Riedripp: Kriminalroman (German Edition)
Beine nicht mehr, die Hände und Finger schmerzten unerträglich. Ihr Kopf pochte. War sie aufgewacht, um zu sterben?
Dann zuckte sie zusammen: Hatte sie gerade etwas gehört? Der Fuchs, war er gekommen, um ihr Lebewohl zu sagen?
Irgendetwas war anders. Sie lauschte, etwas schnaubte. Ein Igel?
Dann hörte sie es ganz deutlich: Irgendjemand redete. Sie verstand sogar die keuchenden Worte: Das war knapp. Es waren sogar zwei Personen, die miteinander redeten.
Sie wollte rufen, aber ihre Stimme versagte. Schon entfernten sich die Stimmen und wurden leiser. Hilde rüttelte am Gitter, dann war ihre Stimme plötzlich da:
»Hiiiiiieeee! Hiiiiiieeee! Hiiilfeeee!«
38 Lochfrau
»Dann bist du ein Deppseckel!«
Der Alkohol wirkte offensichtlich noch etwas nach.
»Was war das?«
»Was war was?«
»Ich habe was gehört.«
»Was?«
»Einen Schrei.«
Und jetzt hörten es beide.
»Au Scheiße, was ist denn das?«
»Ein Werwolf? Heute ist doch Vollmond.«
»Das kommt aus dem Schopf, da schreit jemand um Hilfe. Schnell!«
Die beiden stürmten zurück zum Stall. Durch die weit geöffnete Tür beleuchtete der blasse Mond die makabre Szene. Hilde schaute durch das Gitter bleich zu ihren Rettern nach oben und hauchte:
»Hilfe!«
»Hilde, was, was mein Gott machst du denn hier? Und um diese Zeit? Und was hast du denn für Klamotten an?«
»Hilfe, Mama, Hilfe!«, hauchte Hilde den beiden entgegen und sackte in sich zusammen.
»Dein Handy! Los, ruf sofort Dani an und einen Notarzt! Ich versuche das Gitter zu lösen«, befahl Flaschen-Gordon dem verwirrten Butzi.
Sie bemerkten sofort, dass sie keine Chance hatten, die Abdeckung von Hildes Gefängnis zu lösen, die Ränder waren mit langen, weit in den Boden geschlagenen Metallstangen befestigt. Sie benötigten Hilfe.
»Hi, Butzi, sag Dani auch, er soll sofort mit seinem Traktor hierher kommen.«
»Warum denn mit dem Traktor?«
»Tu einfach, was ich sage!«
»Ruf ihn doch selbst an. Scheiß Schnaps!«
Butzi versuchte die winzigen Tasten in der richtigen Reihenfolge zu treffen.
»Nein. Du wirst doch wohl dein Handy bedienen können. Gib einfach das, was ich dir jetzt sage, genau so an Dani weiter!«
Flaschen-Gordon schritt schwankend und mit den Armen fuchtelnd, immer noch körperlich betrunken, aber bei klarstem Verstand um Hildes Gefängnis. Er ging zur Tür, schaute kopfschüttelnd in die sumpfige Wiese und schrie Butzi unvermittelt an:
»Heilandsakrament, hast du ihn endlich?«
»Ja! Herrgottzack!«, schrie Butzi zurück.
»Also: den Traktor. Er muss mit dem Traktor kommen. Und eine Kette mit Haken, Bretter, lange breite Dielen, mitbringen. Die Bretter sind ganz wichtig, sags ihm. Und noch was …« Flaschen-Gordon schaute in den Nachthimmel und drehte sich einmal um sich selbst, »wir sind hier wahrscheinlich weit hinter der Riedwirtschaft. Er kann von der Wirtschaft her hereinfahren und dann einfach rechts halten, immer nach Norden. Wir machen ein Feuer, dann sieht er den Rauch und findet her. Er soll Friedas Hänger mitnehmen, da kann er die Bretter aufladen, die darf er auf keinen Fall vergessen! Sag ihm noch mal, die Bretter. Und sie sollen sofort den Notarzt anrufen und zur Riedwirtschaft schicken!«
Butzi gab die Anweisungen an Dani weiter.
»Sooo, er hats begriffen, sie machen sich sofort auf den Weg«, rief Butzi Flaschen-Gordon zu und fuchtelte aufgeregt mit dem Handy in der Luft herum.
Gerade wollte Butzi das Gespräch mit Dani beenden, als Flaschen-Gordon in Hildes Gefängnis stierte und ihm noch etwas einfiel:
»Warte! Und für die Hilde vielleicht was Warmes zu trinken aus Friedas Küche, die sieht ja mehr tot als lebendig aus.«
»Und für uns ein Bier!«
Sie schauten in die Grube. Hilde rührte sich nicht mehr.
»Ist die eingeschlafen?«
»Fühl mal ihren Puls!«
»Wie macht man das?«
»Soooo!«
»Ich spüre nichts.«
»Scheiße!«
»Hoffentlich kommen die bald!«
»Wo seid ihr? Ja! Was?«
Cäci betrachtete mein Gesicht. Und sie wusste sofort, dass wir beide nicht mehr lange bei Familie Steinecke, in wilde Spekulationen verstrickt, sitzen würden.
»Ja, ich habe verstanden, ja alles! Traktor, Bretter, Kette, etwas Warmes! Wir bleiben aber auch in Handy-Kontakt, für den Fall, dass ich den Rauch nicht sehe.«
Ich zog Cäci schnell an der Hand hinaus aus dem Garten und erklärte ihr die dramatische Situation. Dann verständigte ich den Notarzt.
»Zieh mit Frieda den kleinen Wagen heraus und lege Bretter darauf, damit wir
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