Ripley Under Water
Pritchard. Ich werde so tun, als wäre ich von der französischen Polizei. Und ich werde von dir aus anrufen, wenn du gestattest?«
»Ach so… Ja, sicher!« Auf einmal verstand Ed.
»Cynthias Nummer hast du? Das geht klar?«
»Ja, sie steht im Telefonbuch. Wohnt nicht mehr in Bayswater, sondern in Chelsea, glaube ich.«
11
In Eds Wohnung duschte er, nahm den angebotenen Gin Tonic und überlegte, was er Cynthia Gradnor sagen würde. Ed hatte ihre Telefonnummer auf einen Zettel geschrieben.
Vor ihm übte Tom seinen französischen commissaire -Akzent: »Iist jetzt fast sieben. Wenn Jeffe kommt, läßt du ihn ’erein, ja? Alles wie sonst, oui ?«
Ed nickte, fast hätte er sich verbeugt. »Jawohl. Oui. «
»Isch rufe an von dem bureau de police in – besser sage ich Paris statt Melun. Also…« Tom war aufgestanden und ging in Eds großem Arbeitszimmer auf und ab. Dort stand auch das Telefon, auf einem über und über mit Papieren bedeckten Schreibtisch. »’intergrundgeräusche: leises Klappern von Schreibmaschine, bitte. Dies ist schließlisch ein Kommissariat. À la Simenon. ’ier kennt jeder jeden.«
Ed gehorchte, setzte sich und spannte ein Blatt Papier in die Schreibmaschine: Klackklackklack.
»Gemächlicher«, sagte Tom. »Muß nicht schnell sein.« Er wählte die Nummer, machte sich darauf gefaßt, nachzufragen, ob er mit Madame Cynthia Gradnor spreche, und zu sagen, ein Monsieur Pritchard habe sich mehrmals bei ihnen gemeldet – ob sie ihr ein paar Fragen zu Monsieur Ripley stellen könnten?
Das Telefon klingelte ohne Ende.
»Sie ist nicht da. Verdammt! Et merde. « Tom sah auf seine Uhr – zehn nach sieben – und legte auf. »Vielleicht ist sie essen gegangen. Oder gar nicht in der Stadt.«
»Morgen ist auch noch ein Tag«, meinte Ed. »Oder später am Abend.«
Es klingelte an der Tür.
»Das wird Jeff sein.« Ed ging in die Diele.
Jeff trat ein, mit Regenschirm, trotzdem ziemlich naß vom Regen. Er war größer und massiger als Ed, außerdem kahler, als Tom ihn in Erinnerung hatte. »Hallo, Tom! Ist mir ein Vergnügen – unerwartet wie immer!«
Herzliches Händeschütteln, beinah hätten sie einander umarmt.
»Zieh den nassen Regenmantel aus und schlüpf in irgendwas Trockenes. Egal was«, sagte Ed. »Scotch?«
»Woher weißt du das? Danke, Ed.«
Sie saßen zu dritt im Wohnzimmer, wo ein Sofa mit einem praktischen Couchtisch stand. Tom erklärte Jeff, warum er gekommen war: Seit ihrem letzten Telefongespräch sei die Lage heikler geworden. »Meine Frau ist noch in Tanger, mit einer Freundin, in einem Hotel namens Rembrandt. Also bin ich herübergeflogen, weil ich herausfinden wollte, was Cynthia in Sachen Murchison unternimmt – oder vielleicht auch nur versucht. Kann sein, daß sie in Verbindung mit –«
»Ja, hat mir Ed erzählt«, unterbrach ihn Jeff.
»… Mrs. Murchison in Amerika steht, die natürlich wissen möchte, unter welchen Umständen ihr Mann verschwunden ist. Ich glaube, der Sache muß ich auf den Grund gehen.« Tom ließ seinen Drink auf dem Untersetzer kreisen. »Sollte es so weit kommen, daß in meiner Gegend nach Murchisons Leiche gesucht wird… Die Bullen könnten sie finden. Ist nicht ausgeschlossen. Mindestens das Skelett.«
»Nur ein paar Kilometer von deinem Haus, hast du mal gesagt, nicht?« Angst oder Ehrfurcht schwang in Jeffs Worten mit. »In einem Fluß?«
Tom zuckte die Achseln. »Ja. Oder in einem Kanal. Wo genau, hab ich passenderweise vergessen, aber ich würde die Brücke wiedererkennen, von der Bernard und ich sie entsorgt haben – in jener Nacht. Selbstverständlich…« Tom saß gerade, seine Miene hellte sich auf. »…weiß keiner, wie oder warum Thomas Murchison verschwunden ist. Er könnte entführt worden sein, auf dem Flughafen Orly, wo ich ihn hingefahren habe, nicht wahr?« Tom grinste breiter. »Er hatte ein Bild dabei, Die Uhr, das ist dort verschwunden. Ein echter Tufts.« Jetzt lachte er. »Oder Murchison hat selber beschlossen zu verschwinden. Auf jeden Fall hat jemand Die Uhr gestohlen, und wir haben nie wieder etwas von dem Bild gehört oder gesehen. Wißt ihr noch?«
»Ja.« Jeff runzelte nachdenklich die hohe Stirn. Sein Glas hielt er zwischen den Knien. »Wie lange bleiben diese Pritchards in deinem Dorf?«
»Kann gut sein, daß sie das Haus für ein halbes Jahr gemietet haben. Ich hätte fragen sollen.« Er würde den lästigen Pritchard in weniger als sechs Monaten loswerden. Irgendwie. Tom spürte Wut in sich
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