Riskante Versuchung
Er war ihr viel zu nah.
Das Gewicht seines Körpers auf ihrem weckte unerwünschte Erinnerungen an jene Nacht, in der sie sich geliebt hatten …
Rob bewegte sich nicht. „Ich befürchte, dass du wegläufst, wenn ich dich loslasse“, sagte er leise.
In seinen Augen lag ein zärtlicher Ausdruck. Er schien tatsächlich besorgt und gekränkt zu sein. „Es tut mir leid“, flüsterte er erneut. „Bitte lass dich von mir nach Hause bringen. Ich würde es nicht ertragen, wenn dir etwas passiert.“
Jess hielt den Atem an. Dies war Rob, ihr Rob. Der Mann, in den sie sich verliebt hatte. Der Seelenverwandte, dem sie sich hingegeben hatte.
Ihr Körper reagierte derart heftig auf seine Nähe, dass sie schockiert war. Mit noch größerem Erstaunen nahm sie seine Erektion, die sich gegen ihren Oberschenkel drängte, wahr. Trotzdem bewegte Jess sich nicht.
„Ich habe nicht mit Frank geschlafen“, erklärte sie, denn aus irgendeinem Grund war es ihr plötzlich wichtig, ihm das zu sagen. „Ich war seit Jahren mit niemandem zusammen“, fügte sie hinzu, gegen heiße Tränen ankämpfend, die ihr in den Augen brannten. Sie hoffte nur, dass Rob das Beben in ihrer Stimme nicht bemerkte.
Schweigend betrachtete er sie.
Jess hielt seinem Blick stand. „Nur damit du es weißt, ich war seit meiner Scheidung mit keinem außer mit dir zusammen.“ Sie sprach so leise, dass er sie kaum hören konnte.
Rob schloss die Augen, als ihm klar wurde, was sie ihm da erzählte. „Aber warum? Du könntest jeden haben, den du willst.“
„Ich will aber keinen anderen“, sagte sie.
Ich will dich. Sie sagte es nicht laut, doch die unausgesprochenen Worte hingen zwischen ihnen in der Luft.
Sie atmete tief ein. „Anscheinend stimmt mit mir einiges nicht. Das hast du mir ziemlich deutlich zu verstehen gegeben.“
Eine Träne löste sich aus dem Augenwinkel und lief ihre Wange hinunter.
„Es tut mir leid“, entschuldigte sich Rob leise. „Ich wünschte, ich könnte es dir erklären …“
„Offenbar schaffe ich es nicht, dazuzulernen“, gestand sie. „Ich kann nicht aufhören, dich zu begehren. Heute Abend hast du mich beleidigt und mich beinah zu Tode erschreckt. Trotzdem kann ich an nichts anderes denken als daran, ob du mich nun küssen wirst oder nicht. Und ob du mich nach Hause bringst und mit mir schläfst.“
Sie schmiegte sich an ihn, sodass Rob scharf die Luft einsog.
Und dann, der Himmel möge ihm beistehen, küsste er sie.
Er war eine Maschine.
Es war schon einige Zeit her, seit er das Bedürfnis verspürt hatte. Doch in dieser Nacht war es plötzlich wieder erwacht. Ihre Augen beherrschten seine Träume, ihre Lippen, das Lächeln, ihr langer anmutiger Hals …
Ja, er war eine Maschine.
Es war spät, aber er wusste, welche Clubs fast bis zum Morgengrauen geöffnet hatten.
Die Fahrt hatte sich gelohnt, denn als er die in schummriges Licht getauchte Bar betrat, in der eine unnatürliche Kühle herrschte und pulsierende Musik ihn umgab, war er sicher, dass er sie hier finden würde.
Sie würde kurzes dunkles Haar haben und einen langen anmutigen Hals, und den würde er berühren und küssen. Und mit seinem Messer tief in ihn hineinschneiden.
11. KAPITEL
Doris lächelte wissend, als Jess am nächsten Morgen um halb zehn in einem Mietwagen vorfuhr, um Kelsey abzuholen. Doch genau wie am Abend zuvor, als Jess angerufen und gefragt hatte, ob ihre Tochter über Nacht bleiben könne, stellte Doris nur eine Frage: „Schätzchen, bist du dir sicher, dass du weißt, was du tust?“
Nein, Jess war sich nicht sicher.
Irgendwann gegen ein Uhr morgens war sie aufgewacht und hatte festgestellt, dass Rob nicht mehr neben ihr lag. Er hatte ihr eine handgeschriebene Nachricht hinterlassen. Das hätte nicht noch einmal passieren dürfen, lautete sie. Es tue ihm leid, aber er scheine einfach nicht die Finger von ihr lassen zu können. Dieses ständige Verlangen nach ihr treibe ihn noch in den Wahnsinn.
Mit diesem Problem war er nicht allein.
Die vergangene Nacht war wundervoll gewesen. Unglaublich.
Und sie war der Beweis dafür, dass ihr erstes Mal kein Zufall gewesen war. Die Leidenschaft zwischen ihnen war intensiver als alles, was Jess jemals erlebt hatte. Rob hatte ihr alles gegeben - in emotionaler, spiritueller und körperlicher Hinsicht. Jess war eine unabhängige Frau. Sie würde ohne Rob leben können und zurechtkommen. Doch wenn sie zusammen waren, war sie so glücklich und zufrieden wie niemals zuvor.
Trotzdem
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