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Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz

Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz

Titel: Richard Lukastik Bd. 2 - Mariaschwarz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinrich Steinfest
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durchgehenden Kapsel aus dickem Acrylglas, sodaß man einen Panoramablick auf die gesamte Umgebung hatte. Lukastik sah hinüber auf die Menge der Schaulustigen, die hinter dem gelben Band wie aufgefädelt standen. Frauen, Kinder, Männer, ganz normal.
    Normal?
    Wie normal ist wasserstoffgebleichtes Haar? Lukastik bemerkte den hellen Kopf, diese radikale Verblondung eines Schopfes, bemerkte die Frau in der Menge. Sie hielt ein Kind an der Hand. Es mußte sich bei der Frau um die gleiche Person handeln, die Lukastik in der Fabrik gesehen hatte, als sie für einen kurzen Moment in den Gang getreten war.
    Lukastiks sechster Sinn rührte sich. Ganz in der Art eines Kükens, das endlich aus seiner Eischale bricht.
    So sehr Lukastik Handys und Fotoapparate verabscheute, so sehr schätzte er Feldstecher. Mit Feldstechern verband er die schönsten Erlebnisse seiner Jugend. Feldstecher hatten ihm stets die Sicherheit gegeben, Dinge aus der Nähe betrachten zu können und ihnen gleichzeitig ferne zu sein. Wobei hier nicht von Voyeurismus die Rede ist. Keine nackten Frauen und so. Sondern Architektur, Landschaft, Oper.
    Lukastik zog das handliche Utensil aus seiner Tasche, ein Birdwatching-Gerät von Verlaine, eine Firma, die eigentlich für ihre Pistolen berühmt war, aber auch ganz wunderbare Ferngläser herstellte. Die optischen Apparate von Verlaine waren eine Garantie dafür, daß man genau das ins Auge bekam, was man auch bekommen wollte.
    Im Falle Lukastiks war das nun jene durch die Hotelzimmer und die Büros dieser Stadt fegende und wischende blondierte Person, die bisher von niemand beachtet worden war. Daß dies ein Fehler gewesen war, dämmerte Lukastik jetzt. Auch wenn er sich nicht ganz sicher sein konnte. Darum kramte er das Foto hervor, welches das Ehepaar Kasos zusammen mit dem Papst zeigte. Natürlich, hier auf dem Foto war eine explizit dunkelhaarige Frau mit einem relativ hellen Gesicht zu sehen, während dort draußen am Ufer eine explizit hellhaarige Frau mit einem relativ dunklen Gesicht stand. Und dennoch, die Züge waren die gleichen, der gleiche feste Blick, die gleiche kantige Fülle des Gesichts, der gleiche Eindruck des Schwarzen und Weißen, bloß vertauscht, auf dem Foto schwarzweiß, drüben an Land weißschwarz.
    Lukastik war nun überzeugt, daß sich unter den Schaulustigen Irene Kasos befand, ihre Tochter Chiara an der Hand.
    »Schnell, schauen Sie mal«, packte Lukastik Olander an der Schulter, drückte ihm den Feldstecher in die Hand und gab Anweisung, in welche Richtung er sehen und welchen Punkt er anvisieren mußte: ein von seinen Farbpigmenten befreites Haar. Beziehungsweise das Gesicht darunter.
    »Wieso?«
    »Fragen Sie nicht, machen Sie schon. Sie werden gleich verstehen.«
    O ja, Olander verstand schnell. Unter den beiden Röhren des Verlaine-Glases stöhnte er ein »Das kann nicht wahr sein!« hervor.
    Gleichzeitig mit dieser Anrufung startete der U-Boot-Pilot das strahlendgelbe Vehikel, welches die hübsche Bezeichnung 333 trug.
    »He! Bleiben Sie oben!« rief Lukastik.
    Marlies Herstal wandte sich um und sah den Chefermittler verärgert an: »Was schreien Sie so?«
    »Wir müssen zurück.«
    »Hören Sie«, sagte Herstal, »wir sind jetzt nicht auf der Polizeiwache. Hier habe ich das Kommando. Wir tauchen. Geht das in Ihren Kopf, Inspektor?«
    »Aber draußen…« Lukastik verstummte. Ihm war klar, daß Marlies Herstal sich von keinem Argument würde abhalten lassen, diesen Tauchgang fortzusetzen. Dies war ihre letzte Chance, etwas zu finden. Etwas, das mehr Beachtung finden würde als irgendeine neuartige Süßwasserschnecke. Mit neuartigen Schnecken konnte man vielleicht ein paar Kollegen beeindrucken, doch nicht die Welt. Genau das aber wollte Herstal, die Welt erobern, am besten die ganze. Sie wollte Geschichte schreiben.
    Während die 333 in leichter Schrägstellung abwärts glitt und bereits nach wenigen Metern in ein beträchtliches Dunkel gelangte, wandte sich Lukastik an Olander: »Es stimmt doch, diese Frau dort draußen, das muß Irene Kasos sein, oder?«
    Olander blickte starr auf ein grünes Pünktchen, das sich über einen der Monitore bewegte. Er stammelte etwas Unverständliches. Offenkundig war er fassungslos. Fassungslos ob der eigenen Blindheit, mit der er drei Jahre geschlagen gewesen war.
    Lukastik faßte Olander am Handgelenk und holte ihn mit einem kräftigen Druck ins Diesseits zurück.
    Olander zuckte. Dann sagte er: »Ja. Das ist Irene.«
    Er erinnerte

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