Richard Dübell
mit ihr zu treffen – nächstes Mal solle ich mich anmelden und all so einen Scheiß. Heirate bloß nie, Robert, und schon gar nicht eine Frau, bei der dir der Reißverschluss aufgeht, wenn du sie nur anschaust. So eine glaubt nämlich immer, dass sie dich in der Hand hat!«
»Was hat das mit der Idee zu tun?«
»Das dämliche Stück weiß nicht, dass Julia – das ist meine Tochter – und ich seit Jahren E-Mail-Kontakt haben. Ich hab mich von Flora abgesetzt, so schnell ich konnte, und bin zu Julias Schule gefahren. Polizeiausweis gezückt – und schon haben sich alle überschlagen, sie für ein paar Minuten aus der Klasse zu holen. Ich hätte ja sonst keine Gelegenheit gehabt, die Kleine zu sehen. Hab ich gerade ›die Kleine‹ gesagt? Ha! Bis du dich umschaust, werden aus Kindern Erwachsene und aus kleinen Mädchen Frauen. Meine Julia … die ist vielleicht ein Feger geworden. Alle Achtung. Ich wette, die Hälfte der Jungs in ihrer Klasse denkt an sie, wenn sie sich unter der Decke einen abnudeln.«
Robert, der sich angeekelt dabei fühlte, wie Harald seine eigene Tochter beschrieb, und außerdem den Eindruck nicht loswurde, dass Harald seiner Frage auszuweichen versuchte, erkundigte sich erneut: »Und was ist jetzt mit deiner Idee?«
Harald zögerte, dann zuckte er mit den Schultern. »Julia hat mir erzählt, dass die örtliche Zeitung einen großen Aufmacher über die Ausstellung und den Hochzeitsschmuck gebracht hat. Das Regionalfernsehen kündigt schon seit Tagen eine Pressekonferenz vor dem Start der Ausstellung an. Der Bayerische Rundfunk hat sich mit der Abendschau und mit Phoenix drangehängt, ein paar weitere überregionale Kleinsender haben sich angemeldet – und so gibt es einen großen Medienauftrieb auf der Burg. Ich wette, dass sich Blofeld das aussucht, um zuzuschlagen – eine günstigere Gelegenheit als das Durcheinander bei einer Pressekonferenz findet er so schnell nicht wieder. Und dabei werden wir ihn uns krallen.« Harald ballte die eine Hand zur Faust.
»Wann soll diese Pressekonferenz sein?«
»Am Samstagabend – morgen.«
»Harald, so lange können wir nicht warten. Du weißt, was wir vereinbart haben. Bis dahin kann die Obduktion des Juweliers ergeben, dass er mit deiner Waffe …«
»Ach was. Dazu müssen die Kollegen erst die Kugeln finden. Und die können sonst wo sein.«
»Ich verstehe nicht, wie du so gelassen sein kannst!«
»Weil alles gut wird, Robert! Worüber machst du dir Sorgen? Wir bringen Blofeld hinter Gitter, ich werde eine Aussage machen, die dich völlig entlastet, und dann wollen wir mal sehen, mit wie viel Dreck sie mich beschmeißen, wenn ich derjenige bin, der diesen Fall gelöst hat.«
»Sie werden dich nicht mit Dreck beschmeißen, sondern dir den Tod des Juweliers anlasten.«
Harald schnaubte. »Werd mir jetzt bloß nicht nervös, Robert! Gehen wir lieber frühstücken. In der Neustadt ist Wochenmarkt. Ich lad dich auf ein paar Weißwürste ein.«
13 .
Im Grunde waren die Proben einfach. Es ging nur darum, festzulegen, wo Flora und Connor die Kindergruppe platzieren würden und wo Peter – der Geist des Herzogs – sich versteckt halten sollte, um auf sein Stichwort zum Lagerfeuer zu kommen und dann mit seiner Geschichte zu beginnen. Bis dahin würden Flora und Connor die Kinder unterhalten.
Das Schwierige daran war Connors unbändige Kreativität. Kaum hatte Peter seinen Auftritt hingelegt, sagte Connor: »Das war toll! Aber pass auf – ich hab noch eine bessere Idee: Mach es mal so …«, und er spielte einen grandiosen Auftritt des herzoglichen Geistes vor. Wenn Peter sich bemühte, ihm nachzueifern, und nach zwei, drei Versuchen halbwegs zufrieden war, sagte Connor unfehlbar: »Jetzt fällt mir noch was anderes ein …!«
Dann hatte Peter eine Erscheinung. Die Erscheinung war groß, schlank und trug ihr langes Haar offen. Es war so blond, dass es im Vormittagslicht schimmerte wie eine Haube aus Gold. Ein Gesicht von perfekter Schönheit wurde durch einen Körper mit Idealmaßen ergänzt, der selbst in T-Shirt und Jeans atemberaubend aussah.
Die Erscheinung trat auf das gerodete Plateau hinaus, auf dem sich früher die Wirtschaftsgebäude der Burg befunden hatten, und sagte: »Nü, Gönnor, da haste dir aber ’n scheen romandsches Fleggschn oosjesucht, ne wohr?« Sie lächelte ein Lächeln, das jeden Säulenheiligen dazu gebracht hätte, sein Eremitendasein auf der Stelle aufzugeben und ein Leben in Wollust zu führen. Peter starrte
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