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Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz

Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz

Titel: Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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sagen wollen?«
    »Was sollte das sein?«
    »Etwas, daß ich wissen müßte, um Ihre Tochter zu finden. Wenn Sie denn wollen, daß ich sie finde.«
    »Hören Sie…« Olander ballte seine Hand zur Faust, als versuche er, seine Lebenslinie in einen Rohdiamanten zu pressen.
    »Schon gut. Ich weiß, daß Sie Angst haben um Ihr Kind. Darum sitze ich ja hier und stelle unangenehme Fragen. Etwa, ob Sie eine Ahnung haben, wer diese Frau sein könnte, die Clara aus dem Wagen gehoben hat.«
    »Nein, keine Ahnung, nicht die geringste. Sie müssen wissen, daß ich nach Mailand nur komme, um meine Tochter an ihre Mutter zu übergeben. Aus keinem anderen Grund. Ich mag die Stadt nicht besonders. Ich habe hier keine Freunde und keine Verpflichtungen. Auch keine Feinde. Keine Geliebte, gar nichts.«
    »Der neue Mann Ihrer Frau, Ihrer geschiedenen Frau, Signore…«
    »Ugo Albani.«
    »Ja, wie ist das Verhältnis zwischen Ihnen beiden?«
    »Wir gehen uns aus dem Weg. Oder sagen wir besser, ich gehe ihm aus dem Weg.«
    »Wieso?«
    »Ein aalglatter Typ. Ich hätte Angst, an ihm auszurutschen. Das ist es aber auch schon. Es gibt keine Konkurrenz, wenn Sie das meinen. Es gibt auch keinen Streit um das Kind. Also auch keinen Grund, etwa eine Entführung vorzutäuschen. Abgesehen davon konnte doch niemand diese Katastrophe vorausahnen. Nein, alles ist ein Zufall. Die Wagen stießen zusammen, und diese Frau war gerade zur Stelle.«
    »Und wieso hat sie das Kind mitgenommen? Spekulieren Sie einmal«, forderte der Polizist.
    »Weil sich die Gelegenheit bot«, sagte Olander. »Was ihr im ersten Moment vielleicht noch gar nicht bewußt gewesen war. Ich will es so sagen, auch wenn es mich selbst in keiner Weise beruhigt und auch sonst niemand beruhigen wird: Diese Frau hatte den Blick eines guten Menschen.«
    »Warum entführt ein guter Mensch ein kleines Mädchen?«
    »Ich würde alles darum geben, das zu wissen«, sagte Olander. Seine zuvor erhobene Faust verkrallte sich in der Bettdecke. Olander schwitzte Ströme. Sein ganzer Körper weinte. Durch seinen Kopf zogen schreckliche Bilder, Bilder von all den Dingen, die mit einem kleinen Mädchen geschehen konnten.
    Longhi ahnte, was in Olander vorging. Aber er sagte nichts. Es war nicht seine Art, etwas schönzureden. Natürlich mußte eine solche Entführung nicht gleich bedeuten, daß dem Kind Schmerzen zugefügt wurden. Über die unvermeidlichen Schmerzen hinaus. Aber wenn Olander recht hatte und sich die Möglichkeit der Entführung zufällig ergeben hatte, dann war die Chance gering, daß jemand sich melden und Forderungen stellen würde. Selbst im günstigsten Fall bedeutete es wohl, daß eine kinderlose Frau auf diese Weise versuchte, sich einen fremden Nachwuchs einzuverleiben. Das kam immer wieder vor. Die Kinderlosigkeit machte manche Leute verrückt und vollkommen skrupellos. Diese Leute taten Erschreckendes. Ihr Schuldbewußtsein dabei war gleich null. Was auch der Grund war, daß man sie selten erwischte. Gemäß Longhis kriminalistischer Erfahrung hinterließ jedes Schuldgefühl eine Spur, einen Hinweis, gewissermaßen ein Zeichen der Empörung durch das bessere Ich, den Moralisten im Verbrecher. Aber diese Männer und Frauen, die ihre Unfruchtbarkeit nicht akzeptierten und nach fehlgeschlagenen Adoptionsversuchen und gescheiterten medizinischen Manipulationen dazu übergingen, ein Kind schlichtweg zu stehlen, empfanden die eigene Tat stets als gerecht. Vor allem weil diese Leute überzeugt waren, dem geraubten Kind sehr viel bessere Eltern zu sein als die tatsächlichen. Ja, daß die biologischen Eltern dieses Kind gar nicht verdienten und somit der »Austausch« geradezu ein gottgewollter sei, eine ethisch einwandfreie Korrektur. Solche Leute also litten in keiner Sekunde an Schuld oder Reue und hinterließen somit auch keine Spur eines solchen Gefühls. Das war das Problem.
    Aber diese Variante war eben nur eine von vielen. Eine Variante, die man jeder anderen vorzog.
    »Ich hole jetzt einen Kollegen«, sagte Longhi, »der mit Hilfe Ihrer Beschreibung ein Phantombild der Frau herstellen wird.«
    »Und was werden Sie dann tun?«
    »Es gibt immer zwei Wege, die man in einem solchen Fall einschlägt. Den offiziellen, indem wir Zeugen befragen, die Flughäfen kontrollieren, die Bahnhöfe, unsere Beamten ausschicken, die Bevölkerung um Mithilfe bitten und so weiter. Und dann gibt es den inoffiziellen Weg. Wir haben unsere Kontakte, unsere Spitzel und V-Leute. Wenn es um ein Kind

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