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Ringwelt 08: Der kälteste Ort

Ringwelt 08: Der kälteste Ort

Titel: Ringwelt 08: Der kälteste Ort Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Niven
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halben Rumpf ein. Unser Landungsfahrzeug war halb im Eis versunken.
    Wir hätten uns noch ausführlicher umsehen können, ehe wir versuchten, das Schiff wieder aus dem Eis zu lösen. Als wir Sammy von unserer Lage berichteten, schlug er uns das ebenfalls vor. Doch Sammy war oben im Schiff, das zur Erde zurückkehren sollte, und wir waren hier unten, gestrandet im Eis einer anderen Welt.
    Wir hatten Angst. Solange wir unser Landefahrzeug nicht aus dem Eis befreit hatten, taugten wir nicht für andere Aufgaben. Wir wußten das beide.
    Ich wundere mich heute, weshalb ich mich nicht mehr deutlich an diese Angst erinnern kann.
    Wir hatten nur eine einzige Chance. Das Landefahrzeug war so gebaut, daß es sich über die Oberfläche von Pluto bewegen konnte. Es besaß keine Landestützen, sondern nur einen Landewulst. Die Beschleunigung von einem halben g hätte genügt, um uns einen Bodeneffekt zu geben. Das war sicherer und billiger, als das Schiff wie eine ballistische Rakete in den Raum zu schießen. Der Landewulst mußte Gas eingefangen haben, als das Schiff versank. Der Nerva-K-Antrieb mußte sich in einem Raum voller eingefrorener Gasblasen befinden.
    Wir konnten uns wieder aus dem Eis herausschmelzen.
    Wir gingen so vorsichtig vor wie zwei gut geschulte Männer in einer Krisensituation. Die Wärme im Raketenantrieb nahm zu – so langsam, daß wir uns vor Ungeduld die Lippen blutig bissen. Im Flug wirkte der kalte Wasserstoff wie ein Kühlmittel, wenn er durch den Reaktor floß. Doch nun konnten wir diese Nebenwirkung keinesfalls gebrauchen. Die Umgebung des Antriebs war schrecklich kalt. Die beiden Faktoren konnten sich daher ausgleichen oder …
    Plötzlich spielten die Meßgeräte verrückt. Irgendetwas war unter dem Einfluß des wahnwitzigen Temperaturunterschiedes zusammengebrochen. Jerome schaltete die Dämpfer ein – ohne Erfolg. Vielleicht waren sie zerschmolzen. Vielleicht waren Leitungen zusammengebrochen, oder die Widerstände waren bei dieser extremen Kälte zu Supraleitern geworden. Vielleicht war der Reaktor … aber das spielte jetzt keine Rolle mehr.
    Ich wundere mich nur, warum ich mich nicht mehr deutlich an die Angst erinnern kann.
    Sonnenlicht …
    Und ein dumpfes, traumartiges Gefühl. Ich bin wieder bei Bewußtsein. Ich sehe die gleichen Sternenformationen über den gleichen schwarzen Bergen aufgehen.
    Etwas Schweres kriecht an mich heran. Ich spüre sein Gewicht auf der Rückseite meiner Beine und meinem Rücken. Was ist es? Warum habe ich keine Angst?
    Es gleitet um mich herum, tastend, drängend. Es sieht aus wie eine riesige Amöbe, formlos und durchsichtig. In einer durchsichtigen Masse sind dunklere Organe eingebettet. Ich vermute, das Ding ist genauso schwer wie ich.
    Leben auf Pluto? Aber wieso? Superflüssigkeiten? Helium II, das von kompletten Molekülen verseucht wurde? In diesem Fall sollte sich das Biest schleunigst in Sicherheit bringen. Bei Sonnenaufgang braucht es dringend Schatten. Die Temperatur auf der Sonnenseite des Pluto ist immerhin 50 Grad absoluter Temperatur.
    Nein, komm zurück! Es entfernt sich, fließt hinunter zu einem Krater. Haben meine Gedanken es fortgejagt? Unsinn. Wahrscheinlich war ich nicht nach seinem Geschmack. Das Biest muß sich verdammt langsam bewegen, denn ich kann seinen Bewegungsablauf genau verfolgen. Es bewegt sich den Hang hinunter auf unser Landefahrzeug zu und die winzige Statue – auf den ersten Menschen, der auf Pluto starb.
    Nach dem Fiasko mit dem Nerva-K-Antrieb mußte einer von uns nach unten gehen, um nachzusehen, wie groß der Schaden war. Das bedeutete, daß sich einer von uns mit der Flamme des Jetpacks einen Tunnel durch das Eis graben mußte, um unter den Landewulst des Landefahrzeugs kriechen zu können. Wir sprachen nicht von den Gefahrenmomenten. Wir waren bereits so gut wie tot. Derjenige, der hinunter in die Höhle mit den Gasblasen steigen sollte, war mit Sicherheit so gut wie tot. Aber was soll’s? Tot ist tot.
    Ich habe kein schlechtes Gewissen. Ich wäre hinuntergestiegen, wenn das Los mich getroffen hätte.
    Der Nerva-K-Antrieb hatte seine Eingeweide in die Höhlung ausgespuckt. Wir waren hier für immer gestrandet. Das heißt, ich war hier gestrandet, und Jerome war tot. Die Höhle mit den Gasblasen war eine radioaktive Hölle.
    Jerome hatte leise vor sich hingeflucht, als er in die Höhle einstieg. Schweigend kam er wieder heraus. Er hatte wohl seinen besten Wortschatz auf weniger kritische Situationen

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