Ringwelt 06: Flatlander

bin hundemüde.«
    »Wir brauchen Ihre Aussage über die Beschaffenheit der Wunde«, sagte Captain Jefferson. »Aber das hat Zeit bis später.«
    McCavity winkte uns noch einmal zu und machte sich auf den Weg. Er sprang den Korridor entlang wie ein Frosch, indem er sich mit beiden Füßen gleichzeitig vom Boden abstieß.
    Bürgermeister Hove Watson blickte ihm hinterher. Sein Gesichtsausdruck war nachdenklich, fast versunken. Dann riß er sich zusammen und kehrte in die Gegenwart zurück. »Was halten Sie von der Sache, Gil? Was würde die ARM unternehmen, wenn das hier Los Angeles wäre?«
    »Nichts. Mord fällt nicht in den Zuständigkeitsbereich der ARM, es sei denn, er geschieht im Zusammenhang mit Organdiebstahl oder esoterischen Technologien. Wir haben trotzdem in einigen Mordfällen ermittelt. Hauptsächlich, weil wir versucht haben, die Mordwaffe zurückzuverfolgen.«
    »Das werden wir ebenfalls. Chris sagte, er hätte rotes Licht gesehen. Das läßt den Rückschluß zu, daß es sich um einen Nachrichtenlaser gehandelt hat, und der Besitz von Nachrichtenlasern wird streng kontrolliert. Die Polizei benutzt sie ebenso als Sender wie auch als Waffe.«
    »Kontrolliert? Wie?« Ich bemerkte, daß die beiden Nachrichtenleute unauffällig lauschten.
    »Die Schlösser der Waffenkammern werden vom gleichen Computer überwacht, der auch Ihr Appartement steuert, einschließlich des Türschlosses. Allerdings handelt es sich selbstverständlich um ein anderes Programm.«
    »In Ordnung. Wie steht es mit weiteren Gelegenheiten? Draußen ist ein Mörder herumgelaufen. Er konnte ja nicht ewig dort bleiben.«
    Bürgermeister Hove Watson drehte sich zu dem Beamten um. »Wir haben keine Geheimnisse vor Mister Hamilton, Jefferson.«
    »Jawohl, Sir. Wir hatten Glück«, wandte sich Jefferson an uns. »Erstens, weil es sowohl nach städtischer Zeit als auch geografisch Nacht ist. Nun ja, es ist bereits kurz vor der Morgendämmerung. Der größte Teil der Einwohner befindet sich zu Hause, in den Wohnungen, und zumindest für einen Teil der anderen können wir uns verbürgen. Ein Flatlander-Tourist befindet sich draußen auf der Mondoberfläche, und sonst niemand, soweit wir es bisher sagen können. Wir überprüfen gerade die Nachtschicht der Spiegelwerke. Wäre es Tag, hätten wir Hunderte von Tatverdächtigen, aber so … Zweitens ist unser Überwachungssatellit Watchbird Two vor zehn Minuten über den Horizont aufgestiegen. Ich habe bereits veranlaßt, daß man den Projektionsraum für uns vorbereitet.«
    »Sehr gut.« Bürgermeister Hove rieb sich die Augen. »Fahren Sie mit Ihren Ermittlungen fort, Captain Jefferson. Die Detektive Hamilton und Shaeffer mögen Sie meinetwegen begleiten, falls das ihrem Wunsch entspricht. Die Reporter … das überlasse ich wohl besser ihrer eigenen Beurteilung.« Er senkte die Stimme und wandte sich an mich: »Ich dachte, es wäre politisch angemessen, wenn Mister Penzler sieht, daß ich mich in seiner Sache engagiere, aber jetzt … ich bin nicht mehr von Nutzen …«
    Und mit diesen Worten drehte er sich um und hüpfte durch den Gang davon.
    Der Rest von uns folgte Captain Jefferson zu einem der Aufzüge.

 
3.
PROJEKTIONSRAUM
     
    Der Projektionsraum war ein großer Kasten, der sich auf der Südseite der Stadt über die sechste und siebte Ebene erstreckte. Die Polizei hatte eine Projektion gestartet, als wir eintrafen. Sie wateten knietief in einer Miniatur-Mondlandschaft.
    Ich denke, die Nachrichtenleute waren überrascht. Ich weiß, daß ich es war.
    Jefferson strahlte uns an. »Der Überwachungssatellit befindet sich im Augenblick genau über uns. Er sendet uns die Bilder, die wir hier in Echtzeit in den Raum projizieren.«
    Er watete auf die Mondoberfläche hinaus, und wir folgten ihm. Ich fühlte mich, als wäre ich hundert Fuß groß. Durch die flache steinerne Oberfläche des Grimalde-Kraters konnte ich meine Füße sehen, wenn ich mich konzentrierte.
    Inzwischen war die Morgendämmerung angebrochen. Die Sonne flammte am östlichen Horizont auf, nicht weit unterhalb der Erdsichel. Die kraterübersäte Landschaft westlich von uns war ein Meer aus grellen Klippen und schwarzen Schatten. Hovestraydt City war so groß wie ein Puppenhaus. Winzige Gestalten in hell orangefarbenen Hautanzügen mit Polizeiabzeichen traten auf der Südseite aus einer Luftschleuse auf die Straße hinaus, die über das Ödland zum Handelsposten des Belts führte.
    Irgendjemand kam ihnen mitten auf der Straße