Riskante Naehe
im Heuhaufen ist. Wer weiß, unter welchem Namen er ein Konto anlegen würde, wenn er nicht will, dass es jemand findet! Vielleicht kannst du uns eine Liste machen mit sämtlichen Namen von Verwandten und Freunden, die er benutzt haben könnte.«
Mit zusammengepressten Lippen nickte Karen. »Ich versuch’s.«
Dann wandte Matt sich wieder an sie. »Als Sie hergekommen sind, haben Sie da irgendwann eine Kreditkarte oder etwas Ähnliches benutzt?«
»Nein. Allerdings musste ich am Flughafen meinen Personalausweis vorlegen. Bei dem Flug nach West Yellowstone genauso. Mein Name taucht also garantiert in irgendwelchen Unterlagen auf. Die Regierung wird mich wahrscheinlich sehr schnell finden. Und vermutlich werden sie dann auch Paul verständigen.«
»Mist! Dann werden wir wohl in ein paar Tagen Besuch bekommen. Clint, ich habe ein paar Spielzeuge mitgebracht, ich denke, die sollten wir uns nachher mal anschauen.« Plötzlich kam ihm ein Gedanke. »Karen, tragen Sie eigentlich noch den Sender bei sich?«
»Nein, den habe ich in St. Louis auf dem Flughafen in der Kanalisation versenkt.«
»Schade. Sonst hätten wir ihn einfach irgendwelchen Gästen mit ins Gepäck geschmuggelt und damit die Ermittler in die Irre geführt.« Sein Lächeln war grimmig. »Egal, sollten FBI-Leute hier eintreffen, können wir mit ihnen reden. Viel mehr Sorgen mache ich mir um die Fanatiker.«
»Wer nicht?« Clint erhob sich und hielt Karen seine Hand hin. »Wir sollten lieber früh schlafen gehen, wer weiß, wann wir wieder dazu kommen.«
Matt beobachtete mit hochgezogenen Augenbrauen, wie Karen schweigend aufstand und hinter Clint zur Tür ging. Clint sandte seinem Freund einen finsteren Blick, als er dessen Grinsen sah.
Karen war froh, als Matt wieder die Lichter ausmachte, bevor sie hinausgingen. Im Dunkeln kam sie sich irgendwie weniger verletzlich vor. Fast als wäre sie unsichtbar, und niemand könnte sie finden. Natürlich entsprach das nicht der Wahrheit, aber sie konnte es sich immerhin einbilden. Und wieder gab Clints Anwesenheit ihr ein Gefühl der Sicherheit. Er hielt immer noch ihre Hand, während sie dem schmalen Kiesweg zu seiner Hütte folgten. Karen genoss es, sich an ihm festhalten zu können, während sie durch die Dunkelheit gingen.
Paul hatte schon kurz nach ihrer Hochzeit aufgehört, ihre Hand oder sonst etwas zu halten. Damals hatte sie es einfach für ein Zeichen von Gewöhnung gehalten, jetzt fragte sie sich, ob er überhaupt jemals etwas für sie empfunden hatte – etwas anderes als Gleichgültigkeit oder Hass. Wütend drängte sie die drohenden Tränen zurück.
Auf keinen Fall würde sie wegen ihres Schweins von Ehemann anfangen zu weinen. Eigentlich war es auch nicht der Verlust von Paul, der ihr so wehtat, sondern das Ende ihrer Illusionen von einer halbwegs guten Ehe. Wie hatte sie sich so in ihm täuschen können? Entweder war er ein begnadeter Schauspieler, oder sie war tatsächlich so auf sich selbst fixiert, wie er ihr das manchmal vorgeworfen hatte. So ganz konnte sie den Gedanken nicht von sich weisen. Sie war immer einfach ihren Weg gegangen, ohne viel nach links und rechts zu schauen. Vielleicht hatte sie Paul wirklich das Gefühl gegeben, nichts wert zu sein. Natürlich war das noch lange kein Grund für ihn, einen Mörder auf sie anzusetzen, aber immerhin konnte sie sich damit ein bisschen seine Motivation erklären. Wodurch sie sich natürlich nicht unbedingt besser fühlte. Sie seufzte tief auf.
»Denk jetzt nicht darüber nach.«
Erstaunt blickte sie Clint an. »Woher willst du wissen, worüber ich nachdenke?«
»Denkst du etwa nicht über deinen Mann nach und ob du nicht vielleicht doch die Schuld an allem trägst?«
Diesmal blieb sie stehen. »Woher …«
Clint drehte sich zu ihr um und umfasste mit seinen Händen ihr Gesicht. »Du hast dir schon damals bei der Entführung die Schuld an allem gegeben. Ich denke nicht, dass sich das inzwischen geändert hat.«
Mit brennenden Augen schaute sie ihn an. »Du hast recht, ich habe wirklich darüber nachgedacht. Kannst du mir erklären, welcher Ehemann Mörder auf seine eigene Frau hetzt?« Sie schluckte schwer. »Er muss doch irgendeinen Grund dafür gehabt haben.«
»Nicht jeder braucht einen Grund, etwas Schlechtes zu tun. Aber der häufigste Grund ist Geld. Oder Hass. Oder Rache. Oder es soll eine andere Straftat verdeckt werden. Da ich jedoch nicht davon ausgehe, dass du etwas getan hast, was dein Mann als Grund sehen könnte, dich
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