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Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Titel: Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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Entdeckung im Internet zu berichten, bevor nicht auch der Chefinspektor zur Runde gestoßen war.
    Was nicht geschah. Man wartete eine gute viertel Stunde, dann bemühte Albrich sich vergeblich, Lukastik über sein Handy zu erreichen. Ebensowenig schien sich Lukastik in der Wohnung seiner Eltern aufzuhalten, wo sich allein die Mutter mit abweisendem Ton meldete und meinte, daß wenn nicht einmal die Polizei wisse, wo ihr Sohn sich herumtreibe, seien gewisse Zustände in diesem Lande kaum verwunderlich.
    Albrich tat, als wüßte er nicht, wovon die Dame da sprach, dankte und legte auf. Dann sagte er: »Das ist nicht seine Art, unpünktlich zu sein.«
    Auch er selbst, der Major, fühlte sich unwohl, so ganz ohne Lukastik. Jeder in diesem Raum tat das, was ja nicht bedeutete, daß irgend jemand sich nach dem Menschen Lukastik sehnte. Man sehnte sich nicht einmal nach dem Kriminalisten, sondern ganz einfach nach der Person, welche eine ganz bestimmte Lücke füllte, wie dies unberechtigterweise von einer ganzen Reihe prominenter Leute aus Politik und Wirtschaft behauptet wird. Bei Lukastik aber war es tatsächlich der Fall. Er füllte eine Lücke, so wie ein bestimmtes Puzzlestück ein Bild komplettiert oder eine passende Lade in den Hohlraum unterhalb der Schreibplatte geschoben wird.
    In diesem Augenblick der Ratlosigkeit und des Stillstands ergab es sich glücklicherweise, daß jene Polizistin, welche die Durchsuchung von Egon Sternbachs Wohnung zu verantworten hatte, hereinkam, um dem Major einen vorläufigen Bericht abzuliefern. Einen Bericht, der nichts Neues brachte. Neu war jedoch für die Anwesenden, daß Lukastik – wie die Polizistin jetzt nebenbei erwähnte – um die Mittagszeit in Sternbachs Wohnung aufgetaucht sei.
    »Hat er gesagt, was er wollte?« fragte Jordan. Sein Verstand war ein einziges Mißtrauen.
    Die Polizistin faltete ihre Lippen und meinte: »Scheinbar hat er bloß nach dem Rechten gesehen. Sie wissen ja, daß er nicht darauf verzichten kann, den Kollegen auf die Finger zu klopfen. Komisch ist allerdings, daß keiner von uns gesehen hat, wie er das Gebäude wieder verließ. Nicht, daß jemand wirklich darauf geachtet hätte. Warum auch? Aber ich hatte an einem jeden Zugang Leute postiert. Für alle Fälle. Und als ich jetzt von Alterlaa fort bin, da hat sich  … na ja, die Kollegen und ich haben über Lukastik gesprochen und wie arrogant ein Mensch sein kann. Und aus dieser Plauderei hat sich also ergeben, daß niemand hätte schwören können, daß Lukastik aus dem Haus auch wieder hinaus ist. – Was soll’s? Vielleicht hat einer auf seinem Posten geschlafen.«
    »Was ist mit dem Dach?« fragte Albrich.
    »Ist natürlich noch immer abgesperrt. Jedenfalls ist Lukastik dort oben nicht aufgetaucht. Er kann uns also nicht davongeflogen sein.«
    »Keine Ironie. Bitte!« ersuchte Albrich. Tatsächlich hielt er Ironie für eine üble Sache, geeignet, das Verhältnis der Menschen zu beeinträchtigen. Schon wegen der Ungenauigkeit, die der meisten Ironie innewohne.
    »Da gibt es noch eine weitere Merkwürdigkeit«, sagte Jordan, ein wenig kleinlaut, weil er nicht gleich zu Anfang davon gesprochen hatte. Er begann nun, von jener Webseite zu berichten, die einen Blick auf neunundvierzig Örtlichkeiten der städtischen Unterwelt bot, vielleicht um das Ausgehöhlte und Unterwanderte dieser Welt zu dokumentieren. Vielleicht aus bloßer Lust an der technischen Raffinesse. Vielleicht sogar, eine gewisse Illegalität vorausgesetzt, im Dienste einer journalistischen Beweisführung, die aufzeigte, wie leicht es war, private Kameras an öffentlichen Plätzen zu installieren, auch an heiklen Orten wie dem Keller des Bundesministeriums für Landesverteidigung.
    Wirklich überrascht waren die Anwesenden zunächst einmal nicht. Seit das Internet einer breiten Öffentlichkeit zur Verfügung stand, hielt sich jedermann für einen Künstler oder Soziologen oder Aufklärungsjournalisten, und es wurden unentwegt tatsächliche oder vermeintliche Staatsgeheimnisse entlarvt. So gesehen waren ein paar ungesetzlich entstandene Keller- und Tunnelaufnahmen wahrlich nicht umwerfend.
    Freilich hob der Puls der Zuhörer an, als Jordan jetzt erklärte, daß gemäß einer dieser Live-Übertragungen nicht nur eine Art unterirdischer See im Bereich der Wohnhausanlage von Alterlaa zu bestehen scheine, sondern daß sich in selbigem Gewässer wenigstens ein Exemplar eines Fisches aufhalte, das über eine Rückenflosse verfüge, die

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