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Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische

Titel: Richard Lukastik Bd. 1 - Nervöse Fische Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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meisten Verbrecher wollen das eigentlich. Sie wollen gefaßt werden.«
    »Also, ich weiß nicht«, zweifelte der Major.
    »Doch, doch«, bestand Lukastik auf seiner Ansicht. »Flucht ist nur ein Affekt. Die Leute genieren sich, nicht zu flüchten. Sie glauben, man würde es von ihnen erwarten. Wenn es dann zu einem Unglück kommt, einer Schießerei, einer Geiselnahme, einem unsinnigen Mord, dient selbst das noch der Erfüllung einer Erwartungshaltung. Einer vermeintlichen. Der Verbrecher glaubt, der Polizei einen Gefallen zu tun, indem er sich rabiat verhält.«
    »Ich war noch nie ein Freund Ihrer Theorien«, gab sich der Major ungewöhnlich direkt.
    »Wie auch immer«, blieb Lukastik gelassen, »wir sollten Sternbach die Möglichkeit geben, seine Inszenierung zu Ende zu bringen. Und ihn nicht etwa durch das martialische Auftreten einer Spezialtruppe verunsichern. Wir wissen ja gar nicht, wo genau er sich aufhält. Nein, es ist besser, auf seinen Wunsch einzugehen. Ich warte hier auf ihn und werde mir anhören, was er zu sagen hat. Sollte es nötig sein, können die Kollegen später immer noch aktiv werden.«
    »Was denn? Sollen wir zusehen, wie Sie sich eine Kugel einfangen?«
    »Ihre Sorge ehrt mich. Aber ich kann die Gefahr nicht erkennen. Ein Gespräch, ein Geständnis, eine Verhaftung. Nichts sonst.«
    »Also gut«, gab der Major nach, »ich will mich auf Ihr Geschick verlassen. Aber wir werden natürlich in Ihrer Nähe sein. Und ich beschwöre Sie: Es darf niemand von den Hotelgästen zu Schaden kommen. Keine weiteren Fehler. Keine weiteren Polizisten, die sich übertölpeln lassen. Keine unglücklichen Verbindungen. Apropos! Was ist mit dieser Esther Kosáry?«
    »Die sitzt draußen im Foyer und schläft.«
    »Ich schicke Ihnen Jordan. Er soll das Mädchen abholen. Ich will nicht, daß diese Kosáry wie eine wandelnde Zielscheibe durch die Gegend läuft.«
    »Niemand hat vor«, verkündete Lukastik, »ihr etwas anzutun.«
    »Was Sie nicht sagen«, höhnte der Major. »Und deshalb also wollten Sie sie nach Ungarn schicken.«
    »Das hatte taktische Gründe.«
    »Jesus, Maria«, rief Albrich aus. Fing sich aber sogleich wieder. »Esther Kosáry ist die Freundin des Toten. Solange Sternbach frei herumläuft, will ich, daß dieses Mädchen bewacht wird. Wir können uns nicht erlauben, daß noch jemand in ein Haimaul fällt. Das ist doch nachvollziehbar, oder?«
    »Absolut.«
    »Was Sie noch wissen müssen, Lukastik, wir haben eruiert, daß Sternbach in dem Haus, auf dessen Dach wir den Toten gefunden haben, eine kleine Wohnung gemietet hat. Kollegen sind gerade dabei, die Räume zu durchsuchen. Eine nicht weiter auffällige, kleine Singlewohnung, so scheint es. Kein Hai in der Badewanne. Allerdings einer auf einer Fotographie, die wir zwischen den Seiten eines Buches gefunden haben.«
    »Was für ein Foto? Und was für ein Buch?«
    »Das Bild soll nicht viel hergeben. Eine Schwarzweißaufnahme, auf der recht verschwommen der Kopf eines Hais zu erkennen ist. Ein Amateurfoto. Im Grunde nichts Ungewöhnliches, müßte man nicht die Umstände bedenken. Dazu kommt, daß es sich bei dem Buch um ein Werk unseres toten Herrn Oborin handelt. Ein verheißungsvoller Titel: Handschrift und Lüge .«
    »Und? Ist der Abzug irgendwie beschriftet? Oder vielleicht die Seiten des Buches?«
    »Nichts davon«, sagte der Major. »Wie es aussieht, hat das Foto als simples Lesezeichen gedient.«
    »Dann hoffe ich, daß die Spurensicherung nicht die Seiten verblättert hat, zwischen denen dieses sogenannte Lesezeichen lag.«
    »Unsere Leute sind keine Anfänger«, stellte sich der Major hinter seine Mannschaft, freilich ohne echte Überzeugung. Er versprach, die Beamten in Sternbachs Wohnung nochmals auf die Wichtigkeit von Foto und Buch und vor allem auf die mögliche Bedeutung einer mittels Lesezeichen herausgehobenen Stelle hinzuweisen. Dann resümierte er: »Jordan holt das Mädchen. Der übrige Teil der Mannschaft geht in Position. So unauffällig als möglich. Außerdem finde ich, Lukastik, wir sollten Sie mit einem Sender ausstatten.«
    »Nein«, sagte der Chefinspektor. In dieser Hinsicht war seine Ablehnung eine strikte. Er hielt Sender, Wanzen und ähnliches Ungeziefer für kontraproduktiv, ja gefährlich, zudem für clownesk. Die ganze Abhörtechnik erschien ihm clownesk, ein Witz aus Agentenfilmen, der Wirklichkeit geworden war. Nichts für ihn.
    »Ihr Dickschädel kostet mich meine letzten Nerven«, erklärte der

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