Riley - Die Geisterjägerin - Noël, A: Riley - Die Geisterjägerin - N.N. 4 (nach "Radiance" - The Riley Series)
meinen Gedanken heraufbeschworen hatte.
»Was hältst du davon? Gefällt dir, was du siehst? Mit dem Kleid lag ich richtig, oder?« Messalinas Stimme klang aufgeregt, und sie sah mich gespannt an.
Ich fuhr zuerst langsam mit den Fingern über den Spiegel und dann über meinen Körper – ich konnte die ungeheuere Veränderung, die sich so rasch vollzogen hatte, kaum fassen. Ich drehte mich zu ihr um und lächelte sie strahlend an. Meine Augen glänzten, meine Wangen glühten, und meine Stimme klang ein wenig heiser, als ich meine Dankbarkeit ausdrücken wollte. »O ja, es gefällt mir sehr gut. Ich sehe aus, als wäre ich mindestens …« Ich wandte mich wieder meinem Spiegelbild zu. Gerade wollte ich sagen: Ich sehe aus wie dreizehn – das Alter, nach dem ich mich so sehr gesehnt habe! –, doch dann begriff ich, dass ich es geschafft hatte, die Dreizehn hinter mir zu lassen.
Vielleicht sogar die Vierzehn.
Und möglicherweise auch die Fünfzehn.
»Wie alt bist du ?«, fragte ich sie und musterte sie erneut, in der Hoffnung, dass sich mein Fortschritt mit ihrem
messen ließ, denn sie wirkte nach wie vor älter als ich.
Aber Messalina hob und senkte nur ihre Schultern auf diese ihr ganz eigene anmutige Weise. »Ich weiß es nicht«, erwiderte sie. »Ich schätze, niemand hat sich je die Mühe gemacht, darüber auf dem Laufenden zu bleiben.«
Meine Augen traten hervor, und ich starrte sie an – das sah sicher nicht sehr hübsch aus, aber ich konnte nicht anders. So etwas hatte ich noch nie gehört. Das war so unerhört, so unvorstellbar, dass ich sie sofort verdächtigte, mich anzulügen.
»Meine Eltern starben, als ich noch klein war«, fuhr sie fort. Ihre Stimme klang fest und sachlich, ohne eine Spur der Gefühle zu verraten, die sie vielleicht vor langer Zeit empfunden hatte. »Ich habe bei Verwandten gelebt, die mich nur widerwillig aufgenommen haben, bis ich dann hier gelandet bin. Der Ludus gehörte meinem Onkel. Meine Tante konnte keine Kinder bekommen und sehnte sich so sehr danach, Mutter zu sein, dass sie sich mit mir begnügte. Ich habe einige Zeit hier verbracht, aber ich kann nicht genau sagen, wie viele Jahre es waren. Ich weiß nur, dass ich noch ein Kind war, als ich hier ankam, und dass ich bei meinem Tod so aussah wie jetzt.« Sie ließ eine Hand über ihre Seite gleiten.
»Dann hattest du nie eine Geburtstagsfeier?« Ich bemühte mich, meine Überraschung zu verbergen, aber für mich war das undenkbar, ein Unding. Geburtstage waren immer sehr wichtig für mich gewesen.
Sie blinzelte, neigte den Kopf zur Seite und sah mich an, als wäre meine Reaktion völlig unverständlich für sie, so als würde sie nicht begreifen, warum ich so großen Wert auf etwas legte, das ihrer Meinung nach derart unwichtig war, dass man es einfach ignorieren konnte.
Ihr Verhalten veranlasste mich dazu, das Thema mit einer Handbewegung abzutun und zu beenden. Wir stammten aus unterschiedlichen Zeiten und verschiedenen Kulturkreisen – ich durfte mich nicht von Dingen ablenken lassen, die mir vermutlich bei der Aufgabe, für die ich hierhergekommen war, nicht weiterhelfen konnten.
Ich wandte mich wieder meiner grandiosen Verwandlung zu, der erwachseneren Version von mir, und trat näher an den Spiegel heran. Ich ließ eine Hand über meine schimmernden Locken gleiten, die mir bis zur Taille reichten, und betrachtete den blassgrünen Schimmer, der mich umgab – und ich dachte daran, dass er schon in einem tieferen Ton geglüht hatte, ein wenig intensiver, bis sich die Dinge bei meinem letzten eigenmächtigen Seelenfang nicht so gut entwickelt hatten, und mein Fortschritt zum Rückschritt wurde. Ganz im Gegensatz zu Bodhis Glühen, das jetzt viel leuchtender strahlte und sich am Rand grünblau verfärbte, bis es zu einem wunderschönen kräftigen Aquamarinblau wurde – der gleiche Farbton wie das Kleid, das ich jetzt trug.
Er war mühelos fünfzehn geworden, während ich immer noch zwölf war und feststeckte. Und trotzdem war
ich mir sicher, dass er ebenso vom Donner gerührt wäre wie ich, wenn er jetzt sehen könnte, wie schnell ich mich weiterentwickelt hatte. Das Einzige, was mir die Verwandlung verdarb, war dieses dumme, kaum vorhandene Glühen.
»Ist alles in Ordnung?« Messalina sah mich prüfend an und verzog das Gesicht. »Bist du nicht zufrieden mit deinem neuen Ich?«
Ich warf einige Blicke zwischen unseren Spiegelbildern hin und her und kam nicht umhin, das klägliche grüne Schimmern als
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