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Richter 07

Richter 07

Titel: Richter 07 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gulik
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versuchte, meine Tochter zu beruhigen, Herr, ich erklärte ihr, sie sei keines Verbrechens schuldig, weil eine Frau das Recht habe, sich mit allen Mitteln zu verteidigen, wenn jemand ihr Gewalt anzutun versuche. Anderseits, sagte ich, würde es für uns beide mehr als peinlich sein, wenn die Sache an die Öffentlichkeit käme. Das würde ihren guten Ruf schädigen, und auch ich käme nicht gern ins Gespräch der Leute, obgleich die Gerüchte, die mich in Zusammenhang mit der alten Affäre bringen, vollkommen grundlos und aus der Luft gegriffen sind. Ich entschied mich daher zu einer Handlung, die man … ah … etwas ungewöhnlich nennen mag.«
    Er machte eine Pause, trank einen Schluck Tee und fuhr dann mit festerer Stimme fort:
    »Ich ging zum Roten Pavillon, wo ich den toten Li in seinem Stuhl im Wohnzimmer vorfand, so wie es meine Tochter beschrieben hatte. Auf dem Tisch und dem Boden bemerkte ich nur wenig Blut; das meiste hatte sich über sein Gewand ergossen. Ich beschloß, der Tragödie den Anschein zu geben, als ob hier Selbstmord vorläge. Ich schaffte den Toten ins Rote Zimmer, legte ihn auf den Boden und gab ihm den Dolch in die rechte Hand. Dann raffte ich die auf dem Tisch des Wohnzimmers ausgebreiteten Papiere zusammen und trug sie hinüber ins Rote Zimmer. Dessen Tür schloß ich ab und trat den Rückweg über die Veranda an. Da das einzige Fenster des Roten Zimmers mit Eisenstangen versperrt ist, konnte ich hoffen, daß der Tod des Akademikers als Selbstmord gedeutet würde. Und so war es auch. Die Erklärung der Blumenkönigin, sie habe Li zurückgewiesen, lieferte ein überzeugendes Motiv.«
    »Ich nehme an«, bemerkte Richter Di, »daß Ihr den Schlüssel ins Schloß stecktet, nachdem man Euch zur Untersuchung herbeigerufen hatte und Ihr die Tür aufbrechen ließt?«
    »Richtig, Herr. Ich hatte den Schlüssel in meiner Tasche, denn ich wußte ja, daß man mich als ersten benachrichtigen würde, sobald der Tote entdeckt worden war. Der Geschäftsführer kam auch zu mir, wir beide holten Amtmann Lo und gingen gemeinsam zum Roten Pavillon. Nachdem man die Tür aufgebrochen hatte, traten der Amtmann und alle Polizisten gleich an den Toten heran, wie ich es nicht anders erwartet hatte. Diesen Augenblick benutzte ich. Ich steckte den Schlüssel rasch von innen ins Schloß.«
    »Versteht sich«, sagte der Richter. Er dachte eine Zeitlang nach, indem er seinen Schnurrbart zwirbelte. Dann sagte er wie beiläufig:
    »Um Euren Schwindel vollkommen zu machen, hättet Ihr das Blatt mit den letzten Zeilen des Akademikers verschwinden lassen müssen.«
    »Warum, Euer Gnaden? Offensichtlich war der Wüstling auch hinter Herbstmond her!«
    »Falsch! Er hatte nicht die Blumenkönigin im Sinn, sondern Eure Tochter. Die beiden Kreise bedeuten Jadering. Als er sie gezogen hatte, fiel ihm auf, daß sie dem Vollmond glichen, darum setzte er dieses eine Wort dreimal darunter.«
    Feng blitzte den Richter scharf an.
    »Beim Himmel!« rief er aus. »Das ist wahr! Wie dumm von mir, nicht daran gedacht zu haben!« Beunruhigt fügte er hinzu: »Vermutlich wird das alles nun ans Licht gezerrt, wenn der Fall zur Revision gelangt, ja?«
    Richter Di schlürfte seinen Tee, den Blick auf die blühenden Oleanderbüsche gerichtet. Zwei Schmetterlinge schaukelten im gleißenden Sonnenlicht. Der stille Garten schien weit abseits vom lärmenden Treiben auf der Paradiesinsel zu liegen. Zu seinem Gastgeber hingewendet, sagte der Richter mit trübem Lächeln:
    »Eure Tochter ist ein mutiges, geistesgegenwärtiges Mädchen, Herr Feng. Ihre Aussage brächte uns mit den von Euch soeben gelieferten Vervollständigungen zur Lösung des Akademikerfalles. Ich bin froh, erfahren zu haben, wie der Tote zu den Kratzern auf seinen Armen kam, denn diese hatten mich eine Zeitlang vermuten lassen, daß dunkle Kräfte im Roten Zimmer im Spiel gewesen wären. Indessen bleiben uns immer noch die Schwellungen an seinem Halse übrig. Die bemerkte Eure Tochter nicht?«
    »Nein, Herr. Weder sie noch ich. Wahrscheinlich einfach ein paar geschwollene Drüsen. Betreffs Eurer beabsichtigten Maßnahmen gegen mich und meine Tochter möchte ich Euch, Herr, fragen, ob Ihr plant …«
    »Das Gesetz bestimmt«, unterbrach ihn Richter Di, »daß eine Frau den Angreifer, der sie zu notzüchtigen versucht, straflos töten kann. Doch Ihr, Herr Feng, verfälschtet den Tatbestand, und das ist natürlich ein sehr strafwürdiges Vergehen. Ehe ich mich zu einem bestimmten Verlauf

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