Rigor Mortis: Thriller Ein neuer Fall für Roy Grace (German Edition)
zu überlegen, ob sie nicht doch einen weißen Ford Transit gesehen hatten. Sie wurden eingeladen, am nächsten Tag zur Rekonstruktion des Unfalls zu kommen.
Dazu zeigte er eine Reihe von Fotos, die bei der Polizei und im Gefängnis aufgenommen worden waren.
Als er unmittelbar nach der Pressekonferenz in sein Büro zurückging, warf er einen Blick auf sein BlackBerry. Um 14.00 Uhr stand eine Besprechung an, bei der er zugegen sein musste.
Glenn Branson trat zu ihm. »Für einen Oldtimer machst du das mit den Pressekonferenzen richtig gut.«
»Ja, das musst du noch lernen. Wir brauchen die Presse, auch wenn wir sie nicht immer leiden können. Was hältst du davon, selbst mal eine abzuhalten?«
Branson schaute ihn an. »Wie bitte?«
»Ich habe mir gedacht, die nächste könnte ich dir überlassen.«
»Scheiße.«
»Das denke ich jedes Mal, bevor ich anfange. Noch etwas: Du musst heute die Abendbesprechung übernehmen. Geht das in Ordnung?«
»Klar doch. Ich habe ja kein Privatleben.«
»Was gibt’s Neues?«
»Laut Aris Anwalt habe ich mich tyrannisch und aggressiv verhalten und unangemessene sexuelle Forderungen gestellt.«
»Stimmt das?«
»Ja. Anscheinend habe ich sie gebeten, sich auf mich zu setzen. Das verstößt gegen ihre religiösen Prinzipien, die nur die Missionarsstellung zulassen.«
»Religiöse Prinzipien?«
»In einigen Bundesstaaten der USA ist es nach wie vor verboten, es anders als in der Missionarsstellung zu machen. Sie kommt mir jetzt mit religiösem Fundamentalismus. In den Augen Gottes bin ich wohl ein Sünder.«
»Und Gott ist ein Voyeur?«
In diesem Augenblick klingelte Graces Handy. Er nickte entschuldigend und meldete sich.
Es war Tracy Stocker.
»Roy, Sie sollten besser kommen. Ich bin im Hafen von Shoreham. Ich glaube, wir haben Preece gefunden.«
52
GRACE LIESS GLENN BRANSON FAHREN. Seit dieser die Prüfung für Einsatz- und Verfolgungsfahrten abgelegt hatte, liebte er es, seinem Freund sein Können vorzuführen. Und wann immer er Branson ans Steuer ließ, bereute er es nach wenigen Minuten.
Grace presste die Füße auf den Boden, während sie eine Reihe von Autos überholten, die jederzeit ausscheren und sie gegen die mittlere Leitplanke schleudern konnten. Es war pures Glück, dass sie die Zufahrtsstraße zum Hafen lebend erreichten.
»Und, wie war ich, Oldtimer? Es wird immer besser, was? Jetzt kann ich auch driften!«
Grace fragte sich, wo seine Stimmbänder geblieben waren. Vermutlich irgendwo kilometerweit hinter ihnen.
»Ich glaube, du musst dir noch ein bisschen mehr Gedanken über die anderen Verkehrsteilnehmer machen«, erwiderte er diplomatisch. »Daran solltest du arbeiten.«
Sie fuhren durch einen kleinen Kreisverkehr, wobei sie knapp einem Nissan Micra auswichen, und gelangten in ein Industriegebiet. Zwischen Lagerhäusern hindurch erhaschte Grace einen Blick auf das kabbelige Wasser des Aldrington-Beckens, dem äußersten östlichen Ende des Hafenkanals. Dann entdeckten sie einen Streifenwagen mit blinkendem Blaulicht.
In der Nähe parkten weitere Fahrzeuge, unter anderem von der Spurensicherung, und ein zweiter Streifenwagen stand seitlich zwischen zwei Gebäuden und blockierte so ein offenes Tor, das sich in der Mitte eines Maschendrahtzaunes befand. Dahinter lag der Kai. Zwischen den Gebäuden verlief ein Absperrband, das von einer Streifenpolizistin bewacht wurde.
Sie stiegen aus, wobei der feuchte, böige Wind an ihren Kleidern zerrte, gingen zu der Beamtin und nannten ihre Namen.
»Sie müssen sich bitte umziehen, Sir«, sagte sie zu den beiden und nickte respektvoll. »Anweisung der Spurensicherung.«
Sie kehrten zum Wagen zurück und zwängten sich in blaue Papieranzüge mit Kapuze. Obwohl er sie schon hundertmal angezogen hatte, kämpfte Grace immer wieder damit. Meist blieben die Schuhe auf halbem Weg stecken, oder er bekam den Anzug nicht über die Hüften.
Als sie fertig waren, gingen sie unter der Absperrung hindurch zum Kai, vorbei an einem verschmutzten blauen Schild mit der Aufschrift Alle Fahrer am Empfang melden . Grace hielt nach Überwachungskameras Ausschau, konnte zu seiner Enttäuschung aber keine entdecken. Vor sich sah er das Heck des großen gelben Einsatzwagens der Specialist Search Unit, den Bug eines vertäuten Fischerbootes, einen rostigen Gabelstapler, einen Müllhaufen und jenseits des Wassers die Lagerhäuser und Stapel einer der größten Holzfirmen im Hafen.
Er hatte diesen Teil der Stadt immer geliebt. Er
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