Ringwelt 09: Ein Geschenk der Erde
mitgemacht?«
»Nein, Sir. Wie sollte ich auch?«
»Als einer meiner Männer vorgestern Nacht von der Razzia zurückgekehrt ist, war seine Nase über sein ganzes Gesicht verteilt. Er hatte auch einen Stunner.«
»Jawohl, Sir. Aber das war eine Razzia, Sir.«
Jesus Pietro seufzte. »Danke, Master Sergeant. Würden Sie jetzt bitte hinausgehen? Ihr ›Vogel‹ müßte jeden Augenblick hier eintreffen.«
Sichtlich erleichtert verließ Watts den Raum.
Watts Denkweise war logisch, dachte Jesus Pietro, auch wenn er nicht das erfahren hatte, was er hatte hören wollen. Vermutlich hingen alle Hospitalwachen der gleichen Vorstellung an: Mit einer Waffe war man unbesiegbar. Warum auch nicht? Die Hospitalwachen nahmen nie an Razzien in den Kolonistengebieten teil. Nur wenige hatten je einen Kolonisten bei Bewußtsein gesehen. Gelegentlich veranstaltete Jesus Pietro Manöver, wobei die Hospitalwachen die Kolonisten spielten. Das machte ihnen nicht sonderlich viel aus; Gnadenkugeln waren nicht unangenehm. Aber auf jeden Fall gewannen stets die Männer mit den Feuerwaffen. Aus Erfahrung wußten die Wachen, daß man mit einer Pistole der König war und daß ein Mann mit einer Pistole nur einen Gegner fürchten mußte, der ebenfalls bewaffnet war.
Was war zu tun? Wachen und Außendienstpolizisten immer wieder austauschen, so daß jeder die gleichen Erfahrungen sammeln konnte? Nein, die Elite der Vollstreckungspolizei würde niemals ihre Einwilligung dazu geben. Warum machte er sich überhaupt solche Gedanken über die Wachen?
War das Hospital jemals angegriffen worden? Nein, selbst eine größere Gruppe von Kolonisten könnte niemals bis aufs Alpha-Plateau vordringen.
Aber Keller war es gelungen.
Jesus Pietro griff nach dem Telefon. »Jansen, stellen Sie fest, wer vergangene Nacht an der Alpha-Beta-Brücke Dienst hatte. Wecken Sie sie, und schicken Sie sie her.«
»Das wird mindestens fünfzehn Minuten dauern, Sir.«
»Gut.«
Wie war Keller an ihnen vorbeigekommen? Auf dem Gamma-Plateau hatte es einen Luftwagen gegeben, doch der war zerstört worden. Aber war der Fahrer zu dem Zeitpunkt noch im Wagen gewesen? Hatte Keller einen Chauffeur gehabt? Oder … Könnte ein Kolonist wissen, wie man einen Autopiloten programmiert?
Wo, bei den Nebeldämonen, blieb Keller?
Jesus Pietro begann, auf und ab zu laufen. Er hatte keinen Grund zur Sorge, und dennoch sorgte er sich. Instinkt? Er glaubte nicht, daß er Instinkt besaß. Aus der Gegensprechanlage drang die Stimme seiner Sekretärin. »Sir, haben Sie zwei Wachen hierher bestellt?«
»Brückenwachen?«
»Nein, Sir, Hospitalwachen.«
»Nein.«
»Danke.« Klick.
Irgendetwas hatte vergangene Nacht die Alarmanlage ausgelöst. Ein Hase war es nicht gewesen. Keller könnte zuerst versucht haben, über die Mauer zu klettern. Wenn die Feldwachen einen Gefangenen hatten entkommen lassen und dann die Berichte gefälscht hatten …
Er würde ihnen die Köpfe abreißen!
»Sir, diese Wachmänner bestehen darauf, daß Sie sie herbefohlen hätten.«
»Nun, das habe ich aber nicht, verdammt noch mal. Sagen Sie ihnen … Einen Augenblick. Schicken Sie sie rein.«
Sie kamen, zwei stämmige Männer in unterwürfiger Haltung, die nur mit Mühe ihren Ärger darüber verbergen konnten, daß man sie hatte warten lassen.
»Wann habe ich nach Ihnen geschickt?« fragte Jesus Pietro.
Der Große antwortete: »Vor zwanzig Minuten.« Sollte Jesus Pietro es doch wagen, ihn einen Lügner zu nennen.
»Sollten Sie nicht vorher einen Gefangenen abholen?«
»Nein, Sir. Wir haben Hobart ins Vivarium gebracht, ihn schlafen gelegt und sind sofort wieder zurückgekommen.«
»Sie erinnern sich nicht daran …«
Der Kleinere wurde kreidebleich. »D… Dave! Wir sollten tatsächlich jemanden holen. Keeler. Irgendeinen Keeler.«
Jesus Pietro musterte die beiden Männer ganze zwanzig Sekunden lang. Sein Gesicht war seltsam reglos. Dann griff er nach dem Telefon. »Major Jansen, geben sie Alarm. Die Gefangenen sind ausgebrochen.«
»Warte mal eine Minute«, sagte Matt.
Das hintere Ende des Kolonistenschwarms entfernte sich. Hood blieb abrupt stehen. »Was tust du da?«
Matt duckte sich wieder ins Vivarium. Ein Mann lag auf dem Gesicht, das Headset noch immer auf dem Kopf. Vermutlich hatte er geglaubt, bereits in Sicherheit zu sein, nachdem er die Liege verlassen hatte. Matt riß ihm das Headset vom Kopf und schlug ihn zweimal; als die Augenlider des Mannes flatterten, zog Matt ihn hoch und stieß
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