Ringwelt 12: Weltenwandler
genau.«
Nachdenklich presste Nike beide Köpfe zusammen; zweifellos stellte er sich gerade vor, zu welchem Streit ein derartiges Gerücht selbst zwischen den friedlichen, äußerst sozial eingestellten Bürgern führen würde. »Lässt sich das denn bewerkstelligen?«
»Ich denke, ja – vorausgesetzt, wir können auf hinreichend große Ressourcen zurückgreifen«, antwortete Nessus. »Ich habe mir gedacht, unsere Agenten könnten einige Mitglieder des Fruchtbarkeits-Komitees bestechen und andere kompromittieren, indem sie in deren Namen Bankkonten eröffnen. Die Wirtschaft der Menschenwelten muss sich erst noch davon erholen, dass General Products so einfach verschwunden ist. Je mehr die Menschen an Reichtum eingebüßt haben, desto schneller werden sie argwöhnen, es mit einer Verschwörung zu tun zu haben. Viele werden glauben, die Reichen würden sich Geburtsrechte erkaufen. Einige gezielte Andeutungen hier, ein paar heimliche Zuwendungen an politische Opportunisten dort …«
Nessus bemerkte, dass er immer in das bei den Menschen übliche Interspeak verfiel, um Konzepte zu erläutern, für die es in seiner eigenen Sprache keine Begriffe gab. Es ließ sich einfach nicht vermeiden. Viel zu lange hatte er ausschließlich die Gesellschaft von Menschen genossen.
Und er konnte diesen frenetischen Wagemut nicht unbegrenzt lange aufrecht erhalten. Er musste Nike rasch überzeugen, bevor Nessus in die depressive Katatonie verfiel, die unweigerlich kommen würde.
Nike schien nicht zu bemerken, dass Nessus’ Konzentration nachließ. »Sind die derzeit noch zurückgehaltenen Einkünfte der General Products Corporation dieser Aufgabe angemessen?«
»Falls dieses Vorgehen erfolgreich ist, wird Geld nicht das Problem sein.« Nessus konnte sich nicht mehr beherrschen und zupfte jetzt nervös an seinen Zöpfen. Er wusste, dass er kurz vor einem Zusammenbruch stand.
Lange Zeit blickte Nike ihn nur schweigend an. Schließlich sagte er: »Ich bin sehr zuversichtlich, aber natürlich bleiben noch zahlreiche Details zu erarbeiten. Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie diesem Vorgehen ihre höchste Priorität einräumen würden. Bitte kommen Sie bald wieder, um mich über das Voranschreiten auf dem Laufenden zu halten.«
Während Nessus sich mit schweren Schritten zur Tür des Büros hinüberschleppte, stieß Nike einen kurzen Pfiff aus. »Bleiben Sie noch einen Augenblick.« Dann trat er dicht an Nessus heran, beugte sich zu ihm hinüber und streichelte Nessus zärtlich über die zerzauste Mähne. Schade, dass seine Bewegungen so steif und berechnend wirkten. »Kommen Sie bald zurück. Ich verlasse mich auf Sie.«
Besprechungen wurden abgehalten. Pläne geschmiedet, finanzielle Mittel zugewiesen. Eventualitäten kategorisiert und analysiert und mögliche Gegenmaßnahmen ersonnen.
Nessus’ experimentelles Programm zur Ausbildung menschlicher Kundschafter, kaum mehr als ein nachträglicher Einfall, wurde als Erfolg dargestellt. Die Auszubildenden mussten – ohne jegliche Überwachung! – den Weg erkunden, der vor der Flotte lag. Man konnte sie wohl kaum auf den Einsatz vorbereiten, den er hier vorschlug.
Nessus war nicht überrascht, doch es betrübte ihn ein wenig: Nikes Anweisung, in das Solsystem zurückzukehren, erhielt er in Form einer unpersönlichen, im Voraus aufgezeichneten Nachricht.
KAPITEL 25
Krach. Klirr. KRACH. Krach. Klimper.
Glasscherben wurden in alle Richtungen geschleudert. Jetzt bestand der unablässige Regen vor allem aus Flaschen; die Fensterscheiben der umliegenden Gebäude waren schon vor langer Zeit geborsten.
Ganze Geschwader von Polizeidrohnen schwirrten durch die Luft, spielten Verstecken mit den Randalierern, die immer wieder aus den Menschenmengen ausbrachen oder plötzlich aus Verstecken hervorschnellten, um ihre primitiven Geschosse zu schleudern. Die kleinen Roboter, etwa so groß wie Grapefruits, waren nur mit Stunnern ausgestattet, doch mindestens zwei der Aufrührer waren nach einem Treffer aus fensterlosen Büroräumen in den Tod gestürzt.
Ein weiterer, unverständlicher Schrei drang aus den Mündern der Tausenden, die sich dort auf dem Platz drängten. Das Gejubel übertönte die mahnenden Worte der Gegenseite.
Sigmund riss seinen Plastahl-Schild gerade noch rechtzeitig hoch, um eine weitere Flasche abzuwehren. Das hatte er schon so oft tun müssen, dass sein Arm allmählich ermüdete. »Futz«, fluchte er. Das Mikrofon im Helm seiner Kampfausrüstung war auf einen
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