Ringwelt 12: Weltenwandler
zusammengeschlossen. Die Technologie und die Tatsache, dass die Bewohner der Erde die Raumfahrt gemeistert hatten, sorgte für ein reichliches Angebot an Nahrungsmitteln und Rohstoffen.«
Und die Fruchtbarkeitsgesetze hatten die Menschheit davon abgehalten, sich in einem Maße fortzupflanzen, welches langfristig die Grenzen dieses Systems gesprengt hätten. Doch auf diesen Gedanken ging Sigmund nicht weiter ein. Er hatte schon mehrere Versuche unternommen, die Sexualpolitik auf New Terra zu verstehen. Gelegentlich hatte das zu völlig verständnislosen Blicken geführt, manchmal auch zu hochroten Gesichtern. Nach dem Erdstandard, den Sigmund gewohnt war, waren diese Leute hier hochgradig prüde.
Sigmund beugte sich vor. »Krieg war bei unserem Volk obsolet? Das klingt nun ganz und gar nicht nach einer schlechten Nachricht.«
»Kurz, nachdem Ihre Vorfahren aufgebrochen waren, sind wir auf die Kzinti gestoßen.« Alleine der Gedanke ließ Sigmund erschauern. »Raumfahrende Fleischfresser, hartgesottene Imperialisten.« (Sofort lieferte Jeeves eine Definition des Imperialismus. Wäre diese Erklärung nicht so entsetzlich naiv gewesen, hätte Sigmund sie beinahe schon als ›rührend pittoresk‹ bezeichnet.) »Stellen Sie sich einfach intelligente Tiger mit achthundert Pfund Lebendgewicht vor.«
Sabrina kratzte sich am Kinn. »›Tiger‹?«
»Jeeves«, sagte Sigmund. »Hast du Tiger in deiner Datenbank?«
»Das habe ich, Sigmund.« Ein Holo-Tiger materialisierte über der Tischplatte, er schien kurz vor dem Sprung, seine Augen glitzerten, die Reißzähne hatte er bereits entblößt.
»Ach du Scheiße!« In ihrem Sessel zuckte Sabrina zurück und zitterte dann am ganzen Leib. »Ich habe noch nie ein so großes Raubtier gesehen.«
»Ich glaube, was ich damit klarmachen wollte, ist angekommen, Jeeves.« Das Abbild verschwand. »Sabrina, es gibt nur eine Sache, die Kzinti noch mehr ersehnen als neue Welten und neue Sklaven, und das sind … Beutetiere.«
Und sie fressen ihre Beutetiere, Sabrina.
»Ich verstehe.« Sabrina schluckte. »In der Galaxis ist der Krieg also doch noch nicht so obsolet.«
»Wenn eines unserer Schiffe die Kzinti hierher führen sollte, werden Sie das sehr schnell bemerken. Auch wenn es den Puppenspielern wirklich recht geschähe.«
Sabrina seufzte, dann straffte sie energisch die Schultern. »Also scheidet das Einsetzen von Kundschaftern aus. Sigmund, sagen Sie mir, was wir tun können.«
Nessus wusste es nicht. Sabrina wusste es nicht. Warum zum tanj glaubten denn alle hier, er wisse das? Wie dem auch sei: Er wusste es nicht.
Eisige Entschlossenheit ergriff Sigmund. Es gab etwas, worin er gut war – sehr gut sogar. Und daran hatte sich Nessus nicht zu schaffen gemacht.
»Was wir tun können«, sagte Sigmund, »das ist, einen Nachrichtendienst einrichten.«
KAPITEL 65
»Puppenspieler«, sagte Sigmund, »können auf jeden Fall gut Welten aussuchen, das will ich ihnen gerne zugestehen.«
»Bürger«, korrigierte Penelope ihn über den Tisch hinweg. Das Pink ihres Kleides betonte sehr hübsch das rosige Leuchten ihrer Wangen.
»Puppenspieler.«
»Bürger.« Anmutig hob Penelope einen Finger – wartete einen Augenblick –, während sie einen Schluck aus ihrer Tasse nahm. Irish Coffee war eine weitere von Sigmunds Neuerungen. »Es sei denn, der Begriff ›Puppenspieler‹ würde wirklich etwas bedeuten.«
Vielleicht war es an der Zeit, noch eine Neuerung einzuführen. »Warten Sie hier.« Er eilte davon, und als er dann aus dem Schlafzimmer zurückkehrte, hatte er über jede seiner Hände eine Socke gestülpt. Auf beide hatte er je ein Auge und einen Mund gemalt.
»Was ist denn das?«, fragte Penelope.
»Puppen.« Hinter dem Sofa setzte sich Sigmund auf den Boden und kauerte sich so weit zusammen, dass nur noch sein Kopf über die Lehne des Sofas hinwegragte. Mit Falsettstimme sagte er: »Ich bin Nessus, und ich habe Angst vor meinem eigenen Schatten.«
Lachend trat Penelope näher an ihn heran und zerzauste ihm das Haar. »Jetzt können Sie Nessus sein.«
»Gleich wieder da«, sagte Sigmund. Dann holte er aus Penelopes Sammlung auch noch eine ihrer Lieblings-Stoffpuppen und wickelte lange Fäden um deren Handgelenke. Dann ließ er die Figur an der Rückwand des Sofas herabhängen; die Fäden hielt er mit den beiden Sockenpuppen fest. Sigmund summte eine Melodie und ließ die Puppe einmal am Sofa entlangmarschieren.
Jetzt lachte Penelope nicht mehr. Und diese
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