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Ripley Under Water

Ripley Under Water

Titel: Ripley Under Water Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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hatten oder gerade dabei waren. Was trugen die Männer als Kopfbedeckung? Die meisten gar nichts, stellte Tom fest, als er sich umsah. Einige hatten weiße Tücher um den Kopf gewickelt, die eher dem heißen Handtuch eines Barbiers glichen als einem Turban. Schließlich erstand er für zwanzig Dirham einen breitkrempigen, gelblichen Strohhut.
    So ausstaffiert, spazierte Tom zum Villa de France. Unterwegs machte er am Café de Paris halt, trank einen Espresso und aß eine Art Croissant. Weiter.
    Vor dem Eingang des Grand Hôtel Villa de France lag er ein paar Minuten auf der Lauer, weil er hoffte, Pritchard werde herauskommen – in diesem Fall würde Tom den Hut tief in die Stirn ziehen und den Mann beschatten. Aber Pritchard kam nicht.
    Tom betrat die Hotelhalle, sah sich um und ging zum Empfang, schob den Hut in den Nacken wie ein Tourist, der aus dem grellen Sonnenschein kommt, und sagte auf französisch: »Guten Tag. Könnte ich bitte Monsieur David Pritchard sprechen?«
    »Prichard…« Der Mann sah in einer Mappe nach und wählte am Tresen links von Tom eine Nummer.
    Er sah, wie der Mann erst nickte, dann die Stirn runzelte. »Je suis désolé, Monsieur«, sagte er, als er zurückkam, »mais Monsieur Prichard désirerait ne pas être dérangé.«
    »Richten Sie ihm bitte aus, Tom Ripley wäre hier.« Er legte Nachdruck in seine Stimme. »Ich bin ziemlich sicher, daß… Es ist wirklich wichtig.«
    Der Mann versuchte es noch einmal. »C’est Monsieur Ripley, Monsieur. Il dit –«
    Offenbar fiel ihm Pritchard ins Wort, denn kurz darauf kam er zurück und sagte, Monsieur Prichard wolle niemanden sehen.
    Runde eins und zwei gehen also an mich, dachte Tom, dankte dem Mann und ging. Hatte er Pritchard den Kiefer gebrochen? Einen Zahn ausgeschlagen? Schade, daß es nicht noch viel schlimmer war.
    Und nun zum Minzah zurück. Er würde für Héloïse Geld wechseln müssen, wenn sie die Rechnung bezahlten und das Hotel verließen. Schade, daß sie nicht mehr von Tanger gesehen hatten. Andererseits – und bei dem Gedanken stieg Toms Stimmung und damit sein Selbstvertrauen – konnte er womöglich noch heute, am späten Nachmittag, einen Flug nach Paris erwischen. Er mußte Madame Annette anrufen. Doch erst den Flughafen. Air France, wenn möglich. Er wollte Pritchard zurück nach Villeperce lokken.
    Tom kaufte an einem Stand auf dem Bürgersteig einen Strauß fest verschnürten Jasmins. Die Blumen dufteten ungewöhnlich und unverfälscht.
    Im Zimmer war Héloïse, schon angezogen, beim Packen der Koffer.
    »Dein Hut! Setz ihn auf, ich will ihn sehen!«
    Unbewußt hatte Tom den Hut beim Betreten des Hotels abgenommen; jetzt setzte er ihn wieder auf. »Findest du nicht, der wirkt zu mexikanisch?«
    » Non, chéri , nicht bei deinem Aufzug.« Sie musterte ihn ernsthaft.
    »Was gibt’s Neues von Noëlle?«
    »Zuerst fahren wir zum Hotel Rembrandt, und dann… Sie will ein Taxi nehmen, zum Kap Spartel. Das müssen wir sehen, sagt sie. Vielleicht essen wir dort zu Mittag. Un snack, nicht viel.«
    Kap Spartel – Tom hatte es auf der Karte gesehen; ein Vorgebirge, eine Landzunge westlich von Tanger. »Wie lange fährt man dorthin?«
    »Höchstens eine Dreiviertelstunde, meint Noëlle. Kamele, sagt sie, und eine traumhafte Aussicht. Tomme… « Auf einmal lag Trauer in ihrem Blick.
    Kein Zweifel, sie spürte, daß er abreisen wollte, und zwar heute noch. »Ich – nun, ich muß die Fluglinien anrufen, Süße. Belle Ombre geht mir nicht aus dem Kopf«, fügte er hinzu, wie ein Ritter vor dem Auszug in den Kampf. »Aber ich werde versuchen, einen Flug für den späten Nachmittag zu bekommen. Auch ich möchte Kap Spartel sehen.«
    »Hast du…« Héloïse legte eine gefaltete Bluse in ihren Koffer. »Hast du Priichaud heute morgen gesehen?«
    Tom lächelte. Sie kannte zahllose Varianten dieses Namens. Er wollte schon antworten, das A……… sei zwar im Hotel gewesen, habe ihn aber nicht sehen wollen, doch schließlich sagte er: »Nein. Bin nur herumspaziert, habe den Hut gekauft, einen Kaffee getrunken.« Bestimmte Kleinigkeiten verheimlichte er Héloïse lieber, Petitessen, die sie nur beunruhigen würden.
    Um Viertel vor zwölf saßen Noëlle, Héloïse und Tom in einem Taxi und fuhren westwärts zum Kap Spartel, durch eine ausgedörrte Einöde. Er hatte aus der Lobby des Hotels Rembrandt angerufen und mit tatkräftiger Hilfe des Geschäftsführers einen Platz auf der Air-France-Maschine ergattert, die von Tanger um 17   :

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