Richard Castle
Sie etwas wegen Nicole zu fragen, rufen Sie mich bitte unter dieser Nummer an.“
„Es war uns eine Freude, Sie kennenzulernen, Nikki.“
„Gleichfalls“, erwiderte sie. „Ich habe das Gefühl, dass Sie mir einen Einblick in einen großen Teil des Lebens meiner Mutter gewährt haben, den ich verpasst habe. Ich wünschte, ich hätte von ihr selbst mehr darüber erfahren können.“
Madame Bernardin erhob sich. „Wissen Sie, was ich gern tun möchte, Nikki? Ich habe etwas, dass ich gerne mit Ihnen teilen würde und in dem Sie vielleicht Erleuchtung finden werden.
Excusez-moi.“
Heat setzte sich wieder, und während Lysettes Abwesenheit füllte Emile ihre Gläser nach, obwohl keiner von ihnen mehr als den kleinen Schluck nach dem Toast getrunken hatte. „Mein Vater lernte meine Mutter auf einer Cocktailparty in Cannes kennen“, sagte Nikki. „Er sagte, sie verdiente sich ihren Lebensunterhalt mit solchen Auftritten und indem sie Klavierunterricht gab. Fing Sie damit in jenem Sommer an, als sie Sie hier besuchte?“
„Oh ja. Und ich bin stolz darauf, behaupten zu können, dass ich ihr dabei behilflich war, eine Anstellung zu finden.“
„Waren Sie in der Musikszene beschäftigt?“, fragte sie.
„Nur um unter der Dusche zu singen“, sagte er. „Nein, nein, ich war in der Versicherungsbranche für Geschäfte und Firmen tätig. Durch diese Arbeit entwickelte sich eine Beziehung zu einem Investmentbanker – einem Amerikaner, der hier lebte und ein enger Freund der Familie wurde. Nicole bewunderte ihn so sehr, dass sie ihn Onkel Tyler nannte.“
„Onkel Tyler“, sagte Rook.
„Sehr gut“, lobte Emile mit einem Augenzwinkern in Nikkis Richtung. Nichts weiter als ein Instinkt ließ sie nach seinem vollen Namen fragen. „Tyler Wynn. Ein charmanter Mann. Er hat mir im Laufe der Jahre eine Menge Geschäfte verschafft. Er hatte sehr gute Kontakte zu internationalen Investoren und kannte alle wichtigen Personen in Paris. Und Tylers Großzügigkeit in Bezug auf Empfehlungen beschränkte sich nicht nur auf mich. Nein, nein. Wann immer Nicole aus Boston nach Hause kam, besorgte er ihr einen Ferienjob als Musiklehrerin für die Kinder einiger sehr wohlhabender Bekannter. Es war eine gute Erfahrung für sie und brachte ihr gutes Geld ein.“
„Und es sorgte dafür, dass sie nicht in Schwierigkeiten geriet“, fügte Rook hinzu.
Emile deutete mit einem Zeigefinger auf Rook. „Das war das Beste daran.“
Nikki hatte nachgerechnet und drängte ihn, weiterzusprechen. „Also fand dieser Tyler Wynn in jenem Sommer auch eine Anstellung für meine Mutter?“
„Ganz genau. Und Cindy war so gut darin, dass sie schon bald jeden Tag Unterricht gab. Tyler empfahl sie weiter, und ein Job führte zum nächsten. Ein paar ihrer Arbeitgeber, die Ferienhäuser besaßen, heuerten Ihre Mutter sogar an, um mit ihrer Familie in
les vacances
zu fahren, damit sie ihren Unterricht dort fortsetzen konnte. Eine Woche in Portofino, eine weitere in Monte Carlo, dann Zürich oder die Amalfiküste. Reise, Unterkunft und Verpflegung, alles vom Feinsten. Kein schlechtes Leben für eine einundzwanzigjährige Frau, was?“
„Es sei denn, dieses Leben hätte anders verlaufen sollen“, meinte sie.
„Ah, schon wieder sind Sie Ihrer Mutter so ähnlich, Nikki. Beide pflichtbewusst und wunderschön.“ Er trank einen Schluck Wein. „Denken Sie an das, was einer unserer Philosophen einst sagte: ‚Im menschlichen Herzen werden ohne Unterlass Leidenschaften geboren. Fast immer entsteht eine neue, wenn eine alte vergeht.‘ “
Lysette schien dank ihrer Mission neue Energie gewonnen zu haben. Sie kam in den Raum zurückgeeilt und trug einen Aufbewahrungsbehälter von der Größe einer Schuhschachtel bei sich, der mit burgunderrotem und weißem Tapetenstoff verkleidet und mit farblich dazu passenden, zu Schleifen gebundenen Stoffbändern verziert war. „Offenbar war ich zu lange weg. Emile zitiert schon wieder Grundsätze.“ Sie stellte sich vor Nikkis Stuhl und sagte: „In dieser Schachtel befinden sich alte Fotos, die ich aufbewahrt habe. Es handelt sich um Bilder von Cynthia während ihrer Zeit mit Nicole, aber auch um Aufnahmen von den Reisen Ihrer Mutter. Cindy schrieb uns immer wundervolle Briefe. Wenn es Ihnen nichts ausmacht, würde ich sie jetzt lieber nicht zusammen mit Ihnen durchgehen. Ich glaube nicht, dass ich es momentan ertragen kann, sie zu sehen.“ Dann hielt sie Nikki die Schachtel hin. „Hier.“
Nikki streckte
Weitere Kostenlose Bücher