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Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Titel: Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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doch wohl eine Nachricht für mich hinterlassen.«
    »Ja. Er bittet um ein wenig Geduld. Und schlägt vor, daß Sie sich ein Zimmer im Hotel nehmen. Er wird mit Ihnen in Kontakt treten. Heute abend noch.«
    »Verflucht, was bildet er sich eigentlich ein? Ein Großaufgebot der Polizei ist hinter ihm her, und er tut so, als könnte man die Geschichte bei einem Gläschen Wein regeln.«
    »Von Alkohol war nicht die Rede.«
    Unbeirrt erklärte Lukastik: »Ich müßte augenblicklich den Befehl geben, das gesamte Gelände auf den Kopf zu stellen.«
    »Was würde das bringen?« fragte Dr. Gindler. »Sternbach will sich mit Ihnen treffen. Ich kann mir dafür keinen anderen Grund denken als ein Geständnis. Ganz offensichtlich will er sich stellen. Aber sicher nicht einer Horde von Beamten, deren Spezialität darin besteht, ganze Gelände auf den Kopf zu stellen.«
    »Es gibt ein paar gute Gründe für mich, auf Nummer Sicher zu gehen.«
    »Genau das tun Sie«, erklärte Dr. Gindler, »indem Sie mit Sternbach reden und sich anhören, was er zu sagen hat. Danach können Sie ihn festnehmen. Das wäre eine elegante, unaufgeregte Lösung. Ohne das Gebell von Polizeihunden.«
    Im Grunde entsprach dies genau der Vorstellung Lukastiks. Dennoch machte er der Ärztin eine Vorhaltung: »Sie sorgen sich um die Ruhe Ihres Sanatoriums.«
    »Hm, ich weiß nicht recht«, zögerte Dr. Gindler und meinte dann, ein wenig Aufregung könne eigentlich nicht schaden. Die meisten Rekonvaleszenten würden sich langweilen und trotz optimaler Betreuung und diverser Freizeitprogramme die Länge der Tage beklagen. Nein, die Ruhe ihres Instituts sei wirklich nicht der Punkt. Niemandes Genesung wäre durch einen solchen Polizeieinsatz gefährdet. Außer natürlich, es würde geschossen werden. Aber davon gehe sie nun wirklich nicht aus. Sie halte Schießereien für eine seltene Übertreibung.
    Lukastik nickte zustimmend. Dann fragte er: »Weshalb war Sternbach eigentlich Ihr Patient? Vor zehn Jahren, sagten Sie. Das war also 1993.«
    »Davon soll er Ihnen selbst erzählen. Heute abend.«
    »Ich könnte Sie zwingen, mir seine Krankengeschichte vorzulegen.«
    »Sie könnten eine ganze Menge, vorausgesetzt, Sie wären einer von diesen Berserkern. Aber das glaube ich nicht. Sternbach hätte Sie sonst kaum hierhergelotst. Er hat Sie doch gelotst, nicht wahr?«
    »In gewisser Weise«, sagte Lukastik, unterließ es aber, über die näheren Umstände zu sprechen. Statt dessen zeigte er sich verwundert, daß kaum jemand sich dafür zu interessieren scheine, wie Tobias Oborin ums Leben gekommen sei.
    Dr. Gindler zuckte mit der Schulter und meinte: »Ich denke, ich werde die ganze Wahrheit aus der Zeitung erfahren. Wozu also mich schon jetzt damit belasten. Außerdem: Tot ist tot.«
    »Schön«, meinte Lukastik, »daß jemand noch an die Wahrheit glaubt. Und an die Zeitung.«
    »Unbedingt«, sagte die Ärztin und erhob sich. Sie habe noch zu tun, sei aber gerne bereit, im Hotel anzurufen. »Ich kann veranlassen, daß man Ihnen ein Zimmer richtet.«
    »Zwei Zimmer. Ich bin mit einer Zeugin hier.«
    »Zwei Zimmer, gerne.«
    »Ich weiß aber nicht, ob ich versprechen kann   …«
    »Wie Sie vorgehen, Herr Chefinspektor, ist Ihre Sache. Ich bin überzeugt, daß Sie etwas von Ihrer Arbeit verstehen.«
    »Wir werden sehen«, hob Lukastik seine Augenbrauen an und drückte sich nun seinerseits aus dem Fauteuil heraus, nicht ohne Bedauern. Von den beiden hündischen Philosophen einmal abgesehen.
    Lukastiks verborgene Sehnsucht tendierte in Richtung einer grundlegenden Rekonvaleszenz, strenggenommen einer Heilung vom Leben an sich. Und genau davon – nämlich in einem bequemen Stuhl zu sitzen und mit einer charmanten Person wie Frau Dr. Gindler zu plaudern, etwa über Tyrannenmord –, ja, genau davon hätte er sich eine solche Heilung versprochen.
    Statt dessen war er gezwungen, seine Rolle zu erfüllen und ein Spiel zu Ende zu spielen. Wieder einmal spürte er deutlich seine Glieder. Auch machte sich ein unangenehmes Kratzen im Hals bemerkbar, wie von zuviel Zigaretten. Woran es aber nicht liegen konnte. Möglicherweise kündigte sich eine Grippe an. Doch das brauchte Lukastik nicht zu erschrecken. Es geschah ihm immer wieder, daß eine Grippe anklopfte. Mehr als dieses Anklopfen geschah selten. Lukastiks Grippen waren wie Bojen, die man sah, aber nie erreichte.
    Eine Tablette freilich konnte nicht schaden, weshalb er die Ärztin fragte, ob sie vielleicht ein Aspirin

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