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Ringwelt 09: Ein Geschenk der Erde

Ringwelt 09: Ein Geschenk der Erde

Titel: Ringwelt 09: Ein Geschenk der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Larry Niven
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des alten Mannes, während sie ihm in kleinen Schlucken Wasser einflößte.
    Harry musterte den Mann. Sie hatten ihn an die Wand der Eingangshalle gesetzt. Seitdem hatte er sich nicht bewegt und konnte es vermutlich auch nicht, doch seine Gesichtsmuskeln, die bisher schlaff gewesen waren, erwachten allmählich wieder zum Leben und gaben ihm einen Teil seiner Persönlichkeit zurück.
    »Danke«, sagte Parlette. Seine Stimme klang bereits ein wenig kräftiger. »Sie hätten mich nicht niederschießen sollen, wissen Sie?«
    »Sie haben uns etwas zu sagen, Mr Parlette?«
    »Sie sind Harry Kane. Ja, ich habe Ihnen etwas zu sagen. Und dann möchte ich ein Geschäft mit Ihnen machen.«
    »Ich bin für alles offen. Was für eine Art Geschäft?«
    »Das werden Sie verstehen, wenn ich zu Ende erzählt habe. Darf ich mit dem Paket beginnen, das uns der letzte Rammroboter gebracht hat? Es dürfte ein wenig technisch werden …«
    »Lydia, hol Jay.« Lydia Hancock zog sich leise zurück. »Ich möchte, daß er sich die technischen Dinge anhört. Jay ist unser Genie.«
    »Jayhawk Hood? Ist er auch hier?«
    »Sie scheinen eine ganze Menge über uns zu wissen.«
    »Das tue ich. Ich studiere die Söhne der Erde schon länger, als Sie leben. Jayhawk Hood besitzt in der Tat einen klugen Verstand. Lassen Sie uns auf ihn warten.«
    »Sie haben uns also studiert, hm. Warum?«
    »Ich werde versuchen, es Ihnen verständlich zu machen, Mr Kane; aber es wird seine Zeit dauern. Ist Ihnen die Situation auf Mount Lookitthat irgendwann einmal künstlich oder zerbrechlich vorgekommen?«
    »Hm. Wenn Sie so lange versucht hätten, sie zu verändern, wie ich es habe, dann würden Sie vermutlich so denken, ja.«
    »Jetzt mal ernsthaft, Kane. Unsere Gesellschaft hängt voll und ganz von unserer Technologie ab. Ändern Sie diese Technologie, und Sie ändern die Gesellschaft. Besonders würden Sie die Ethik dadurch verändern.«
    »Das ist lächerlich. Ethik ist Ethik.«
    Die Hand des alten Mannes zuckte. »Lassen Sie mich ausreden, Kane.«
    Harry Kane schwieg.
    »Nehmen wir einmal die Egreniermaschine«, fuhr Miliard Parlette fort. »Diese eine Erfindung machte es lohnenswert, Baumwolle im großen Stil im Süden der Vereinigten Staaten anzupflanzen, doch nicht im Norden. Dadurch kam eine große Zahl Sklaven in einen Teil des Landes, während die Sklaverei im anderen ausstarb. Das Ergebnis war ein Rassenproblem, das über ein Jahrhundert lang andauerte.
    Oder nehmen wir die Ritterrüstung: Die Ethik der Ritter gründete sich auf die Tatsache, daß eine Rüstung Schutz vor allem bot, was nicht ebenso gepanzert war. Der Langbogen und später das Schießpulver bereiteten dem Rittertum ein Ende, wodurch eine neue Ethik notwendig wurde.
    Oder die Diplomatie.« Miliard Parlette hielt kurz inne, um Luft zu holen; dann fuhr er fort: »Wie Sie wissen, war sie einst ein wichtiges Werkzeug zur Kriegsvermeidung. Dann kamen die Kampfgase, die Atombombe, die Wasserstoffbombe und schließlich die Kobaltbombe. Jede einzelne dieser Erfindungen machte den Krieg als Mittel der Politik immer ungeeigneter, bis die Ideologie des Nationalismus zu gefährlich wurde, um noch toleriert zu werden. Das hatte zur Folge, daß die Vereinten Nationen auf der Erde immer mächtiger wurden, was schließlich zum Niedergang anderer Staatenbünde führte.
    Dann wäre da noch die Besiedlung des Belt: Eine einzige technologische Neuerung hat Wohlstand von ungeahnten Ausmaßen geschaffen; allerdings forderte das auch eine neue Ethik, zumal diese Entwicklung in einem Gebiet stattfand, wo Dummheit mit Selbstmord gleichzusetzen ist.« Erneut hielt der alte Mann erschöpft inne.
    »Ich bin kein Historiker«, sagte Harry. »Aber Moral bleibt Moral. Was hier unethisch ist, ist auch andernorts immer unethisch.«
    »Da irren Sie sich, Mr Kane. Ist es ethisch, einen Mann wegen Diebstahls hinzurichten?«
    »Natürlich.«
    »Haben Sie gewußt, daß es einst einen ganzen Wissenschaftszweig gab, der sich mit nichts anderem beschäftigte als mit der Resozialisierung Krimineller? Natürlich war das ein Zweig der Psychologie, aber es war bei weitem der größte. In der Mitte des 21. Jahrhunderts hat man fast zwei Drittel aller Kriminellen als geheilt entlassen.«
    »Das ist doch idiotisch. Warum sollte man sich all die Mühe machen, wenn die Organbanken doch förmlich … Oh, ich verstehe. Keine Organbanken.«
    Der alte Mann lächelte und entblößte eine Reihe neuer, weißer Zähne. Strahlende Zähne und

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