ist, die Sie noch genauer erklären müssen.«
»So ein Geschäftsmann muss doch die Entscheidung treffen, die für seine Firma die beste ist. Gesine Ackermann hat das Chinageschäft vorangebracht. Sie setzt sich für die Firma ein.«
Jetzt, da Fred diesen Gedanken aussprach, wurde ihm bewusst, wie lächerlich seine Mutmaßungen waren. Er hatte Gesine Ackermann nur kurz erlebt. Er hatte mit dem Firmenpatriarchen nur ein einziges Gespräch geführt. Und schon kam er mit großen Analysen über die Entscheidungen des Chefs und die Zukunft der Firma daher – noch dazu vor jemandem, der eine Beziehung mit Gesine Ackermann hatte. Und selbst über diese Beziehung wusste Fred kaum etwas. War das überhaupt eine Beziehung? Oder nur eine Bettgeschichte?
»Kein Mensch kann wissen, wie der alte Ackermann entscheidet«, sagte Hamm. »Aber Sie haben schon recht. Gesine hätte das Erbe verdient. Sie leistet tatsächlich sehr viel. Und das sage ich nicht nur, weil ich mit ihr zusammen bin. Trotzdem sind mir die Zusammenhänge, die Sie bezüglich der Todesfälle zu erkennen glauben, alles andere als klar.«
»Sicher sagen Sie das nicht, weil Sie mit ihr zusammen sind«, sagte Fred, obwohl er da anderer Ansicht war. Er wollte ein wenig auf Hamm eingehen, um diesen arroganten, selbstgefälligen Tonfall zu lindern, der ihm auf die Nerven ging.
»Der Alte wird es nicht gerne sehen, wenn er von mir und Gesine erfährt. Und von unseren Plänen.«
»Das heißt, er weiß es nicht?«
»Natürlich nicht. Dann wäre das Erbe sofort futsch. Der Alte hat so konservative Ansichten beim Thema Familie … Das war bei den Ackermanns schon immer so. Er würde nie zulassen, dass Gesine einen Mann heiratet, der fast zwanzig Jahre jünger ist. Selbst wenn sie sich noch so sehr anstrengt. Nicht nur in der Firma. Auch privat. Simon Ackermann hat nämlich im Gegensatz zu Gesine bisher nicht dafür gesorgt, dass seine Linie weiterbesteht.«
Fred brauchte ein paar Sekunden, bis ihm klar wurde, was Hamm meinte. »Sie wollen damit sagen, Ihre … ich meine, Frau Ackermann hat ein Kind?«
»Noch nicht. Aber bald.« Hamm sah Fred an und lächelte, aber es wirkte gequält. »Sie ist einundfünfzig Jahre alt«, sagte er, als betonte er ein besonderes Verdienst. »Und sie ist schwanger. Von mir. Der Weiterbestand der Blutlinie ist gesichert. Da wäre es doch total logisch, dass sie auch die Firma erbt. Und nicht Simon Ackermann, der den ganzen Tag nur Golf spielt.«
»Klar«, sagte Fred und überlegte angestrengt, wie diese neue Information in seine Theorien passte. Wenn Simon Ackermann wusste, was Hamm gerade gesagt hatte … Würde er dann nicht eher seine Cousine töten als einen Professor und eine Journalistin?
Die Felder zu beiden Seiten der Bundesstraße flogen an ihnen vorbei. Weiter hinten erstreckte sich ein Industriegebiet. Das gelbe stilisierte M, mit dem das berühmte Schnellrestaurant auf sich aufmerksam machte, prangte darüber.
Fred konzentrierte sich auf das, was er eigentlich wissen wollte. Er musste herausfinden, wem die Waffe mit dem alten Kaliber aus dem Ersten Weltkrieg gehörte. Und wer in der Lage war, Filme aus dem Ersten Weltkrieg vorzuführen …
»Wissen Sie etwas darüber, ob jemand von den Ackermanns alte Waffen sammelt? Waffen aus dem Ersten Weltkrieg? Und Filmmaterial?«
Hamm schüttelte den Kopf. »Mit so was haben die nichts am Hut. Der Firmengründer Peter Ackermann war nicht im Ersten Weltkrieg. Obwohl es den Namen unter den Gefallenen des 29er Regiments gibt.«
»Das weiß ich«, sagte Fred.
»Ein reiner Zufall. Der Name Ackermann ist nicht selten. Natürlich waren die Söhne im Zweiten Weltkrieg. Aber niemand von denen gehört zu den Leuten, die so was am Leben halten, indem sie Waffen, Ehrenzeichen, Filme und so was sammeln. Es gibt ja Menschen, die da eine wahre Akribie an den Tag legen.« Er lachte kurz auf. »Können Sie sich das vorstellen? Leute, die zu Hause Schaufensterpuppen mit Uniformen stehen
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