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Riskante Geschäfte

Titel: Riskante Geschäfte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ian Fleming
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bedeutete, ehe man aufatmend zu Bett gehen konnte, jeder erleichtert, den anderen nie wieder sehen zu müssen! Dabei hatte Bond gar nichts gegen den Gouverneur. Der war der übliche Typ des Kolonialbeamten, wie man ihn überall in der Welt antrifft: solide, loyal, tüchtig, nüchtern und gerecht, seit dreißig Jahren im Dienst ausharrend, während rings um ihn das Empire zerbröckelte. Wie viele kleine Tragödien in der Art dieser Waffengeschichte mußte der Gouverneur schon erlebt haben! Wieviel von den politischen Winkelzügen all der kleinen Länder    wissen,    von den    Skandalaffären    der
    Überseegemeinden, von den zwischen Aktendeckeln eingesargten Geheimnissen der Leute! Wie aber konnte man solchem streng-verschwiegenen Sinn jenen Funken abgewinnen, jenen Schimmer    all der    interessanten Begebenheiten    und
    Perspektiven, die dem Abend seinen stinklangweiligen Charakter nehmen würden?
    Bonds voreilig-verlogene Bemerkung über das Heiraten von Flughostessen war das Resultat einer unzusammenhängenden Erörterung über Flugreisen gewesen, die sich unentrinnbar fade an den Abgang    der Harvey Millers    geknüpft hatte.    Der
    Gouverneur hatte gesagt, die BOAC bestritte die Hauptlast des Verkehrs zwischen Amerika und Nassau, weil sie, ungeachtet der Langsamkeit ihrer Maschinen, ein ausgezeichnetes Service böte. Darauf hatte Bond ebenso banal erwidert, er fliege lieber langsam und bequem als schnell und ohne die rechte Betreuung. Und dann hatte er diese Bemerkung über die Flughostessen gemacht.
    »Tatsächlich?« meinte der Gouverneur voll jener höflichen Beherrschung, von der Bond wünschte, sie möge sich endlich lockern und menschlich werden. »Und warum?«
    »Ach, ich weiß nicht. Es wäre eben angenehm, so ein hübsches Mädchen, das einen betreut und sich um alles kümmert, für sich allein zu haben. Immer lächelnd, immer bestrebt, einem zu gefallen. Wenn ich keine Flughosteß kriege, bleibt mir nur noch eine Japanerin. Die haben auch die richtige Einstellung.« Dabei dachte Bond gar nicht ans Heiraten, sondern redete nur dahin, um den Gouverneur bei Laune zu halten oder ihn auf ein menschliches Thema zu bringen.
    »Von Japanerinnen verstehe ich nichts. Aber ist Ihnen nicht aufgefallen, daß diese Flughostessen nur darauf geschult sind, zu gefallen, und daß sie im Privatleben vielleicht ganz anders sein könnten?«
    »Da ich eigentlich gar nicht heiraten will, hab ich auch noch nicht ernsthaft darüber nachgedacht.«
    Die Zigarre des Gouverneurs war erloschen, und es dauerte seine Zeit, bis er sie wieder angezündet hatte. Aber seine Stimme schien um eine Spur mehr Leben und Interesse gewonnen zu haben, als er schließlich sagte: »Ich habe einmal einen Mann gekannt, der ebenso dachte wie Sie. Eine recht lehrreiche Geschichte, wirklich! Ich glaube« - der Gouverneur sah Bond von der Seite an und lachte verlegen -, »Sie sehen das Leben ziemlich oft von der unerfreulichen Seite. Meine Geschichte zeigt es wohl eher von der langweiligen. Wollen Sie sie trotzdem hören?«
    »Aber gern!« sagte Bond betont enthusiastisch. Zwar bezweifelte er, daß der Gouverneur unter »unerfreulich« dasselbe verstand wie er, doch würde die Geschichte ihn wenigstens vor weiterer stumpfsinniger Konversation bewahren. Jetzt nur noch weg von diesem widerlichen Sofa! »Könnte ich noch einen Brandy haben?« fragte er, stand auf, goß sich tüchtig Kognak nach, zog einen Stuhl heran und nahm an der anderen Tischseite dem Gouverneur gegenüber Platz.
    Der Gouverneur betrachtete seine Zigarre, nahm noch rasch einen Zug und hielt sie dann mit dem Aschenende nach oben. Während des Erzählens beobachtete er die Asche aufmerksam, so als spräche er nur zu dem dünn aufsteigenden Faden blauen Rauchs, der sich in der feuchtwarmen Luft rasch auflöste. Vorsichtig begann er: »Ich werde ihn Masters nennen, Philip Masters. Er war schon fast so lange im Staatsdienst wie ich. Ich war ihm nur um ein Jahr voraus. Er war in Fettes zur Schule gegangen, hatte dann ein Oxford-Stipendium erhalten - der Name des Colleges tut nichts zur Sache - und sich schließlich zum Kolonialdienst gemeldet. Er war nicht gerade klug, aber ein fleißiger Arbeiter und tüchtig, eben von der Art, die auf die Aufnahmekommission Eindruck macht. Also nahm man ihn in den Staatsdienst auf. Er kam nach Nigeria und bewährte sich dort, denn er hatte für die Eingeborenen viel übrig und kam gut mit ihnen aus. Er war ein Mensch

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