Ringwelt 06: Flatlander
verführen. Hol dir um Himmels willen keinen Korb. Frag erst gar nicht, bevor du nicht sicher bist, daß die Antwort Ja lautet. Genau genommen …« Jetzt lächelte sie. »Frag überhaupt nicht. Laß dich einfach verführen. Jeder hier oben weiß, daß Flatlander einfach zu haben sind.«
»Sind wir das?«
»Sicher. Würdest du Harry McCavity gerne kennen lernen? Ist es das, worauf du hinauswillst? Du würdest ihn mögen, und er betrachtet dich nicht als Rivalen. Ganz im Gegenteil.«
»Wieso?«
»Du bist eine gute Tarnung. Du und ich, wir leben schon seit langer Zeit zusammen. Die Gesellschaft von Hovestraydt City zieht es vor, wenn Harrys Kontakte rein sozialer Natur bleiben.«
»Oh? In Ordnung, ich würde ihn gerne kennen lernen. Offiziell habe ich ihn sogar bereits kennen gelernt. Er war damit beschäftigt, ein Loch in einem der Delegierten vom Belt zu flicken.« Ich erzählte ihr von Penzler.
Es gefiel ihr nicht. »Gil, wenn irgendjemand anfängt, auf die Delegierten von außerhalb des Mondes zu schießen, solltest du dann nicht besser eine Spiegelweste tragen? Und ich vielleicht auch?«
»Kein Grund zur Sorge. Sie haben bereits einen Verdächtigen.«
»Beruhigend, das zu hören. Den richtigen?«
»Sie war der einzige Mensch draußen auf der Oberfläche.« Ich bemerkte, daß ich nicht mit Taffy über Naomi reden wollte. »Man wird mich in meinem Zimmer anrufen. Und ich brauche ein wenig Schlaf. Wann werden wir uns wiedertreffen?«
»Bis jetzt sieht es am Donnerstag ganz gut aus, um die gleiche Zeit. Es sei denn, irgendjemand wirft meinen Dienstplan schon wieder über den Haufen.«
»Die gleiche Zeit also. Meine Güte!«
»Ich dachte, du hättest dich inzwischen an meine ungewöhnlichen Arbeitszeiten gewöhnt? Hör zu, ich werde dir eine Nachricht hinterlassen, wenn es sich irgendwie abzeichnet, daß wir uns mit Harry treffen können. Mittag- oder Abendessen, einverstanden?«
»Einverstanden.«
Es war neun Uhr, als ich in meinem Zimmer ankam. Ich rief im Büro des Bürgermeisters an. Seine Sekretärin nahm den Anruf entgegen und teilte mir mit, daß die Konferenz um einen Tag verschoben worden sei und daß der Konferenzsaal für inoffizielle Gespräche offen stand.
Interessant. War Chris so wichtig? Aber zwei weitere Delegierte waren schließlich ebenfalls bis spät in die Nacht auf den Beinen gewesen, und andere litten vielleicht unter der Zeitverschiebung. Ich war ganz froh, daß man den Termin nach hinten verlegt hatte.
Ich schlief bis zum Mittag. Dann rief Laura Drury an. Sie hatte jetzt Feierabend, und ein Team von Beamten würde in zehn Minuten mit Naomi zu einer Ortsbesichtigung aufbrechen.
4.
KRATERLAND
Hektisch bemühte ich mich, in meinen Druckanzug zu schlüpfen, doch dann hielt ich inne und zwang mich, die Sicherheitsroutine durchzugehen. Ich war lange aus der Übung.
Schließlich trat ich durch die Luftschleuse an der Südfassade und entdeckte die anderen, die noch in Sichtweite die Straße entlangliefen. Ich sprang hinter ihnen her.
Wir waren zu siebt: Naomi, Marion Shaeffer, ich und vier große Lunie-Polizisten. Der sommersprossige Rotschopf war Captain Jefferson. Das Gesicht des Mannes, der den größten der goldenen Hautanzüge trug, war mir ebenfalls nicht unbekannt. Ich hatte am vergangenen Abend gesehen, wie er mit dem Bürgermeister geredet hatte.
»Alan Watson?«
»Ja, das ist richtig. Sie sind einer der Delegierten für die Konferenz.«
»Gil Hamilton von der ARM.« Wir schüttelten uns die Handschuhe. Er war ein dürrer junger Bursche mit glattem schwarzem Haar, einer schmalen Nase, dichten, buschigen Augenbrauen und Händen mit überraschend kurzen Fingern, die so stark waren wie meine. Er brachte es nicht über sich zu lächeln. Machte er sich Sorgen wegen Naomi?
Die kleine Zeichnung vor seiner Brust zeigte ein ungewöhnliches Raumschiff, das sich dem Nordamerikanebel näherte, alles in Rot und Schwarz.
Wir machten uns auf den Weg. Naomi führte uns. Die Straße war ein Handelsweg, der hin und wieder schwere Güter bis hin zu beschädigten Raumfähren aushalten mußte. Er war breit und besaß eine glatte Oberfläche, doch er verlief nicht geradlinig. Wenn man ihm weit genug folgte, erreichte man schließlich den Handelsposten des Belt.
Wir waren vier- oder fünfhundert Yards weit gekommen, ohne viel miteinander geredet zu haben, als Naomi plötzlich sagte: »Hier bin ich von der Straße abgebogen. Ich wollte auf diesen Felsen dort klettern.«
Sie
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