Ringwelt 11: Die Flotte der Puppenspieler
aufweisen, dachte Kirsten. Aber Blätter sollten immer noch grün sein.
Ebenso wie Omar und Kirsten trug auch Eric an diesem Tag sehr gedeckte Farben. Und das lag nicht nur daran, dass sie eine bessere Tarnung boten. Eric hatte endlich davon abgelassen, die Farben eines Mannes anzulegen, der eine Gefährtin suchte. Vielleicht hatte sich ja sein Interesse erst während ihrer gemeinsamen Zeit an Bord der Explorer entwickelt. Für sein Verhalten galt das in jedem Fall.
»Was ist denn das da?«, fragte Eric.
Er atmete schwer. Diese Art der körperlichen Anstrengung war er nicht gewohnt, und Kirsten vermutete, dass ihr Kollege hier eigentlich nur Zeit schinden wollte, um wieder ein wenig zu Atem zu kommen. Sie lächelte in sich hinein. »Was denn?«
Eric, der sich auf einen Felsbrocken gesetzt hatte, hob die Hand und deutete auf etwas. »Dieses rote Dickicht da links von mir, von dem diese purpurnen Ranken herunterhängen.«
»Ich weiß nicht mehr, wie das heißt, aber das ist ein Insektenfresser. Die Bürger haben die an den Rändern der Felder angepflanzt, um die Feldfrüchte zu schützen.« Als wolle die Pflanze Kirstens Erklärung Nachdruck verleihen, schossen jetzt mehrere der spitzen Ranken des nächstgelegenen dieser Büsche zeitgleich vor. Mit einem scharfen Knall trafen sie zusammen. Ein durchsichtiges Flügelstückchen fiel zu Boden – die Überreste eines purpurnen Bestäubers.
Als Omar das sah, verzog er das Gesicht und setzte seinen Rucksack ab. Der Bodenbelag, auf den er ihn abstellte – wobei der Boden ein leises Seufzen auszustoßen schien –, hatte Ähnlichkeit mit staubig gelbem Moos, aus dem hin und wieder kleine spitze Blüten aufragten. »Und diese kleine Trainingseinheit, die zu genehmigen du Nessus überredet hast – bist du dir wirklich sicher, dass die ungefährlich ist?«
»Entspannt euch, Jungs«, entgegnete Kirsten. »Wir riechen wirklich für nichts von dem, was es hier gibt, auch nur im Mindesten appetitlich.«
Gab es hier draußen überhaupt irgendetwas, was sie würde riechen können? Kirsten empfand die Gerüche hier als ein wenig arg kräftig. Ein künstliches Herdenpheromon hatte die gesamte Luft an Bord der Explorer durchdrungen, aber das war wenigstens nur ein einziger Geruch gewesen. Hier hingegen waren sie von zahllosen stechenden, würzigen Aromen umgeben. Das nächste Mal würde sie Nasenfilter mitnehmen!
Nachdem sie zweimal ein Schiff durch den Interstellarraum navigiert hatte, war Kirsten davon ausgegangen, dass dieser kurze Abstecher quer über den Ozean – hinüber zum Kontinent Elysium – ihr völlig belanglos erscheinen würde. Doch tatsächlich kam ihr der Versuch, Arcadia zu verlassen, selbst schon vor wie ein Besuch auf einer neuen Welt, und der kurze Suborbital-Sprung war noch das Uninteressanteste daran. Inmitten all dieser Absonderlichkeiten gab es keine unzerstörbare Zelle, nicht einmal einen robusten Raumanzug, der sie hätte schützen können. Man konnte nur zu leicht vergessen – vor allem, wenn man selbst kein Farmer war –, dass ein Großteil von NSW 4 ein Naturschutzgebiet war, das Bürgern vorbehalten blieb.
Natürlich arbeiten Bürger auch hier, rief Kirsten sich in Erinnerung. Wie gefährlich kann es also sein?
Omar und Eric blickten einander an. »Jetzt, wo du das Thema auf diesen Geruch gelenkt hast – wusstest du schon vorher, dass es hier so übel stinken würde?«, erkundigte sich Eric. »Hat diese Kleinigkeit auch zu deinen Recherchearbeiten gehört?«
Die kurze Pause bot Kirstens Muskeln die Möglichkeit, sich bemerkbar zu machen: Sie waren erschöpft. Pech. Es galt, noch ein gutes Stück zurückzulegen, bevor irgendjemand hier richtig würde ausruhen können. Kirsten beugte sich ein wenig vor und brachte mit einigen ruckartigen Bewegungen ihren Rucksack dazu, sich etwas bequemer an ihren Rücken anzuschmiegen. »Ich würde gerne vor Einbruch der Dunkelheit einen etwas geeigneteren Lagerplatz suchen.« Sie alle wussten, dass Kirsten einen ganz bestimmten Ort im Sinn hatte.
Grollend nahm Omar seinen Rucksack wieder auf. »Würde mir vielleicht irgendjemand erklären, warum wir nicht über eine Stepperscheibe direkt dahingesprungen sind und dort das Lager aufgeschlagen haben? Erst hierher zu fliegen und dann diese ganze Lauferei … das kommt mir so primitiv vor!«
»Es gibt eine Obergrenze, wie viel kinetische Energie eine Stepperscheibe absorbieren oder abgeben kann.« Obwohl Eric diesem Abenteuer zugestimmt hatte, wirkte er
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