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Riptide - Mörderische Flut

Riptide - Mörderische Flut

Titel: Riptide - Mörderische Flut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Douglas & Child Preston , Lincoln Child
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Wand. Die Brandung über dem Riff drehte das Boot, so daß der nächste Brecher es voll von der Breitseite erwischte. Clay kämpfte sich durch das Steuerhaus ins Freie. Seine Nase blutete heftig, und er hatte Mühe, einen klaren Gedanken zu fassen. Dann packte eine dritte Welle das Boot und spülte den Reverend vom Deck hinab in ein brodelndes Chaos aus Wasser und Wind.

46
    Während Hatch den Bug der »Plain Jane« in die Fahrrinne lenkte, hörte er hinter sich das Geklapper der Taue an den Masten der heftig an ihren Liegeplätzen schwankenden Boote. Der Wind war eiskalt, und die mit Wasser gesättigte Luft schmeckte nach Salz. Als Kind hatte Hatch zum letztenmal einen derartigen Sturm miterlebt, aber damals war er nicht so verrückt gewesen, sich mit einem Boot in die brodelnde See zu stürzen.
    Er sah noch einmal kurz zurück zur Küste, bevor er den Blick nach vorn wandte und Gas gab. Die schwimmenden Verbotsschilder zu beiden Seiten des Fahrwassers, auf denen WELLENSCHLAG VERMEIDEN - HÖCHSTGESCHWINDIGKEIT 5 KNOTEN stand, wurden vom Sturm seitlich ins Wasser gedrückt, so daß man ihre Aufschrift kaum lesen konnte.
    Bonterre trat neben Hatch. Sie mußte sich mit beiden Händen an der Instrumentenkonsole festhalten. »Und?« rief sie Hatch ins Ohr.
    »Ich war ein Idiot, Isobel!« rief er zurück. »Ich habe diese Symptome schon tausendmal gesehen, und trotzdem habe ich sie nicht erkannt, selbst als ich sie direkt vor Augen hatte. Jeder, der eine Strahlenbehandlung gegen Krebs hinter sich hat, weiß, wovon ich rede.«
    »Strahlenbehandlung?«
    »Ja. Was geschieht mit diesen Patienten? Ihnen ist schlecht. Sie haben keine Energie mehr. Verlieren die Haare. Die Anzahl der weißen Blutkörperchen sinkt drastisch ab. Genau diese Symptome waren allen Erkrankten gemeinsam, die ich in der letzten Woche untersucht habe.«
    Bonterre sah ihn trotz der salzigen Gischt, die der Sturm ins offene Steuerhaus der »Plain Jane« peitschte, mit großen Augen an.
    »Das St.-Michaels-Schwert ist radioaktiv . Setzt man sich längere Zeit starker radioaktiver Strahlung aus, sterben die Knochenmarkszellen ab, und die Zellteilung kommt praktisch zum Stillstand. Außerdem wird das Immunsystem geschädigt, so daß man zu einem potentiellen Opfer für alle möglichen exotischen Infektionen wird, wie sie auch die erkrankten Thalassa-Leute aufwiesen. Dadurch, daß sich die Zellen nicht mehr teilen, fallen einem die Haare aus, und der Heilungsprozeß wird verlangsamt. Deshalb hat zum Beispiel auch die Wunde an meiner Hand so lange gebraucht, bis sie verheilt war. Steigt die Strahlenbelastung noch weiter an, beginnt man, an Osteoporose zu leiden und verliert die Zähne - ganz ähnlich wie bei Skorbut.«
    »Die Radioaktivität könnte übrigens auch die seltsamen Computerprobleme erklären.«
    »Wie das?«
    »Weil Strahlung die Mikroelektronik verrückt spielen läßt«, erwiderte Bonterre und blinzelte durch das Regen- und Salzwasser, das ihr übers Gesicht lief, hinüber zu Hatch. »Aber weshalb müssen wir in diesem mörderischen Sturm hinaus nach Ragged Island fahren?«
    »Uns ist jetzt zwar bekannt, daß das Schwert radioaktiv ist, aber weiter auch nichts. Außer, daß es sich in einer Bleikiste befindet und in den vergangenen siebenhundert Jahren jeden getötet hat, der ihm zu nahe gekommen ist. Gott allein weiß» was passiert, wenn Neidelman es aus seinem Behälter herausnimmt. Das dürfen wir nicht zulassen.«
    Als das Boot den Schutz von Burnt Head verließ, warfen sich die Wellen mit brutaler Gewalt gegen seinen Rumpf. Hatch hörte auf zu reden und drehte am Steuerrad, um den Bug auf einen Diagonalkurs zu den Wogen zu bringen. Die Luft rings um die »Plain Jane« war ganz trüb vom Wasserdampf. Hatch sah auf den Kompaß, machte eine Kurskorrektur und überprüfte sie am Loran, dem elektronischen Navigationssystem.
    Bonterre hielt sich mit beiden Händen fest und zog den Kopf ein. Der Regen prasselte ihr direkt ins Gesicht. »Aber was hat es mit dem Schwert denn nun genau auf sich?« fragte sie.
    »Das weiß der Himmel. Aber was immer es auch sein mag, es muß höllisch radioaktiv sein. Ich jedenfalls möchte nicht…«
    Hatch verstummte und starrte nach vorn. Ein weißer Streifen leuchtete hoch über der »Plain Jane« aus der Dunkelheit. Einen Augenblick überlegte Hatch, ob da wohl ein großes Schiff ihren Weg kreuzte. »Großer Gott«, murmelte er und wunderte sich ein wenig über den ruhigen Ton seiner eigenen Stimme. »Sehen Sie

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