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Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz

Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz

Titel: Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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Dort wollte er Clara an ihre Mutter übergeben. Das war ihm ohnehin lieber, als die Wohnadresse Yasminas aufsuchen zu müssen und zu riskieren, dem guten Ugo über den Weg zu laufen.
    Der Fahrer blieb stumm. Keine Bemerkung über den Fußball. Keine Bemerkung zum Machtwechsel im Lande. Auch nicht der Versuch, Olander als den Ausländer zu entlarven, der er trotz eines recht passablen Italienisch ja war. Im Gegensatz zu seiner Tochter, die praktisch mit dem Aufsetzen der Maschine ihre Vatersprache durch ihre Muttersprache ersetzt hatte und nun ihrem Papa im Stil einer kleinen Fremdenführerin erklärte, was man rechts und links der breiten, geraden Schnellstraße zu sehen bekam.
    Der Papa nickte geduldig. Er konnte diese Stadt so wenig leiden, wie er Ugo leiden konnte. Ugo und die Stadt waren sich total ähnlich. Eine Verbindung aus Kultur und Unterwelt, aus Boheme und Buchhalterei. Yasmina war da anders gewesen. Zumindest hatte Olander das geglaubt. Was von diesem Glauben geblieben war, wußte er nicht. Er hatte Yasmina aus den Augen und aus dem Kopf verloren. In jeder Hinsicht. Auch wenn er ihr regelmäßig begegnete, hätte er nicht sagen können, wie sie jetzt aussah, zufrieden oder nicht, erschöpft oder vital. Hübsch, ja. Aber was war nicht alles hübsch?
    Egal! Er war in Ugo-Land und wünschte sich, sobald als möglich wieder hinauszukommen. So gesehen war das von ihm sonst so nachlässig behandelte Wien sein Paradies. Wenigstens eine recht komfortable Trutzburg, in die er in zwei Stunden wieder zurückkehren durfte. Aber genau daraus sollte nichts werden.
    Es geschah, als man sich bereits im Gewirr der Innenstadt befand. Das Taxi fuhr in korrekter Weise über eine Kreuzung. Nachher hieß es, auch der Kleinlaster habe vorschriftsmäßig den Platz gequert. Möglicherweise sei eine der Ampeln defekt gewesen. Möglicherweise… Es würde nie klar werden, wen die Schuld traf. Jedenfalls krachte der Lastwagen ungebremst in die linke Flanke des Taxis und wurde sodann von einem weiteren, hinten auffahrenden Wagen tiefer in die Karosserie des Taxis hineingetrieben. Derart, daß der Mann, der an eine Spitzmaus erinnerte, von einem Teil dieser Karosserie erdrückt wurde. Der Sitz, auf dem der im Sekundenbruchteil getötete Taxifahrer saß, verbog sich nach hinten und schloß den Unterkörper des rückwärtig sitzenden Vinzent Olander ein. Olander schrie auf. Es war, als habe eine Falle zugeschnappt. Oder ein riesiges Maul. Währenddessen schlitterte das getroffene Taxi ein paar Meter über den Platz und krachte vergleichsweise sanft in einen zuvor abgebremsten Kleinwagen. Endlich kamen alle zu stehen. Ein Moment der Ruhe trat ein. Eine Sprachlosigkeit. Eine taghelle Nacht. Ein mumifiziertes Leben. Nicht ganz. Man vernahm das Geräusch aufsteigender Tauben. Wie in einem Stadion in Erwartung der Hymne. Oder bevor der Papst spricht. Gleich darauf brach der Lärm mit doppelter Kraft los. Die Leute brüllten durcheinander, rannten über die Straße, flüchteten kopflos, rissen ihre Handys aus den Taschen. Jemand schrie, er sei Arzt. – Immer schreit jemand, er sei Arzt. Fehlte eigentlich nur jemand, der schrie, er sei Totengräber.
    Aus dem Zustand zusammengepreßter Augen und zusammengepreßter Lippen und eingequetschter Beine erwachte Olander aus einer winzigen Ohnmacht, einem kleinen Traum, in dem päpstliche Tauben in einen bitterblauen Gewitterhimmel geflogen waren. Er erwachte und sah augenblicklich neben sich. Schneller als er denken konnte. Schneller als er sich fürchten konnte vor dem, was er zu sehen bekam. Sodaß nun eine Erleichterung auf eine noch gar nicht eingetretene Furcht folgte. Die Erleichterung, daß Clara unverletzt schien.
    »Sag etwas, Clara, sag etwas!« flehte Olander, in eine andere Furcht geratend, die nämlich, einer Täuschung zu erliegen. Aber die Furcht war unbegründet.
    »Mir tun die Gurte weh«, sagte Clara. Sie weinte eine kleine Träne. Dabei hätte sie jetzt wirklich heulen dürfen. Doch sie gehörte zu den Kindern, die sich ihre Tränen aufsparten für später. Wenn man dann erwachsen war und auch noch weinen wollte.
    »Moment! Moment, Schatz!« keuchte Olander und öffnete Claras Gurt.
    Dann bemerkte er das Feuer. Es brach vorn aus den Luftschlitzen der Motorhaube. Olander rief Gott an und versuchte ohne Rücksicht gegen die eigenen Knochen seine Beine zu befreien. Doch sie steckten fest. Der Fahrersitz lag wie ein Schneckengehäuse um Olanders untere Körperhälfte. Weshalb Olander

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