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Ringwelt 06: Flatlander

Ringwelt 06: Flatlander

Titel: Ringwelt 06: Flatlander Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Niven
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gekippt, als auf seinem Schreibtisch ein Stift in die Höhe geschwebt war und begonnen hatte, sich in der Luft zu drehen. Wie normal war diese Reaktion? Ich wußte es nicht. Ich war viel zu sehr an meinen imaginären Arm gewöhnt.
    Holden tauchte gegen vierzehn Uhr im Hauptquartier der ARM auf.
     
    Anthony Tillers Leichnam lag in einer Kältetruhe. Sein Gesicht war während der letzten Minuten schrecklich verzerrt gewesen, doch davon war jetzt nichts mehr zu sehen. Es war so ausdruckslos wie bei jedem Toten. Die gefrorenen Schläfer im Freezergewölbe hatten auch so ausgesehen. Rein äußerlich hatten sich die meisten von ihnen in einem schlimmeren Zustand befunden als Tiller.
    Holden Chambers musterte den Toten interessiert. »So also sieht ein Organpascher aus.«
    »Ein Organpascher kann sein Aussehen ganz nach Belieben verändern.«
    Chambers verzog das Gesicht. Er beugte sich dicht über das Gesicht des Toten, um es in Augenschein zu nehmen. Er wanderte um die Kältetruhe, die Hände auf dem Rücken verschränkt. Er bemühte sich redlich, einen gleichgültigen Gesichtsausdruck anzunehmen, doch er wich mir in weitem Bogen aus. Ich glaubte nicht, daß der Tote ihm etwas bedeutete.
    Schließlich sagte er das gleiche wie ich zwei Nächte zuvor. »Nichts. Nicht mit diesem Gesicht.«
    »Nun ja, es war einen Versuch wert. Kommen Sie, wir gehen in mein Büro. Dort ist es gemütlicher.«
    Er lächelte. »In Ordnung.«
    Wir bummelten durch die Korridore. Chambers starrte neugierig in offene Büros, lächelte jeden an, der von der Arbeit aufsah, und stellte mir in gedämpftem Tonfall intelligente Fragen. Offensichtlich genoß er die Situation: Ein Tourist im Hauptquartier der ARM. Immer, wenn ich ihm auf dem engen Korridor zu nahe kam, fiel er zurück, machte einen Schritt um mich herum und tauchte neben mir auf der anderen Seite wieder auf. Schließlich wurde es mir zu dumm, und ich fragte ihn.
    Zunächst glaubte ich, er würde nicht antworten, doch: »Es ist dieser Trick mit dem Stift.«
    »Was ist damit?«
    Er seufzte wie jemand, der sich verzweifelt bemüht, die richtige Antwort zu finden. »Ich mag es nicht, wenn man mich anfaßt. Ich meine, ich habe nichts gegen Mädchen, verstehen Sie mich nicht falsch, aber ich mag es grundsätzlich nicht, wenn man mich berührt.«
    »Ich habe Sie doch gar nicht …«
    »Aber Sie hätten es gekonnt! Und noch dazu ohne mein Wissen! Ich konnte es nicht sehen, ich hätte es vielleicht nicht einmal gespürt! Ich hatte eine Heidenangst, als Ihre unsichtbare Hand plötzlich aus meinem Bildschirm kam! Ein Anruf ist normalerweise nicht so … so intim!« Unvermittelt blieb er stehen und blickte den Korridor entlang. »Ist das nicht Lucas Garner?«
    »Ja.«
    »Lucas Garner höchstpersönlich!« Chambers war tief beeindruckt. »Er ist der Kopf hinter der ARM, nicht wahr? Wie alt ist er inzwischen?«
    »Um die hundertachtzig.« Ich überlegte, ihn vorzustellen, doch Lukes Stuhl schwebte in eine andere Richtung davon.
    Mein Büro ist gerade groß genug für mich, meinen Schreibtisch, zwei Besucherstühle und einen Getränkespender an der Wand. Ich schenkte ihm Tee und mir Kaffee ein, während ich berichtete: »Ich habe Ihre Schwester besucht, Holden.«
    »Charlotte? Wie geht es ihr?«
    »Ich bezweifle, daß sich Charlottes Zustand seit Ihrem letzten Besuch geändert hat. Sie scheint ihre Umwelt überhaupt nicht wahrzunehmen … bis auf eine Ausnahme, als sie sich plötzlich zu mir umdrehte und mich aus großen Augen anstarrte.«
    »Warum? Was haben Sie gemacht? Was haben Sie gesagt?« wollte er wissen.
    Schön, jetzt war es also soweit. »Ich habe mit ihrem Arzt gesprochen. Ich habe ihm gesagt, daß die gleiche Bande, die Charlotte schon einmal gekidnappt hat, möglicherweise eine zweite Entführung plant.«
    Merkwürdige Dinge geschahen rings um seinen Mund. Verwirrung, Furcht, Unglauben. »Was zur Hölle haben Sie sich dabei gedacht?«
    »Die Möglichkeit ist nicht von der Hand zu weisen. Sie sind beide Korpsikel-Erben. Tiller der Killer hat Sie vielleicht beschattet, als er mich entdeckte und sah, daß ich Sie beobachtete. Deswegen hat er versucht, mich umzubringen.«
    »Ja. Es wäre möglich …« Er bemühte sich, es mit Fassung zu tragen, und versagte. »Glauben Sie allen Ernstes, daß sie versuchen könnten, sie … uns noch einmal zu entführen?«
    »Wie gesagt, die Möglichkeit besteht«, wiederholte ich. »Falls Tiller sich im Restaurant aufgehalten hat, erkannte er mich an der

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