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Riedripp: Kriminalroman (German Edition)

Riedripp: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Riedripp: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Boenke
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verschwunden.
    »Baum … eln«, murmelte Tobi leise und schüttelte langsam seinen Kopf. Er stand ratlos da und forschte leise nach:
    »Und mit der Kasse, der Krankenkasse, sie kriegt doch für das Verrechnen so eine Diagnose oder so? Das kommt doch alles raus. Mein Vater bringt mich um.«
    Ich blickte ihn ernst an:
    »Wenn du niemanden etwas sagst, kommt nichts heraus. Die Frau Böckle hat nichts Schriftliches ausgefüllt, du stehst in keiner Karteikarte. Die hat das einfach so gemacht.«
    »Warum?«
    »Ich habe ihrem Bruder mal aus der Patsche geholfen, aber frag bitte nicht weiter.«
    Cäci nickte wissend und zog uns hinaus aus den steril riechenden Krankenhausgängen.
    Tobi sog die Abendluft gierig ein, die ersten Sterne verschwendeten ihr Licht und er seufzte:
    »Das riecht aber gut hier.«

24 Feuchttraum
     
    Das Buch Ijob
    8:11 Wächst ohne Sumpf das Schilfrohr hoch, wird Riedgras ohne Wasser groß?
     
    Hilde war fleißig gewesen. Sie hatte noch im Dämmerlicht ihre dünne Swisscard von Viktorinox aus der Gesäßtasche ihrer Jeans gefummelt und die miniaturisierten Gerätschaften betrachtet: Zahnstocher, Stift, Nagelfeile, Minischere, Pinzette und Minimesser. Sie hatte nie gedacht, dass diese scheckkartengroße Werkstatt ihr einmal von Nutzen sein könnte. Philipp, ihr Ex, hatte sie ihr letztes Jahr geschenkt. Sie fand das Geschenk unsensibel. Er strahlte damals über das ganze Gesicht, ein Survivalkit für Damen. Es war dann irgendwann in der Gesäßtasche ihrer Lieblingsjeans gelandet und bestimmt schon 100 Mal mitgewaschen worden. Im Erdloch war es schon recht dunkel. Sie schaute nervös nach oben. Kein Licht, nur Gitter und darüber die Holzdecke.
    Der Autoschlüssel!
    Sie fummelte in ihrer unbequemen Position in der linken Tasche ihrer Hose. Sie zog den Schlüssel ihres Twingo heraus, daran baumelte an einer verchromten Kette eine kleinfingerlange Minitaschenlampe.
    Hoffentlich funktioniert sie noch!
    Sie drückte den winzigen Knopf. Ein kaltblaues Licht mit erstaunlicher Leuchtkraft erschien. Sie hängte ihre Mikrobeleuchtung an das Gitter über ihrem Kopf und begann mit ihrer Arbeit. Sie schnitt mit der kleinen, aber erstaunlich stabilen Kleinstschere ein großes Stück der unter ihr liegenden, mehrfach gefalteten Folie ab.
    Nach zwei Stunden waren ihre Finger der rechten Hand blutig und wund. Sie arbeitete dennoch wie eine Besessene weiter. Nach einer weiteren Stunde hatte sie etwas hergestellt, was wie eine Mischung zwischen Poncho und Raumfahreranzug aussah. Nur viel üppiger. Dann rollte sie einen Teil der Bodenfolie beiseite und wollte torfiges Material ernten. Sie zuckte zurück.
    Hatte sie in ihr Erbrochenes gefasst oder war die Erde feucht?
    So feucht war das doch vorher nicht?
    Sie rollte die Folie wieder in ihre ursprüngliche Position und fing an, den zähen Torf in Gesichtshöhe zu ernten. Der war trocken.
    Den geernteten Torf steckte sie mühsam in den Zwischenraum von Folie und ihrer Kleidung. Sie musste aussehen wie das Michelinmännchen. Ihr neuer Anzug war erstaunlich warm.
    Sie würde hier nicht erfrieren. So schnell würde sie in diesem engen Loch nicht verrecken. Irgendwann holte sie ein unruhiger Schlaf ab. Der Schlaf hatte einen Traum mitgebracht:
    Sie befand sich im Dunkeln und das Dunkel war böse. Es war so böse, dass es sie von oben mit mathematisch exakten Quadraten bedrohte, es war ein tödliches Kreuzworträtsel. Durch eins der Gitter starrte ihr ehemaliger Mathelehrer, er hatte einen unförmigen, überdimensionalen Fliegenpilz in der Hand. Sein Gesicht fing plötzlich an zu lachen und sprach mit eintöniger Stimme: Hildegard, den musst du essen, dann kannst du wegfliegen. Du musst raus! Sie erkannte plötzlich, dass sich das Dunkel verwandelte. Es war eine quadratische Wanne. Die Wanne füllte sich ganz langsam mit herrlich warmem Wasser. Sie wollte aufstehen und ihren Aloe-Vera-Wellness-Schaum holen. Aber irgendetwas hinderte sie am Aufstehen. Das Wasser kühlte allmählich ab. Es war kalt. Sie fröstelte.
    Sie knallte mit dem Kopf gegen das Metallgitter. Sie hatte geträumt. Aber sie hatte erstaunlich lange geschlafen. Es dämmerte. Sie versuchte sich in eine bequeme Sitzposition zu bringen. Ihre Hände griffen ins Wasser. Ungläubig starrte sie auf den Rest der Folie, die den Boden ihres Gefängnisses bedeckte. Da stand Wasser – mindestens fünf Zentimeter.
    Sie rüttelte am Gitter, drückte und stemmte mit ihrer ganzen Kraft.
    »Hilfe, Hilfe!«

25

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