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Richter 07

Richter 07

Titel: Richter 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gulik
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früher begangenes Verbrechen öffentlich bekanntmachen. Schließlich, daß Ihr in der Nacht, als der Akademiker starb, in der Nähe des Roten Pavillons gesehen wurdet. Sind diese Behauptungen wahr?«
    Feng war aschfahl geworden. Er biß sich auf die Lippen und suchte nach Worten. Da erhob seine Tochter den Blick und sagte ruhig:
    »Natürlich sind sie wahr. Es hat keinen Zweck, es abzuleugnen, Vater. Die ganze Zeit über hatte ich das Gefühl, daß es herauskommen würde.« Feng wollte etwas sagen, doch schnell ergriff sie wieder das Wort, indem sie dem Richter offen in die Augen schaute: »Hier ist, was sich zugetragen hat. Am Abend des Zusammenstoßes bestand der Akademiker darauf, sich persönlich bei mir zu entschuldigen. Seine Rede war von angemessener Höflichkeit, doch sobald meine Zofe gegangen war, um den Tee zu bringen, wurde er zudringlich. Er bestürmte mich mit schmeichlerischen Redensarten und sagte, da unsere Boote nun einmal die ganze Nacht Seite an Seite lägen, könnten wir uns die Zeit nutzbringend vertreiben. Dieser Mensch war von seiner Unwiderstehlichkeit und Wichtigkeit so überzeugt, daß ihm gar nicht der Gedanke kam, ich könnte mich weigern, mit ihm zu schlafen. Als ich das tat, und zwar in unmißverständlicher Weise, geriet er in schreckliche Wut und schwor, er würde mich auf jeden Fall besitzen, ob ich wollte oder nicht. Ich ließ ihn stehen und schloß mich in meine Kabine ein. Nachdem ich heimgekehrt war, sagte ich meinem Vater nichts von dem Vorgefallenen, aus Angst, er könne Streit mit dem Akademiker und Unannehmlichkeiten bekommen. Das war der ganze Zwischenfall nicht wert, denn offenbar war der Mann betrunken gewesen.
    Am Nachmittag desselben Tags, an dem er starb, schickte mir der elende Schurke jedoch eine Botschaft des von Euch wiedergegebenen Inhalts.«
    Feng öffnete den Mund zum Sprechen, doch legte sie ihre Hand auf seine Schulter und fuhr fort:
    »Ich liebe meinen Vater, Herr, ich würde alles tun, um ihm beizustehen. Und es waren tatsächlich Gerüchte im Umlauf gewesen, die wissen wollten, daß mein Vater einst, vor vielen Jahren, etwas getan habe, das ihm zum Schaden ausgelegt werden könnte. An jenem Abend machte ich mich daher auf und lief zum Roten Pavillon. Ich stahl mich durch die Hintertür hinein, unbemerkt. Li Liän saß am Tisch und schrieb gerade etwas. Er zeigte sich hocherfreut über mein Kommen, lud mich zum Sitzen ein und prahlte, er hätte den Beschluß des Himmels gekannt, daß ich ihm gehören würde. Ich versuchte, über das angebliche Verbrechen meines Vaters etwas aus ihm herauszubekommen, doch wich er einer ehrlichen Antwort hartnäckig aus. Ich sagte ihm frei ins Gesicht, daß er gelogen habe. Ich würde nun heimgehen und meinem Vater alles erzählen. Unter schrecklichen Verwünschungen sprang er auf, riß mir das Kleid von den Schultern und zischte, er wolle mich auf der Stelle besitzen. Ich durfte nicht um Hilfe schreien, denn letzten Endes war ich heimlich auf sein Zimmer gegangen. Würde das unter den Leuten bekannt, wäre mein guter Ruf und auch der meines Vaters ruiniert gewesen. Ich dachte, ich könnte ihn zurückstoßen. Mit allen Kräften wehrte ich mich und zerkratzte ihm Gesicht und Arme. Er behandelte mich nicht minder brutal. Hier der Beweis.«
    Ohne den Widerspruch ihres Vaters zu beachten, löste sie ihr Gewand über der Brust, ließ es fallen und zeigte dem Richter ihren entblößten Oberkörper. Er erblickte gelbe und rotunterlaufene Flecken auf den Schultern, der linken Brust und den beiden Oberarmen. Sie schob das Kleid über die Schultern zurück und sprach weiter:
    »Während unseres Ringens hatten sich die Papiere auf dem Tisch verrutscht, ein dort liegender Dolch wurde sichtbar. Ich täuschte ein Nachlassen meines Widerstands vor. Als er meine Arme fahren ließ, um meine Schärpe aufzubinden, ergriff ich den Dolch und drohte ihm, zuzustoßen, falls er nicht von mir abließe. Da er mich aber von neuem fassen wollte, stieß ich mit dem Dolch wild zu. Plötzlich sah ich, wie Blut aus seinem Hals spritzte. Er sank in seinen Stuhl zurück und röchelte ganz schrecklich.
    Ich war wie rasend. Ich rannte durch den Park nach Hause und erzählte meinem Vater alles. Er kann Euch das übrige sagen.«
    Sie verneigte sich kühl und entfloh über die Stufen des Pavillons.
    Richter Di hielt den Blick fragend auf Feng gerichtet. Verlegen zupfte der Vorsteher an seinem Backenbart, räusperte sich und begann bedrückt:
    »Nun ja, ich

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