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Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Titel: Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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recht eindeutig an die eines Hais erinnern würde.
    »Das hat uns gefehlt«, meinte Albrich. Und meinte es im übertragenen Sinn.
    »Ich will aber gar nicht ausschließen«, beeilte sich Jordan zu erklären, »daß es sich bei dieser Aufnahme um eine Fälschung handelt. Was ich gesehen habe, war nicht mehr als ein Bild auf dem Monitor. Und wir wissen ja, daß von zehn Bildern auf dieser Welt neun eine Finte darstellen. Was soll ich also sagen?«
    Edda Boehm meinte, daß angesichts der bisherigen Ereignisse ein unter den Hochhäusern von Alterlaa gelegener See nicht gerade das Verrückteste sei, was man sich vorstellen könne.
    »Ein darin lebender Hai aber schon«, sagte jener namenlose Mann, der ja auch noch hier saß und entweder für die hiesige Regierung oder den hiesigen Geheimdienst arbeitete.
    »Wir werden glauben, was wir auch sehen«, verkündete Albrich pathetisch, mit einem Mal aufgeweckt, als bräuchte er bloß diesen einen Fall zu einem Ende führen, um dann den Rest seines Lebens in einer Opernloge zu verbringen.
    Er gab die Anweisung, mehrere Experten und Mitarbeiter von ihren sonntäglichen Vergnügungen an ihre Arbeitsplätze zu kommandieren. Sodann sollten die Initiatoren jenes Werk Stadt-Teams ausfindig gemacht werden (übrigens wurde nie geklärt, was eigentlich der Begriff odyb zu bedeuten habe; genauer gesagt, es wurde nie danach gefragt). Auch wenn diese Leute mit dem Tod Oborins nichts zu tun hatten – wovon auszugehen war –, so hatten sie dennoch eine Kamera an jenem mysteriösen Ort postiert und wußten somit über die genaue Lage und den Zugang zum See Bescheid.
    Gleichzeitig wurde eine Mannschaft zusammengestellt, die sich augenblicklich nach Alterlaa zu begeben hatte, unter ihnen auch Jordan und Boehm, während Albrich zurückblieb, um die Einsätze zu koordinieren. Im Rücken jenen Regierungs- oder Geheimdienstmenschen, der nebenbei gesagt nichts von einem Wüterich an sich hatte, sondern aussah, als sei er in die eigene legere Körperhaltung verliebt. Genau genommen war er damit beschäftigt, die Härchen auf seinem Handrücken in eine gleichmäßige Lage zu befördern. Aber was wußte man schon?
    Zum Abschied sagte Albrich, wobei unklar blieb, wen genau er ansprach: »Bringen Sie mir unseren Herrn Lukastik zurück.«
    Die Stimmung in diesem Moment war schlichtweg rührselig zu nennen. Woraus sich ein im psychischen Sinn lästiges Wetter ergab. Ein Wetter, aus dem Jordan, Boehm und die andere Frau geradezu flüchteten.

20       Von Lukastik keine Spur. Und auch keine Spur von einem unterirdischen Gewässer. Sowohl das Stadtbauamt als auch der verantwortliche Stadtrat, und erst recht jene für die Wohnhausanlage zuständige Verwaltung dementierten vehement, daß Hinweise auf einen See bestanden. Oder etwas in der Art eines Sees. Absurd! Die bloße Vorstellung wurde als lächerlich, als ein Schabernack der Betreiber jener Internetseite abgetan. Wobei sich rasch herausstellte, daß es sich bei besagtem Werk-Stadt-Team keineswegs um irgendeine experimentelle Stadtguerilla handelte, sondern um eine Gruppe zumeist älterer Damen und Herren, die sich an der Volkshochschule kennengelernt und einige nicht uninteressante Projekte ins Leben gerufen hatten. Darunter jene Livecam-Installation namens odyb , welche übrigens vollkommen legal zustande gekommen war. So hatte man die Kameras mit Erlaubnis der jeweiligen Hausbesitzer als auch der Gemeindeämter und der Wiener Verkehrsbetriebe aufgestellt. Sie dienten mitnichten der Demonstration illegitimer Einblicke. Jordan hätte nichts anderes zu tun brauchen, als sich mittels eines einzigen Links das theoretische Konzept der Initiative zu Gemüte zu führen. Das Projekt als Ganzes besaß einen eher formalistischen Anspruch und war sogar mit einem Medienpreis belohnt worden.
    Darüber gab nun der Kursleiter jener Volkshochschule telephonisch Auskunft, wobei er allerdings einräumen mußte, vollkommen überfragt zu sein, wer von den vielen Mitarbeitern es eigentlich gewesen war, der den unterirdischen See entdeckt und die durchaus komplizierten Bedingungen einer Liveschaltung erfüllt hatte. Allerdings sei auch ihm, dem Kursleiter, bereits die Idee gekommen, es handle sich bei dieser Übertragung um eine Fälschung, wogegen er persönlich nichts einzuwenden habe, da Fiktionen nicht nur einen Teil heutiger Erlebniswelt, sondern der Wirklichkeit an sich darstellen würden. Um so mehr im Falle eines Ortes, der öffentlich nicht zugänglich

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